EuGH: Pauschalbesteuerung nach Investmentsteuergesetz europarechtswidrig

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In einem vom 9. Oktober 2014 ergangenen Urteil (Rechtssache C-326/12) entschied der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) nach einer Vorlage des Finanzgerichts Düsseldorf (Az. 16 K 3383/10 F), dass die Pauschalbesteuerung von Investmentfonds nach § 6 InvStG europarechtswidrig sei.
 
In dem vor dem Finanzgericht Düsseldorf zur Verhandlung stehenden Fall haben die Kläger als Erben in den Jahren 2003 bis 2008 Einkünfte aus sogenannten intransparenten Investmentfonds erzielt.
 
Ein Investmentfonds gilt in Deutschland als intransparent, wenn der Fonds den in § 5 InvStG definierten umfangreichen Nachweis- und Veröffentlichungsverpflichtungen nicht fristgerecht nachkommt. Die Erträge aus intransparenten Fonds sind gemäß § 6 InvStG pauschal jährlich mit dem sogenannten Zwischengewinn zuzüglich 70 Prozent der Wertsteigerung innerhalb eines Kalenderjahres anzusetzen, mindestens aber mit 6 Prozent des letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreises.
 
Die Kläger ermittelten abweichend von der vorgeschriebenen pauschalen Methode ihre Einkünfte aus den intransparenten Investmentfonds durch Schätzung anhand von Belegen und Informationen aus Börsenzeitungen. Die von den Klägern geschätzten Einkünfte lagen erheblich unter den nach der pauschalen Methode berechneten Einkünften. Nach Meinung der Kläger verstoße die Regelung des § 6 InvStG gegen das Unionsrecht und sei daher nicht anwendbar.
 
Das zuständige Finanzamt erkannte mit Verweis auf § 6 InvStG die Einkünfteermittlung der Kläger nicht an. Nach erfolglosem Einspruch wird der Sachverhalt nun vor dem Finanzgericht Düsseldorf verhandelt.
 
Um die Frage der Europarechtswidrigkeit abschließend zu klären, legte das Finanzgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 3. Mai 2012 dem EuGH diesen Sachverhalt zur Klärung vor.
 
Das EuGH bejahte nun mit Urteil vom 9. Oktober 2014 die Rechtswidrigkeit der Vorschrift § 6 InvStG. Das Gericht sieht in der Regelung einen Verstoß gegen die Bestimmungen über den freien Kapitalverkehr. Zwar ist § 6 InvStG grundsätzlich für inländische und ausländische intransparente Investmentfonds anzuwenden, dennoch könnte die Bestimmung zu einer mittelbaren Diskriminierung von ausländischen Fonds führen. Inländische Fonds würden in aller Regel den Nachweis- und Veröffentlichungsverpflichtungen des § 5 InvStG nachkommen und nicht unter die Regelungen einer pauschalen Besteuerung fallen.
 
Die pauschale Besteuerung mit 6 Prozent des letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis könne, insbesondere in der derzeitigen Niedrigzinsphase, zu überhöhten Einkünften des Steuerpflichtigen führen.
 
Damit wäre die Regelung insoweit nachteilig, als dass sich ein Steuerpflichtiger aufgrund dieser Vorschrift gegen eine Investition in einen intransparenten Fonds entscheiden könnte. Diese Beschränkung des Kapitalverkehrs ist nach den Ausführungen des EuGH nicht gerechtfertigt und somit europarechtswidrig. Das EuGH kritisiert weiterhin, dass es dem Steuerpflichtigen nach der Regelung auch nicht möglich sei, die tatsächliche Höhe der Einkünfte durch geeignete Unterlagen oder Informationen nachzuweisen.
 
Die Finanzverwaltung wird nunmehr bei intransparenten Investmentfonds eine reguläre Besteuerung auf Grundlage von nachgewiesenen Einkünften oder sachgerechten Schätzungen zulassen müssen. Abzuwarten bleibt, ob der Gesetzgeber aufgrund dieser Rechtsprechung die Pauschalbesteuerung des § 6 InvStG anpassen wird.

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Daniel Griep

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