Erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags bei Grundstücksunternehmen

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Heute hat der Bundesfinanzhof (BFH) zwei Urteile zur erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung bei Grundstücksunternehmen gemäß § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG veröffentlicht. Im Rahmen dieser Urteile werden die Voraussetzungen für das Vorliegen der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags gemäß § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG sowie der Sinn und Zweck dieser Vorschrift erläutert. Im Folgenden werden der Sachverhalt sowie die Urteilsbegründung des jeweiligen Urteils kurz dargestellt:
 

BFH-Urteil vom 26. Februar 2014, I R 6/13

Im vorliegenden Urteil geht es um die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags für das Streitjahr 2007. Die Klägerin, eine GmbH i.L., hatte die Verwaltung von Grundstücken zum Unternehmensgegenstand. Zu ihrem Betriebsvermögen gehörte ausschließlich das Grundstück B-Straße in C. Neben den Erlösen aus der Grundstücksverwaltung erzielte die Klägerin noch sonstige Erträge sowie Zinserträge. Im Rahmen der Veräußerung schied das Grundstück B-Straße in C zum 30. November 2007 aus dem Betriebsvermögen der Klägerin aus. Aufgrund der unterjährigen Veräußerung des Grundstücks versagte das Finanzamt der Klägerin die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG. Das Finanzamt begründet seine Entscheidung damit, dass die Klägerin nicht während des gesamten Erhebungszeitraums eigenen Grundbesitz verwaltete. Die Klage vor dem Finanzgericht blieb erfolglos.
 
Nach Auffassung des BFH ist die Revision unbegründet und zurückzuweisen. Der BFH schließt sich im Rahmen seiner Urteilsbegründung der Vorinstanz an und führt aus, dass aufgrund der unterjährigen Veräußerung des einzigen Grundstücks der Klägerin eine erweiterte Kürzung nicht zu gewähren ist. Auf Antrag tritt bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, an Stelle der Kürzung in Höhe von 1,2Prozentdes Einheitswerts des zum Betriebsvermögen gehörenden Grundbesitzes die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Da als Voraussetzung für die erweiterte Kürzung die ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes gefordert wird, wurde durch die Rechtsprechung bereits geklärt, dass der Begriff der Ausschließlichkeit gleichermaßen qualitativ, quantitativ wie zeitlich zu verstehen ist. Dabei ist nicht erforderlich, dass die Grundstücksverwaltung während des gesamten Erhebungszeitraums besteht. Eine vorzeitige Beendigung ist generell möglich. Solange jedoch ein Unternehmen, wie im Streitfall, während des Erhebungszeitraums überhaupt tätig ist, muss seine Haupttätigkeit durchgängig in der schlichten Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes bestehen, um begünstigt zu sein. Dies folgt nach Auffassung des BFH auch aus dem Wesen der Gewerbesteuer als Jahressteuer. Eine erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags ist daher nicht zu gewähren, wenn das letzte Grundstück vor Ablauf des Erhebungszeitraums veräußert und nicht mehr ausschließlich Grundbesitz verwaltet wird. Das Bestreben, wieder eine Grundstücksnutzung aufzunehmen, ist der Grundstücksnutzung nicht gleichzustellen. Die Vermögensverwaltung wird einerseits durch die nach dem Wortlaut der Vorschrift geforderte Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitz von der gewerblichen Tätigkeit abgegrenzt. Andererseits muss jedoch während des gesamten Erhebungszeitraums eine „Nutzung” des Grundstücks – im Sinne einer Fruchtziehung – erfolgen. Dies war im Streitfall nicht gegeben. Eine Grundstücksnutzung ist durch Maßnahmen zur Vorbereitung oder Anbahnung eines (erneuten) Grundstückserwerbs nicht darstellbar. Weder der Gesellschaftszweck noch die Absicht, neuen Grundbesitz zur eigenen Nutzung zu erwerben, können daran nichts ändern.
 

BFH-Urteil vom 26. Februar 2014, I R 47/13

Wie bereits erwähnt, geht es auch im Rahmen des zweiten BFH-Urteils um die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG. Die Klägerin, eine GmbH, hatte die „Verwaltung eigenen Vermögens” zum Unternehmensgegenstand. Im Jahr 2006 erwarb sie von ihren Geschäftsführern das Grundstück X-Straße und Y-Weg in Z, das mit zwei Plattenbauten mit 90 Wohnungen bebaut war und durch die Klägerin vermietet wurde. Eine Befreiung von der Grundsteuer lag im Streitjahr 2008 nicht vor. Bisher war der Einheitswert des Grundstücks nicht festgestellt worden. Während der Monate Juni bis November des Streitjahres reichte die Klägerin sowohl an die Gesellschafterin als auch an die Geschäftsführer Darlehen aus, aus denen ihr Zinsen zugeflossen sind. Die Klägerin verkaufte das Grundstück mit Kaufvertrag vom 26. Juni 2008 an die D-GmbH. Nutzen und Lasten, die Gefahr des zufälligen Untergangs der Sache sowie die Ansprüche auf Zahlung des Mietzinses und der Nebenkosten gingen mit Wirkung zum 16. August 2008 auf die D-GmbH über. Die Tätigkeiten der Klägerin zur Abwicklung des Kaufvertrages und zur Erfüllung ihrer hieraus resultierenden Pflichten erstreckten sich bis in das Jahr 2009. Die durch die Klägerin begehrte erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG für das Streitjahr 2008 wurde durch das Finanzamt aufgrund der unterjährigen Veräußerung des Grundstücks nicht gewährt. Daraufhin verlangte die Klägerin eine Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG in Höhe von 1,2 Prozent des Einheitswerts des Grundstücks, die mangels Einheitswertbescheid vom Finanzamt abgelehnt wurde. Das Finanzgericht entschied daraufhin, dass richtiger Weise zwar die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nicht gewährt wurde, aber das Finanzamt zu Unrecht die gewerbesteuerliche Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG nicht berücksichtigt hätte.
 
Der BFH schließt sich im Rahmen seiner Urteilsbegründung dem Finanzgericht an, dass die Klägerin die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags gemäß § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG nicht erfüllt, bei ihr aber die pauschale Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG vorzunehmen ist. Wie auch im vorhergehenden Urteil begründet der BFH seine Entscheidung damit, dass aufgrund der unterjährigen Veräußerung des einzigen Grundstücks der Klägerin die Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG nicht vorliegen. Eine Fruchtziehung durch die Nutzung des Grundstücks über den gesamten Erhebungszeitraum war auch in diesem Fall nicht möglich. Weiter führt der BFH in seinem Urteil aus, dass er bei seiner vorgenommenen Auslegung der „Ausschließlichkeit“ und der „Nutzung und Verwaltung eigenen Grundbesitzes” keine verfassungsrechtlichen Bedenken hat und den Gleichbehandlungsgrundsatz in Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz nicht gefährdet sieht. Aufgrund der gesetzgeberischen Grundentscheidung gibt es bereits die rechtsformbedingte Ungleichbehandlung der Klägerin als Kapitalgesellschaft gegenüber natürlichen Personen und Personengesellschaften, die dazu führt, dass nach § 2 Abs. 2 S. 1 GewStG und § 8 Abs. 2 KStG die Tätigkeit von Kapitalgesellschaften stets und in vollem Umfang als gewerblich zu qualifizieren sind. Es entspricht zwar dem Zweck des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG, Grundstücksunternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft vergleichbar tätigen Personengesellschaften gleichzustellen, aber dennoch wird dadurch keine uneingeschränkte Gleichbehandlung erzwungen. Somit kommt eine Erweiterung des sachlichen Anwendungsbereichs der Kürzungsvorschrift gegen ihren ausdrücklichen Wortlaut nicht in Betracht.
 
Wie bereits dargestellt, waren aber die Voraussetzungen für die Kürzung in Höhe von 1,2 Prozent des Einheitswerts des Grundstücks dem Grunde nach erfüllt. Nach Auffassung des BFH kann die Anwendung dieser Kürzungsvorschrift nur versagt werden, wenn aufgrund des gestellten Antrags die Voraussetzungen für die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags gemäß § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG zumindest für Teile des Grundbesitzes erfüllt sind. Soweit aber, wie es im Streitfall gegeben ist, die Voraussetzungen für eine erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags insgesamt nicht vorliegen, geht der Antrag für die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags ins Leere und verdrängt die Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG nicht.

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Christina König

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