Mittelbare Anteilsvereinigung bei grundbesitzender GmbH & Co. KG

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Mit Urteil vom heutigen Tag entschied der Bundesfinanzhof (BFH) über die Frage, ob bei einer sogenannten Einheits-GmbH & Co. KG sowohl die mittelbare als auch die unmittelbare Anteilsvereinigung in einer Hand zu einer grunderwerbsteuerpflichtigen Übertragung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) führt.
 
Eine GmbH & Co. KG hielt alle Anteile an ihrer Komplementärin, der D-GmbH (sogenannte Einheits-GmbH & Co. KG). Als Kommanditistin waren eine A-GmbH mit 60 Prozent und F mit 40 Prozent an der GmbH & Co. KG beteiligt. Zum 1. Januar 2005 übertrug F ihren Kommanditanteil an die A-GmbH. 
 
Das zuständige Finanzamt nahm an, dass die Anteilsübertragung gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliege und setzte demgemäß gegen die A-GmbH Grunderwerbsteuer fest. Der Einspruch gegen den Bescheid blieb erfolglos. Es kam zum Finanzgerichtsverfahren (FG Nürnberg, Urteil vom 4. Oktober 2012, 4 K 1205/11). 
 
Das FG Nürnberg kam in seinem Urteil zu dem Ergebnis, dass kein Erwerbstatbestand des § 1 GrEStG verwirklicht worden ist und somit kein Vorgang vorliegt, der Grunderwerbsteuer auslöst. Zum einen ist der 5-Jahreszeitraum des § 1 Abs. 2a GrEStG überschritten, zum anderen liegt eine Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG nicht vor. 
 
Dieses Urteil wurde heute durch den BFH aufgehoben. Entgegen der Ansicht des FG Nürnberg wurde der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG durch die Anteilsvereinigung verwirklicht. Darüber hinaus stellte der BFH die Kriterien zur Bestimmung einer unmittelbaren bzw. mittelbaren Beteiligung an einer grundbesitzenden Personengesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG klar.
 
Voraussetzung des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ist unter anderem ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile einer grundbesitzenden Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 Prozent der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers allein vereinigt werden, soweit eine Besteuerung nach § 1 Abs. 2a GrEStG nicht in Betracht kommt.
 
Der Erwerber erwirbt einen Anteil an der grundbesitzenden Gesellschaft dann unmittelbar, wenn er zivilrechtlich Gesellschafter dieser Gesellschaft wird. Beim mittelbaren Anteilserwerb, also einem Anteilserwerb, bei dem der Erwerber selbst nicht Gesellschafter der grundbesitzenden Gesellschaft wird, scheidet eine Anknüpfung an das Zivilrecht aus, da es keine Regelungen für einen mittelbaren Anteilserwerb vorsieht. Unter welchen Voraussetzungen ein mittelbarer Anteilserwerb vorliegt, ist unter Berücksichtigung von Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG zu beurteilen. Entscheidend kommt es auf die rechtlich begründeten Einflussmöglichkeiten auf die grundbesitzende Gesellschaft an.
 
In dem hier vorliegenden Fall ist die grundbesitzende GmbH & Co. KG zugleich alleinige Gesellschafterin ihrer Komplementär-GmbH (D-GmbH). Soweit es um die unmittelbare Beteiligung an der GmbH & Co. KG als Gesellschafter geht, kommt es im Hinblick auf § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG auf die zivilrechtliche Beteiligung am Gesamthandsvermögen an. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine durch die GmbH & Co. KG als Gesellschafterin der D-GmbH und die D-GmbH als Gesellschafterin der GmbH & Co. KG vermittelte (mittelbare) Beteiligung an der KG besteht, ist demgegenüber die im Innenverhältnis bestehende Beteiligung der Gesellschafter am Gesellschaftskapital der GmbH & Co. KG maßgebend. 
 
Eine unmittelbare Anteilsvereinigung in der Hand der A-GmbH liegt nicht vor. Denn einer unmittelbaren Anteilsvereinigung steht die Beteiligung der D-GmbH am Gesamthandsvermögen der GmbH & Co. KG entgegen. 
 
Es liegt aber eine teils unmittelbare und teils mittelbare Anteilsvereinigung vor, weil die A-GmbH nach dem Kaufvertrag die einzige Kommanditistin der GmbH & Co. KG werden sollte und ihr zudem die Beteiligung der D-GmbH am Gesamthandsvermögen der KG zuzurechnen war. Die A-GmbH war nämlich nach Erfüllung des Vertrags am Gesellschaftskapital der GmbH & Co. KG als Zwischengesellschaft zu 100 Prozent beteiligt. Die GmbH & Co. KG war Alleingesellschafterin der D-GmbH. Es ist daher ohne Rücksicht auf die im Gesellschaftsvertrag der GmbH & Co. KG getroffenen Regelungen davon auszugehen, dass die A-GmbH ihren Willen in grunderwerbsteuerrechtlich erheblicher Weise bei der GmbH & Co. KG durchsetzen konnte; denn sie hat einerseits unmittelbar als Gesellschafterin der GmbH & Co. KG und andererseits mittelbar über die GmbH & Co. KG und die D-GmbH als Zwischengesellschaften alle ihr nicht bereits vor Abschluss des Kaufvertrags gehörenden Anteile am Gesamthandsvermögen der GmbH & Co. KG erworben.
 
Auch bei einer Fondsgesellschaft kann ein Grunderwerbsteuertatbestand erfüllt werden, wenn sich unmittelbar oder mittelbar der Gesellschafterbestand an der immobilienhaltenden Personengesellschaft ändert. Eine steuerpflichtige Übertragung liegt aber nur dann vor, wenn sich der Gesellschafterbestand innerhalb von fünf Jahren dergestalt ändert, dass mindestens 95 Prozent der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen (§ 1 Abs. 2a GrEStG). Dieses BFH-Urteil zeigt erneut, dass besondere Vorsicht bei Anteilsübertragungen bei Personengesellschaften geboten ist und dass eine gute Beratung vor einer Anteilsübertragung unerlässlich ist.

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Hannes Zerbin, LL.M. (London)

Diplom-Wirtschaftsjurist (Univ.)

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