Anrechnung ausländischer Steuern gemäß § 34c EStG mit Unionsrecht vereinbar?

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Der Bundesfinanzhof (BFH) hat durch Beschluss vom 9. Februar 2011 (Az. I R 71/10) dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Rechtsfrage vorgelegt, ob die Berechnung des Anrechnungshöchstbetrags für ausländische Steuern zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung gemäß § 34c EStG im Hinblick auf die unionsrechtlichen Diskriminierungs- und Beschränkungsverbote gegen die Freiheit des Kapitalverkehrs verstößt. Zwischenzeitlich hat der EuGH mit Urteil vom 28. Februar 2013 (Az. C-168/11) entschieden, dass die Höchstbetragsanrechnung unionswidrig sei.
 
Bei dem Rechtsstreit ging es um in Deutschland zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute, die in den einzelnen Veranlagungszeiträumen umfangreiche ausländische Kapitaleinkünfte bezogen haben. Zur Vermeidung der Doppelbesteuerung wurde die ausländische Steuer auf die aus dem Ausland bezogenen Einkünfte gemäß § 34c EStG im Rahmen einer Höchstbetragsrechnung auf die inländische Einkommensteuerschuld angerechnet. Die Kläger sahen in der Art und Weise der Berechnung des Anrechnungshöchstbetrags einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit und begehrten eine höhere Anrechnung der ausländischen Steuer.
 
Aufgrund des EuGH-Urteils hat der BFH nunmehr in seiner heute veröffentlichten Entscheidung vom 18. Dezember 2013 (Az. I R 71/10) den Unionsrechtverstoß der Höchst­betragsberechnung nach Maßgabe des § 34c EStG bestätigt. Aufgrund des Welteinkommensprinzips sind in Deutschland zur Einkommensteuer veranlagte natürliche Personen verpflichtet, sowohl ihre in- als auch ihre ausländischen Einkünfte zu versteuern. Um eine eventuelle Doppelbesteuerung der ausländischen Einkünfte zu vermeiden, gewährt § 34c EStG eine Anrechnung ausländischer Steuern. Allerdings ist diese Steueranrechnung der Höhe nach beschränkt und zwar auf einen Anrechnungshöchstbetrag. Dieser Höchstbetrag ist im Rahmen einer Verhältnisrechnung zu ermitteln, wobei die sich bei der Veranlagung des zu versteuernden Einkommens (einschließlich der ausländischen Einkünfte) ergebende deutsche Einkommensteuer im Verhältnis dieser ausländischen Einkünfte zur Summe der Einkünfte aufgeteilt wird. Bei der Errechnung der Summe der Einkünfte als Nenner dieser Bruchrechnung können nach derzeitiger Rechtslage keine persönlichen oder familiären steuerlichen Vergünstigungen als Abzugsbeträge berücksichtigt werden. Gleichwohl mindern die erwähnten steuerlichen Vergünstigungen als Abzugspositionen die deutsche Einkommensteuer auf das zu versteuernde Einkommen, sodass jene Positionen im Ergebnis rechnerisch auch anteilig den ausländischen Einkunftsteilen zugeordnet werden können. In jenem anteiligen Umfang, in welchem diese Abzugspositionen auf die ausländischen Einkünfte entfallen, reduzieren sie folglich das Anrechnungsvolumen ausländischer Steuern.
 
Diese Berechnungsmethode hält der Senat im Einklang mit der EuGH-Entscheidung für unionsrechtwidrig und führt aus, dass sämtliche steuerliche Vergünstigungen, wie insbesondere Altersentlastungsbetrag, Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, Sonderausgaben, Freibeträge für Kinder sowie außergewöhnliche Belastungen bei der Ermittlung der „Summe der Einkünfte” als Nenner der Bruchrechnung mindernd zu berücksichtigen sind. Ergänzend führt der BFH aus, dass auch der Abzug des Grundfreibetrags zu fordern sei. Ausdrücklich widerspricht der erkennende Senat die seitens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) geforderte neue Berechnungsvorgehensweise, nach der die aufgeführten Abzugsbeträge sowohl bei der Ermittlung des Zählers (ausländische Einkünfte) als auch des Nenners (Summe der Einkünfte) synchron mindernd zu berücksichtigen seien. Das BMF hat nämlich dargelegt, dass nur bei einer synchronen Ermittlung des Quotienten vermieden werden könnte, dass die ausländischen Einkünfte zweifach von dem Abzug profitieren, nämlich einmal bei der tariflichen Einkommensteuer und ein weiteres Mal bei der Verhältnisberechnung. Diese neue Sichtweise des BMF wird seitens des BFH als mathematisches Fehlverständnis gerügt und verworfen. Demgegenüber verstößt die länderbezogene Begrenzung der Anrechnung ausländischer Steuern auf die deutsche Einkommensteuer (sogenannte Per-Country-Limitation) nicht gegen Unionsrecht.
 
Der Streitfall betraf das Kalenderjahr 2007 und die Gesetzeslage des § 34c EStG 2002. Neuerdings werden ausländische Kapitaleinkünfte bei Privatanlegern grundsätzlich im Rahmen der sogenannten Abgeltungsteuer erfasst. Eine Doppelbesteuerung bei ausländischen Einkünften wird weiterhin im Rahmen einer Anrechnungshöchstbe­tragsberechnung vermieden, die sich aber ausschließlich nach § 32d Abs. 5 EStG und einer eigenständigen Anrechnungsberechnung ergibt. Die Anrechnung gemäß § 34c EStG bleibt somit ausschließlich ausländischen Einkünften aus anderen Einkunftsarten vorbehalten, wie zum Beispiel aus ausländischen Arbeitsauskünften, Vermietungs- oder Gewerbeeinkünften). Dennoch ist die BFH-Entscheidung für diese Gruppe von Beziehen ausländischer Einkünfte vorteilhaft und zu begrüßen.

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Frank Dißmann

Diplom-Kaufmann, Steuerberater

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