Erste Reaktion der Finanzverwaltung auf RETT-Blocker Gestaltungen

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Der Gesetzgeber hat trotz heftigem Widerspruch aus den Reihen der (Immobilien-)Wirtschaft durch die Einführung des neuen § 1 Abs. 3a GrEStG erreicht, das ab dem 7. Juli 2013 sog. Real Estate Transfer Tax Blocker-Strukturen (RETT-Blocker) der Besteuerung unterworfen werden. Solchen bisher am Markt zu findenden Gestaltungen war gemein, dass durch die Erwerbstransaktionen weder die für Anteilsübertragungen bei Personengesellschaften bekannte steuerschädliche Grenze von "mindestens 95 Prozent" (§ 1 Abs. 2a GrEStG) überschritten noch der Steuertatbestand der sog. "Anteilsvereinigung" (§ 1 Abs. 3 GrEStG) bei Kapitalgesellschaften ausgelöst wurde. Bei Immobilienfonds sah eine RETT-Blocker Struktur üblicherweise wie folgt aus:
 
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Weder der Erwerb von nur 94,9 Prozent der Anteile, noch der Zukauf der restlichen 5,1 Prozent, zum Beispiel aufgrund einer eingeräumten Kaufoption nach Ablauf einer Haltefrist von fünf Jahren, unterlag der Grunderwerbsteuer.
 
Seit dem 7. Juli 2013 führen auch solche Erwerbsvorgänge aufgrund des Ergänzungstatbestands der wirtschaftlichen Anteilsvereinigung zur Grunderwerbsteuer. Der neue Steuertatbestand wird ausgelöst, wenn der Erwerber eine Beteiligung von mehr als 95 Prozent am Vermögen oder am Kapital der zu kaufenden Gesellschaft hält (§ 1 Abs. 3a GrEStG). Einen ersten Überblick über die Auswirkungen der Neuregelung sowie erste Hinweise für zukünftige Transaktionen vermittelt der letzte Fondsbrief vom Juli 2013 (Link: http://www.roedl.de/themen/Fonds-Brief/2013-07-18/Auswirkungen-des-neuen-§-1-Abs-3a-GrEStG-auf-bestehende-und-zukuenftige-Transaktionsstrukturen).
 
Wie so oft, wenn neue Steuertatbestände eingeführt werden, verbleiben Rechtsunsicherheiten bei der Anwendung und der inhaltlichen Auslegung. Beides trifft auch auf 1 Abs. 3a GrEStG zu. Die Finanzverwaltung hat daher nach nur vier Monaten nach Inkrafttreten der Neuregelung am 9. Oktober 2013 einen gleich lautenden Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder veröffentlicht, in dem Zweifelfragen bei der Anwendung der neuen Vorschrift geklärt werden. Aus dem Erlass ist unseres Erachtens erkennbar, dass die Finanzverwaltung den Begriff der „wirtschaftlichen“ Beteiligung ausschließlich gesellschaftsrechtlich versteht, so dass schuldrechtliche Vereinbarungen nicht zur Anwendung des § 1 Abs. 3a GrEStG führen sollten. Die Finanzverwaltung nimmt zwar zu solchen Vereinbarungen nicht ausdrücklich Stellung, jedoch ergeben sich aus dem Gesetzgebungsverfahren Anhaltspunkte, dass der Abschluss von schuldrechtlichen Vereinbarungen im Zusammenhang mit dem Anteilserwerb Gestaltungspotential zur Vermeidung der Grunderwerbsteuer eröffnet.
 
Eine zukünftige Erwerbsstruktur könnte für Immobilienfonds wie folgt aussehen:
 
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oder
 
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Der Erwerber (Fonds-KG) erwirbt einen Anteil an der Objektpersonengesellschaft i.H.v. 94,9 Prozent. Es liegt weder ein steuerschädlicher Gesellschafterwechsel (§ 1 Abs. 2a GrEStG) noch eine wirtschaftliche Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3a GrEStG) vor. Daneben gewährt der Erwerber dem Verkäufer bzw. der Objektgesellschaft eine klassische Fremdfinanzierung oder eine andere mezzanine Finanzierungsvariante (zum Beispiel Genussrecht, stille Beteiligung, partiarisches Darlehen, et cetera), wodurch die verbleibende 5,1 prozentige Beteiligung des Verkäufers an der Objektgesellschaft wirtschaftlich zugunsten des Erwerbers verwässert wird. Da die Fremdfinanzierung keinen Einfluss auf die schädliche Beteiligungsquote gemäß § 1 Abs. 3a GrEStG haben dürfte, erzielt der Erwerber trotz der Nominalbeteiligung von „nur“ 94,9 Prozent faktisch eine wesentlich höhere wirtschaftliche Beteiligung.
 
Bei Transaktionen von immobilienhaltenden Kapitalgesellschaften ist denkbar, Grunderwerbsteuer durch die Bildung von unterschiedlichen Anteilsklassen zu vermeiden:
 
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Sowohl die Anteilsklassen A und B vermitteln umfassende Stimmrechte bei der Objektgesellschaft, damit keine steuerschädliche (wirtschaftliche) Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG eintritt. Denn für beide Tatbestände wird ausschließlich auf die Anteile am Grund-/ Stammkapital einer Kapitalgesellschaft abgestellt. Demgegenüber ist die Ausgestaltung des Gewinnbezugsrechts nicht entscheidend für den Besteuerungseintritt. Es sollte daher möglich sein, dass der Erwerber (Fonds-KG) mit seinen A-Anteilen das Recht auf die überproportionale Beteiligung am laufenden Ergebnis sowie am Liquidationserlös der Objektgesellschaft besitzt.
 
Für geschlossene Immobilienfonds wäre es steuerlich vorteilhaft, wenn die Objektkapitalgesellschaft ohne Grunderwerbsteuer auszulösen identitätswahrend in eine Personengesellschaft formgewechselt werden könnte:
 
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Der identitätswahrende Formwechsel auf Gesellschaftsebene erfolgt grunderwerbsteuerneutral. Fraglich ist, ob diese Steuerneutralität auch auf Gesellschafterebene (Fonds-KG) gilt. Durch den Formwechsel ist § 1 Abs. 3a GrEStG verwirklicht, da der Erwerber zu mindestens 95 Prozent (Anteilsklasse A) wirtschaftlich an der Objektpersonengesellschaft beteiligt ist. Allerdings ist fraglich, ob der Formwechsel als zwingend schädlicher „Rechtsvorgang“ im Sinne des § 1 Abs. 3a GrEStG zu werten ist. Dieser sollte jedoch bei einer identitätswahrenden Umwandlung nicht vorliegen. Ebenso führt nur die „erstmalige“ Begründung einer wirtschaftlichen Beteiligung von mindestens 95 Prozent zur Besteuerung. Allerdings bestand die erstmalige Begründung bereits vor dem Rechtsformwechsel und wird nicht erst durch die Umwandlung verwirklicht. Ein Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO) sollte nach dem Zweifelsfragen-Erlass nicht einschlägig sein.
 
Die Neuregelung des § 1 Abs. 3a GrEStG schiebt den üblichen RETT-Blocker Gestaltungen einen Riegel vor. Leider sind trotz der gleichen lautenden Erlasse der obersten Finanzverwaltungen der Länder noch wichtige Anwendungs- und Auslegungsfragen unbeantwortet geblieben, so dass sich Rechtssicherheit erst im Laufe der Zeit einstellt. Hybride Gesellschaftsstrukturen bieten Gestaltungspotential, um die steuerschädlichen Folgen der Neuregelung zu vermeiden. Aber das bedeutet zugleich, dass die Erwerbsstrukturen komplexer werden und erhöhten Beratungsbedarf erfordern.

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Frank Dißmann

Diplom-Kaufmann, Steuerberater

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