Organisationsalternativen für Planung, Bau und Betrieb der Straßeninfrastruktur

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Von Peter Lindt
veröffentlicht am 2. September 2013
 
Mit der Entscheidung, das Erhaltungsmanagement für die Straßeninfrastruktur strategisch anzugehen, mag auch die Frage nach der „richtigen” Rechts- bzw. Organisationsform aufgeworfen sein. Die kommunalrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen stellen sich insoweit nichts anders dar, als für jede andere kommunale betriebliche Betätigung auch. Allerdings zeigt sich schnell, dass nicht alles Zulässige auch sinnvoll ist. Nichts ist deshalb richtiger, als dass „die mögliche Betriebsform mit Bedacht gewählt werden sollte” (s. Beitrag „Strategisches Erhaltungsmanagement für die Straßeninfrastruktur”, S. 7)
 

Kommunalrechtlich zulässige Organisationsformen

Schaffung und Erhalt kommunaler Straßeninfrastruktur werden in der Regel als Aufgaben innerhalb der allgemeinen Verwaltung wahrgenommen, typischer Weise in einem Tiefbauamt. Für eine Ausgliederung mögen auch bei diesen Aufgaben die Argumente diskutiert werden, die jede organisatorische Verselbstständigung stützen - Klarheit der Aufgabenzuordnung, Ausrichtung von Entscheidungsfindungen nach wirtschaftlichen Kriterien, Transparenz in der Rechnungslegung, Betonung von Verantwortung, Hebung von Optimierungspotenzialen etc. Dabei ist klar, dass mit diesen Argumenten nicht jede organisatorische Verselbstständigung „per se” gerechtfertigt ist. Vielmehr müssen sie in jedem Einzelfall auf ihre tatsächliche Tragfähigkeit für die Ausgliederung der konkreten Aufgabe am konkreten Ort bewertet werden.
 
Kann im Einzelfall nach Diskussion und Bewertung von der Vorteilhaftigkeit einer Ausgliederung „als solcher” ausgegangen werden, steht damit noch nicht fest, welche Organisationsform die richtige für die Wahrnehmung der auszugliedernden Aufgaben „Schaffung und Erhalt der Straßeninfrastruktur” ist. Die Gemeindeordnungen der Bundesländer unterscheiden sich in zahlreichen Details, grundsätzlich gleich ist jedoch der Katalog der Organisationsformen, der den Kommunen für die Erfüllung ihrer Aufgaben offensteht: Eigenbetriebe bzw. eigenbetriebsähnliche Einrichtungen sowie (haftungsbegrenzte) Unternehmensformen des Privatrechts (die ebenso zulässigen Regiebetriebe sind nichts anderes als eine Aufgabenwahrnehmung innerhalb der allgemeinen Verwaltung, stehen also gar nicht für eine organisatorische Verselbstständigung). Daneben sehen die meisten Flächenländer – ausgenommen sind nur Baden-Württemberg, das Saarland und Sachsen – auch die Möglichkeit vor, Unternehmen in der Rechtsform einer rechtlich selbstständigen Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR / Kommunalunternehmen) zu errichten.
 
Ebenso grundsätzlich deckungsgleich über alle Gemeindeordnungen hinweg sind die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen jeder betrieblichen bzw. unternehmerischen Betätigung, nämlich dass ein öffentlicher Zweck das Unternehmen erfordert, dass das Unternehmen nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde und zum voraussichtlichen Bedarf steht sowie das Subsidiaritätsprinzip, wonach bei einem Tätigwerden außerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge der Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen anderen erfüllt wird oder erfüllt werden kann (vgl. etwa Art. 87 Abs. 1 BayGO, § 136 Abs. 1 NKomVG, § 107 Abs. 1 GO NRW). Selbstverständlich wird das tatsächliche Vorliegen der allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen in jedem Einzelfall zu prüfen sein. Typisiert wird jedoch von deren Vorliegen im Regelfall ausgegangen werden können. Denn die Schaffung und der Erhalt kommunaler Straßeninfrastruktur stehen für Pflichtaufgaben aus der gemeindlichen Straßenbaulast und dienen zugleich der kommunalen Daseinsvorsorge, sodass ein öffentlicher Zweck ohne Weiteres gegeben und das Subsidiaritätsprinzip irrelevant ist.
 
Grundsätzlich kann damit davon ausgegangen werden, dass die Aufgaben der Schaffung und des Erhalts kommunaler Straßeninfrastruktur nicht nur innerhalb der Verwaltung, sondern durchaus auch ausgegliedert in den Rechtsformen eines Eigenbetriebs bzw. einer eigenbetriebsähnlichen Einrichtung, eines privatrechtlichen Unternehmens oder einer AöR wahrgenommen werden dürfen.
 

Vorrang für den Eigenbetrieb

Aus diesem „dürfen” folgt jedoch noch nicht die Sinnhaftigkeit der Nutzung jeder der grundsätzlich zur Verfügung stehenden Organisationsformen. Denn die Leistungen privatrechtlicher Unternehmen gegenüber der Kommune unterliegen stets der Mehrwertbesteuerung, ohne dass bei der Kommune mit der Hoheitlichkeit der hier relevanten Aufgaben eine Vorsteuerabzugsmöglichkeit gegeben wäre. Privatrechtliche Rechtsformen werden damit hier im Regelfall nicht in Betracht kommen. 
 
Die AöR hat sich als hervorragende Organisationsalternative für zahlreiche kommunale Aufgaben erwiesen. Allerdings wird mit den aktuellen Diskussionen um die Besteuerung sog. Beistandsleistungen zwischen Körperschaften des öffentlichen Rechts (vgl. etwa Beitrag Dr. Reiner Gay in Focus Public Sector Juni 2012, S. 15 ff.) ebenso wie dem Ausschluss der Übertragbarkeit von Widmungs- und Einziehungsrechten sowie von Straßenvermögen auf AöRs etwa durch die Erlasslage in NRW pauschal kaum von der optimalen Eignung der AöR zur Übernahme dieser Aufgaben ausgegangen werden können, auch wenn sich dies im Einzelfall nach gesonderter Prüfung doch anders darstellen kann.
 
Demgegenüber sind bei Eigenbetrieben bzw. eigenbetriebsähnlichen Einrichtungen solche rechtlichen Erschwernisse und Hindernisse – Besteuerung, Unzulässigkeiten der Übertragung von Aufgabenbestandteilen – nicht gegeben: Der Leistungsaustausch zwischen einem Eigenbetrieb bzw. einer eigenbetriebsähnlichen Einrichtung und der Trägerkomme ist ob der rechtlichen Unselbstständigkeit dieser Organisationsformen steuerrechtlich stets irrelevant und auch eine bilanzielle Zuordnung von Straßeninfrastrukturvermögen auf sie bedeutet keinen Eigentümerwechsel. Der Eigenbetrieb bzw. die eigenbetriebsähnliche Einrichtung vermag damit für die Schaffung und den Erhalt kommunaler Straßeninfrastruktur in erster Linie „im Rennen” einer Ausgliederungsdiskussion zu verbleiben. Tragen im Einzelfall die eingangs genannten Argumente für eine Ausgliederung dieser Aufgaben, vermag dies insoweit auch zu einer echten Renaissance dieser Organisationsformen führen.
 
 

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