Das Anordnungsrecht des Bestellers im neuen Bauvertragsrecht

PrintMailRate-it
veröffentlicht am 02. Mai 2017
Die Baubranche ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in Deutschland. Auch das Baurecht hat sich zu einer Spezialmaterie entwickelt, die auf zahlreicher und komplexer Rechtsprechung fußt. Für den Rechtsanwender ist diese kaum noch zu überblicken. Für klassische Bauverträge existieren keine besonderen gesetzliche Normen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Die Bauverträge werden bis dato eingeordnet als Werkverträge. Das vom Bundestag verabschiedete Reformpaket sieht nun erstmalig die Einführung eines eigenen Kapitels für Bauverträge vor. Daneben gibt es auch eigenständige Paragrafen für den sogenannten Verbraucherbauvertrag, den Architekten- und Ingenieurvertrag im BGB. Klassische Bauleistungen bekommen hierdurch erstmalig eine besondere gesetzliche Akzentuierung.

Vertragsänderungen durch das neue einseitige Anordnungsrecht des Bestellers

Eine der wesentlichen Neuerungen ist u.a. das einseitige Anordnungsrecht des Bestellers (§ 650 b BGB). Das Werkvertragsrecht des BGB geht nämlich bisher davon aus, dass der Besteller einseitig Änderungen nur dann anordnen kann, wenn diese nach Treu und Glauben erforderlich sind, um den werkvertraglichen Erfolg zu erzielen. In Anlehnung an die VOB/B gibt es nun ein normiertes Anordnungsrecht des Bestellers eines Bauvertrags, wenn die Änderungen zumutbar und für die Erreichung des Werkerfolgs notwendig sind. Dies stellt eine Abweichung vom Grundsatz dar, dass eine Änderung stets vom übereinstimmenden Willen der Parteien abhängt.

 

Rechtsfolge bei mangelndem Einvernehmen der Anordnung?

Die rechtsbindende Anordnung kann erst erfolgen, wenn die Parteien innerhalb von 30 Tagen nach Zugang des Änderungsbegehrens keine Einigung erzielen. Denn das Gesetz sieht vor, dass sich die Parteien vor Ausspruch der Anordnung bemühen müssen, ein Einvernehmen über die Änderung und die infolge der Änderung zu leistenden Mehr- oder Mindervergütungen zu erzielen.


Ungeklärt ist hierbei jedoch die Frage, was während dieser „Schwebephase” passiert. Ist der Auftragnehmer berechtigt, bis zur Erzielung eines Einvernehmens die Bauleistungen einzustellen
(„Baustillstand”)? Was ist mit etwaigen Mehrkosten des Auftragnehmers aufgrund der ggf. eingetretenen Stillstandzeit? Diese und andere Fragen sind derzeit noch nicht geklärt, bieten sich jedoch bereits für eine entsprechende individuelle Vertragsgestaltung an bzw. werden Gegenstand der Gerichtspraxis sein.


Auswirkungen auf den Vergütungsanspruch
des Unternehmers

Haben sich die Parteien nicht über eine Vergütungshöhe verständigt, hat der Unternehmer einen Anspruch auf die tatsächlichen erforderlichen Kosten mit angemessenen Zuschlägen für allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn. Hierbei kann er zur Berechnung auf die Ansätze in einer vereinbarungsgemäß hinterlegten Urkalkulation zurückgreifen. Der Unternehmer kann zudem vorläufig 80 Prozent der Angebotsvergütung für die Änderungen der Abschlagszahlung ansetzen,

wenn sich die Parteien nicht über die Höhe geeinigt haben. Für diesen Vergütungsanspruch als Abschlagszahlung trägt letztlich der Besteller das Insolvenzrisiko des Unternehmers.


Form und Rechtschutzmöglichkeit

Die einseitig getroffene Anordnung muss nach dem Gesetz nun in Textform (zum Beispiel per E-Mail) erfolgen. Andernfalls ist sie nichtig. Nach Ablauf der 30 Tage können beide Parteien hinsichtlich Grund, Umfang und/oder Höhe des Anordnungsrechts des Bestellers jeweils eine einstweilige Verfügung ohne Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes beantragen.


Fazit

Die gesetzliche Kodifizierung des Bauvertragsrechts und des einseitigen Änderungsrechts des Unternehmers zieht viele ungeklärte Folgefragen nach sich, die es im Rahmen der juristischen Beratung und Auseinandersetzung angemessenen zu lösen gilt.

Kontakt

Contact Person Picture

Klaus Forster, LL.M.

Rechtsanwalt, Verbandsjurist

Associate Partner

+49 911 9193 3611

Anfrage senden

Profil

Arbeitshilfen für das Facility Management

Arbeitshilfen FM

 

Arbeitshilfen

Erhalten Sie ausgewählte Schaubilder kostenlos als Download.​ Mehr »

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu