Konflikte zwischen Wohnungseigentümern mittels Mediation erfolgreich managen

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​veröffentlicht am 1. Februar 2024




Wohnungseigentümer sind über das Eigentum an ihren Wohnungen langfristig miteinander verbunden. Vorhaben an der Gesamtimmobilie bedürfen ebenso wie auch manche Maßnahmen innerhalb der eigenen vier Wände der Beschlussfassung durch alle Eigentümer.

Spannungen und Konflikte behindern ein friedliches, nachbarschaftliches Zusammenleben ebenso wie eine zielorientierte Beschlussfassung.

Mediation kann präventiv der Konfliktentstehung vorbeugen und bestehende Spannungen niederschwellig auflösen, sodass konstruktive Entscheidungen im Interesse eines friedlichen und respektvollen Zusammenlebens getroffen werden können.



Die Wohnungseigentümergemeinschaft

Wohnungseigentum wird gemäß § 2 Wohnungseigentumsgesetz [WEG] entweder durch die vertragliche Einräumung von Sondereigentum oder durch Teilung begründet. Eine einzige Wohnimmobilie wird dadurch in verschiedene Wohnungseigentumsanteile aufgesplittet. Die Rechte und Pflichten der einzelnen Wohnungseigentümer ergeben sich entweder aus der Teilungserklärung oder aus dem Gesetz. § 18 Abs. 1 WEG zufolge sind die Wohnungseigentümer zur gegenseitigen Rücksichtnahme und gemeinschaftlichen Verwaltung des Eigentums verpflichtet. Die ordnungsgemäße Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums regeln die Wohnungseigentümer durch Beschluss im Sinne von § 19 WEG.

Durch diese Vorschriften sind die einzelnen Eigentümer dauerhaft miteinander verbunden und zur konstruktiven Zusammenarbeit verpflichtet. Im Interesse eines Zusammenlebens wird den Wohnungseigentümern ein hohes Maß an sozialer Kompetenz und Kompromissbereitschaft abverlangt. Der Gemeinschaft der Eigentümer wird der Wille auferlegt, das gemeinsame Wohnumfeld zu erhalten oder zu verbessern. 

Gerade in kleinen Wohnungseigentümergemeinschaften wird jedem einzelnen Eigentümer viel persönlicher Einsatz und ein hohes Maß an Verständnis für persönliche Interessen und Befindlichkeiten abverlangt.

Nicht selten sehen sich gerade die Eigentümer in diesen kleinen Gemeinschaften erheblichen Spannungs- und Konfliktfeldern ausgesetzt, die es zu lösen gilt.

Spannungsfelder innerhalb der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

Die auftretenden Spannungsfelder sind vielfältig. Konflikte treten insbesondere dann auf, wenn einzelne Eigentümer in das gemeinschaftliche Eigentum eingreifen, ohne zuvor einen Beschluss der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eingeholt zu haben. 

Die Gründe für ein solches Verhalten können ebenfalls vielschichtig sein. 

So ist dem Eigentümer, der innerhalb seiner Wohnung einen Durchbruch zwischen zwei Zimmern herbeiführt, unter Umständen nicht bewusst, dass er mit seiner Umbaumaßnahme einerseits in die Statik des Hauses eingreift und andererseits die bauliche Substanz des Gebäudes verändert und deshalb die Zustimmung der übrigen Eigentümer benötigt.

Die Eigentümerin, die ihre Wohnung im Obergeschoss durch Ausbau des zur Wohnung gehörenden Dachbodens erweitert, hat gegebenenfalls nur im Sinn, dass so ihr drängender zusätzlicher Platzbedarf gelöst wird, nicht jedoch dass die Erweiterung des Wohnraums neben einer Beschlussfassung durch die Gemeinschaft der Eigentümer einer Baugenehmigung sowie einer Veränderung der Stimmverteilung und der Umlagemaßstäbe bedarf.

Die Eigentümer der Dachgeschosswohnung, die in Eigenregie eine Dachfensterfront einbauen lassen, möchten vielleicht die aus ihrer Sicht notwendig werdende Umbaumaßnahme gerade nicht langwierig mit allen Eigentümern diskutieren, sondern vielmehr ihre eigenen vier Wände nach ihren eigenen Wünschen gestalten. Dass diese Umgestaltung gerade nicht nur in das Sondereigentum, sondern erheblich in das Gemeinschaftseigentum eingreift, wird geflissentlich ignoriert.

Auch Unterschiede im wirtschaftlichen Können der einzelnen Eigentümer wirken in die Beschlussfassung der Eigentümer hinein. Während der situierte Eigentümer die notwendige Sanierung des Daches inklusive Wärmedämmung gerade vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit begrüßt, stellt die Maßnahme für andere Eigentümer unter Umständen eine finanzielle Überforderung dar. Die Beschlussfassung über die Maßnahme wird hart umkämpft sein.

In all diesen Fällen sind erhebliche Spannungen und Konflikte bereits eingetreten oder zu erwarten.

Vorteil einer Lösung mittels Mediation

Im Rahmen eines Mediationsverfahrens können diese Spannungen und Konflikte zukunftsgerichtet, nachhaltig und mit Blick auf ein gutes, nachbarschaftliches und friedfertiges Zusammenleben in einer Wohnimmobilie aufgelöst werden.

Im Gegensatz zu einer gerichtlichen Entscheidung urteilt nicht ein unbeteiligter Dritter ausschließlich über die dem Konflikt immanente Rechtsfrage. Vielmehr versuchen die Beteiligten in Kenntnis der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten gemeinsam eine Lösung zu entwickeln. Diese einvernehmliche Lösung wird es allen Beteiligten ermöglichen, einerseits das akute Problem zu lösen und andererseits das Gesicht zu wahren. Auf diese Weise wird die Möglichkeit eröffnet, den Streitfall tatsächlich in der Tiefe beizulegen und sich in der Folgezeit nachbarschaftlich konstruktiv und vorbehaltsfrei zu begegnen.

Lösungsfindung mittels Werkzeugkasten der Mediation 

Der Mediator wird auf dem Weg zu einer für alle zufriedenstellenden Lösung die Parteien dabei unterstützen, den Kuchen zu vergrößern. So könnten zum Beispiel in dem Fall, in dem ein Eigentümer in Eigenregie seine Wohnfläche um die Größe des Dachgeschosses erweitert, den andere Eigentümern Sondernutzungsrechte hinsichtlich des Gartens eingeräumt werden. 

Weiter wird der Mediator beispielsweise versuchen, einen Perspektivwechsel anzuregen, sodass die Betroffenen die Situation und die Motivation des jeweils anderen Eigentümers verstehen. Auf der Basis wechselseitigen Grundverständnisses lassen sich Gespräche über für alle akzeptable Lösungsansätze führen.

Der Mediator kann jedoch auch bereits im Vorfeld einer geplanten Beschlussfassung tätig werden, indem er im Rahmen eines Mediationsverfahrens Spannungsfelder identifiziert, eine Kommunikationsbasis für alle Beteiligten erschafft und die Entwicklung einer Lösung begleitet. Über die so entwickelte Lösung kann sodann ein Beschluss der Wohnungseigentümer herbeigeführt werden. Einer Beschlussanfechtungsklage im Sinne des § 45 WEG kann auf diese Weise vorgebeugt werden. Langfristige und unter Umständen auch wiederholte Gerichtsprozesse werden dadurch obsolet.

Fazit

Die Implementierung von Mediationsverfahren bei drohenden Spannungen oder Konflikten zwischen den Wohnungseigentümern ermöglicht langfristige, individuelle und nachhaltige Lösungen. Im Rahmen der Mediation wird eine geschützte Atmosphäre geschaffen, in der die Eigentümer in die Lage versetzt werden, Konfliktursachen zu erkennen und in Folge dessen selbstbestimmte, umfassende und nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Ein nachbarschaftlicher und respektvoller Umgang ist danach weiterhin bzw. erstmals wieder möglich.



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Ester Thanner LL.M.

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Wirtschaftsmediatorin (MuCDR), Zertifizierte Mediatorin

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