Mediation im Gewerbemietverhältnis

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​veröffentlicht am 1. August 2024




Mediation ist ein effektives Instrument zur frühzeitigen Konfliktlösung in Gewerbemietverhältnissen. Sie bietet im Vergleich zu Gerichtsverfahren Vorteile wie Eigenverantwortung, Vertraulichkeit, Beziehungserhalt und Flexibilität sowie Zeit- und Kostenersparnis. Durch einen neutralen Mediator werden kreative Lösungen erarbeitet, die beiden Parteien dienen. 


In der komplexen Welt der Gewerbemietverhältnisse sind Konflikte zwischen Vermietern und Mietern keine Seltenheit. Die oft langfristigen und finanziell bedeutsamen Vertragsbeziehungen bergen ein erhebliches Potenzial für Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten. Umso wichtiger ist es, Wege zu finden, diese Konflikte frühzeitig zu erkennen und effektiv zu lösen, bevor sie eskalieren und möglicherweise vor Gericht landen. Ein vielversprechender Ansatz hierfür ist die Mediation, ein strukturiertes Verfahren zur außergerichtlichen Konfliktlösung, das in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat.

Konfliktfelder im Gewerbemietverhältnis

​Um die Potenziale der Mediation für Gewerbemietverhältnisse zu verstehen, ist es zunächst wichtig, einige typischen Konfliktfelder in diesem Bereich zu betrachten. Ein häufiger Streitpunkt sind gegenteilige Ansätze zu notwendigen Renovierungen und Instandhaltungsmaßnahmen. 

Streitig ist häufig bereits die Frage, wer für Renovierungen, Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen verantwortlich ist. Während sodann der Verantwortliche im Zweifel dazu neigt, Investitionen in die Immobilie hinauszuzögern, um Kosten zu sparen, ist dem Vertragspartner an einem guten Erhaltungszustand gelegen. 

Ein weiteres Konfliktfeld eröffnen Mietminderungen bei eingeschränkter Nutzbarkeit der Gewerberäume. So folgt auf Brandschutzmängel, Wasserschäden, Baulärm oder andere Beeinträchtigungen vielfach eine Reduzierung der Miete, sofern der Vermieter seiner Pflicht zur Wiederherstellung der Nutzbarkeit nicht im gewünschten Umfang nachkommt. Es folgen Streitigkeiten über Angemessenheit und Dauer der Mietminderung.

Ein weiterer häufiger Streitpunkt sind die Nebenkosten und die jährliche Betriebskostenabrechnung. Mieter hinterfragen oft die einzelnen Positionen dem Grunde und der Höhe nach ebenso wie die Umlageschlüssel, während Vermieter auf die Richtigkeit ihrer Abrechnung pochen. Solche Auseinandersetzungen können alle Jahre wieder entstehen, sich über Jahre hinziehen und das Mietverhältnis stark belasten.

Alle diese - nicht abschließenden - Konfliktpotenziale können ein Mietverhältnis erheblich belasten und zu langwierigen und kostspieligen Gerichtsverfahren führen. Hier setzt die Mediation an, um eine konstruktive, einvernehmliche und nachhaltige Lösung zu finden, bestenfalls bereits bevor der Konflikt eskaliert. 

Das Mediationsverfahren

​In einem Mediationsverfahren arbeitet ein neutraler Mediator mit beiden Parteien zusammen, um eine für alle Beteiligten akzeptable Lösung zu entwickeln. Der Mediator ist dabei kein Schiedsrichter oder Richter, sondern ein unabhängiger Dritter, der die Kommunikation zwischen den Parteien fördert und ihnen hilft, ihre eigenen Interessen und Bedürfnisse zu erkennen und zu artikulieren.

Ablauf des Verfahrens

​Der Mediationsprozess beginnt in der Regel damit, dass der Mediator die Situation und die Sichtweisen beider Parteien erfasst. Er schafft eine Atmosphäre, in der eine offene und ehrliche Kommunikation möglich ist. Dabei hilft er den Parteien, nicht nur ihre Positionen darzulegen, sondern auch die dahinterliegenden Interessen und Bedürfnisse zu erkennen. Oft stellt sich heraus, dass die eigentlichen Interessen der Parteien gar nicht so weit auseinanderliegen, wie es zunächst den Anschein hatte.

In einem nächsten Schritt werden gemeinsam kreative Lösungsoptionen entwickelt. Hier kann der Mediator durch gezielte Fragen und Techniken dazu beitragen, dass die Parteien über ihre bisherigen (Lösungs-)Ansätze hinausschauen und neue Optionen in Betracht ziehen. Dabei wird der Fokus auf eine nachhaltige Konfliktlösung gelegt, die nicht nur den aktuellen Streitpunkt beilegt, sondern auch die zukünftige Geschäftsbeziehung positiv gestaltet. So kann z. B. eine konkrete Vereinbarung über die zukünftige Abrechnung der Betriebskosten getroffen werden, sodass die alljährlichen Konflikte darüber obsolet werden.

Am Ende des Mediationsprozesses steht idealerweise eine verbindliche Vereinbarung, die von beiden Seiten getragen wird. Diese Vereinbarung kann sehr detailliert sein und konkrete Handlungsschritte, Zeitpläne und Verantwortlichkeiten festlegen. Da die Lösung von den Parteien selbst erarbeitet wurde, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie auch tatsächlich umgesetzt wird.

Vorteile des Mediationsverfahrens im Vergleich zum Gerichtsverfahren

​Parteihoheit: Die Mediation bietet im Vergleich zu gerichtlichen Auseinandersetzungen einige wesentliche Vorteile. Ein zentraler Aspekt ist die Eigenverantwortung der Parteien. Die Parteien behalten die volle Kontrolle über das Verfahren selbst und das bestenfalls errungene Ergebnis. Sie selbst erarbeiten eine Lösung und entscheiden, ob sie diese auch (vollumfänglich) akzeptieren wollen. Dies führt oft zu einer höheren Zufriedenheit mit dem Ergebnis und einer größeren Bereitschaft, die getroffenen Vereinbarungen auch umzusetzen.

Vertraulichkeit: Ein weiterer wichtiger Vorteil ist die Vertraulichkeit des Verfahrens. Während Gerichtsprozesse in der Regel öffentlich sind, findet die Mediation unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Dies ermöglicht es den Parteien, offen über sensible Themen zu sprechen, ohne befürchten zu müssen, dass vertrauliche Informationen nach außen dringen.

Erhalt langfristiger Bindungen: Besonders wertvoll ist die Mediation auch für den Erhalt der Geschäftsbeziehung. Gerichtsprozesse führen oft zu einer Verhärtung der Fronten und können das Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter nachhaltig beschädigen. Die Mediation hingegen zielt darauf ab, die Kommunikation zu verbessern und gegenseitiges Verständnis zu fördern. Dadurch kann die Geschäftsbeziehung oft nicht nur erhalten, sondern sogar gestärkt werden.

Flexibilität: Anders als bei Gerichtsverfahren, die an starre rechtliche Vorgaben gebunden sind, können in der Mediation kreative Lösungen entwickelt werden, die passgenau auf die spezifische Situation und die Bedürfnisse der Parteien zugeschnitten sind. Dies ermöglicht es, Win-win-Situationen zu schaffen, von denen beide Seiten profitieren.

Zeitersparnis: Während sich Gerichtsprozesse oft über Monate oder sogar Jahre hinziehen können, lässt sich ein Mediationsverfahren in der Regel innerhalb weniger Wochen abschließen. Dies spart nicht nur Zeit, sondern auch Nerven und ermöglicht es den Parteien, sich wieder auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren.

Kostenersparnis: Auch die Kosten der Mediation sind in der Regel deutlich geringer als bei einem Gerichtsverfahren. Studien zeigen, dass die Kosten einer Mediation im Durchschnitt etwa 40 Prozent unter denen eines Gerichtsverfahrens liegen. Bei hohen Streitwerten, wie sie bei Gewerbemietverhältnissen nicht unüblich sind, kann die Ersparnis noch deutlich höher ausfallen. Hinzu kommt, dass die Parteien die volle Kontrolle über die Kosten behalten und diese von Anfang an gut kalkulieren können.

Mediationsklausel

​Um das volle Potenzial der Mediation zur Konfliktlösung in Gewerbemietverhältnissen auszuschöpfen, ist es empfehlenswert, bereits bei Vertragsabschluss eine Mediationsklausel zu vereinbaren. Eine solche Klausel verpflichtet die Parteien, im Konfliktfall zunächst ein Mediationsverfahren zu durchlaufen, bevor sie den Rechtsweg beschreiten. 

Fazit

​Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Mediation ein äußerst effektives Instrument zur frühzeitigen Entschärfung von Konfliktpotenzial in Gewerbemietverhältnissen darstellt. Durch ihren Fokus auf Interessenausgleich und nachhaltige Lösungen können oft bessere Ergebnisse erzielt werden als in Gerichtsverfahren. Die Zeit- und Kostenvorteile machen die Mediation zu einer attraktiven Option für Vermieter und Mieter von Gewerbeimmobilien. Mit professioneller Unterstützung eines erfahrenen Mediators lassen sich viele Streitigkeiten im Gewerbemietrecht einvernehmlich und zur Zufriedenheit aller Beteiligten lösen. Dies trägt nicht nur zur Entlastung der Gerichte bei, sondern fördert auch ein positives Geschäftsklima und langfristig erfolgreiche Mietverhältnisse.



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Ester Thanner LL.M.

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Wirtschaftsmediatorin (MuCDR), Zertifizierte Mediatorin

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