Energieeinspar-Verordnungen zur Senkung des Gas- und Stromverbrauchs – Verordnungen zur Sicherung der Energieversorgung verpflichten Unternehmen und Versorger

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veröffentlicht am 22. September 2022

 

Ab dem 01. Oktober 2022 tritt die Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen („Mittelfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmeverordnung“ – EnSimiMaV) in Kraft. Sie statuiert Pflichten für Gebäudeeigentümer und energieintensive Unternehmen. Die Umsetzungsfristen sind knapp bemessen.


Für kurzfristige Maßnahmen tritt die - ebenfalls bereits in Kraft getretene - Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristige Maßnahmen („Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmeverordnung“ – EnSiKuMaV) hinzu. Mit ihr errichtet der Gesetzgeber die dritte Säule des Energiesicherungspakets. Mithilfe dieser Verordnungen sollen Einsparmaßnahmen im Gebäude- und Unternehmensbereich erreicht werden, um eine Erdgasmangelsituation zu vermeiden bzw. eine solche bei ihrem Eintritt abzumildern.


Die EnSiKuMaV regelt verpflichtende Maßnahmen zur Energieeinsparung im Gebäudebereich für einen Zeitraum von sechs Monaten ab dem 01. September 2022 bis zum 28. Februar 2023. Die auf mittelfristig wirkende Einsparmaßnahmen ausgelegte EnSimiMaV gilt für zwei Jahre bis zum 31. September 2024. Sie schafft Prüfungs- und Optimierungspflichten sowohl für Eigentümer von Wohn- und Nichtwohngebäuden als auch für energieintensive Unterneh-men im Sinne der Verordnung.


Im Folgenden geben wir einen Überblick über die Pflichten, welche die Gas- und Wärmelieferanten und Unternehmen auf Grundlage der EnSiKuMaV und der EnSimiMaV treffen.

 

1. Versorger treffen kurzfristige Informationspflichten nach § 9 EnSiKuMaV


Die EnSiKuMaV regelt Energieeinsparmaßnahmen für Wohnräume, Schwimm- oder Badebecken, Nichtwohngebäude und Baudenkmäler sowie für Unternehmen.


Für Gas- und Wärmeversorger, die ihre Endkunden leitungsgebunden mit Gas- oder Wärme beliefern, sind insbesondere die Regelungen aus § 9 Absatz 1 EnSiKuMaV von Belang:


Für Versorger stellt § 9 Absatz 1 EnSiKuMaV einen Informationskatalog auf, dem sie gegenüber ihren Kunden bis zum 30. September 2022 nachkommen müssen. Dieser enthält auch die individualisierte Mitteilung an ihre Kunden

  1. über den Energieverbrauch und die Energiekosten der letzten vorangegangenen Abrechnungsperiode,
  2. die Höhe der voraussichtlichen Energiekosten für eine vergleichbare Abrechnungsperiode unter Berücksichtigung des am 01. September 2022 in dem jeweiligen Netzgebiet geltenden Grundversorgungstarifs für Erdgas und
  3. über das rechnerische Einsparpotential in Kilowattstunden und Euro unter Heranziehung der Annahme, dass bei einer durchgängigen Reduzierung der Raumtemperatur um 1 Grad Celsius eine Einsparung von 6 Prozent zu erwarten ist.


Wenn die Versorger die vorgegebenen Informationen nicht innerhalb der Frist bis zum 30. September 2022 zur Verfügung stellen können, räumt ihnen § 9 Absatz 1 eine „Vereinfachung” ein. In diesem Fall gelten zunächst abstrakte Mitteilungspflichten. Danach sind die vorgenannten Informationen auf der Grundlage typischer Verbräuche unterschiedlich großer Gebäude oder Haushalte mitzuteilen. Für deren Berechnung ist laut Gesetzesbegründung von einem durchschnittlichen Verbrauch von 165 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr auszugehen (vgl. Verordnung der Bundesregierung, S. 25).


Die individualisierte Mitteilung ist jedoch in jedem Fall bis zum 31. Dezember 2022 nachzuholen. Darüber hinaus ist die individualisierte Mitteilung innerhalb eines Monats erneut zur Verfügung zu stellen, wenn das Preisniveau erheblich ansteigt.


In welchem Fall die individualisierte Mitteilung als „nicht möglich” anzusehen ist, lässt sich weder dem Verordnungstext der EnSiKuMaV noch der Verordnungsbegründung entnehmen.


Auch schweigen EnSiKuMaV und Begründung darüber, wann von einem „erheblichen“ Anstieg des Preisniveaus auszugehen ist. Nach unserer aktuellen Einschätzung können bereits Preiserhöhungen ab 10 Prozent als erheblich angesehen werden. Wie dies vom Verordnungsgeber und von den Gerichten im konkreten Kontext beurteilt wird, bleibt jedoch aktuell noch abzuwarten:

 

  • Die Regelungen des § 9 EnSiKuMaV dürften die Gas- und Wärmelieferanten vor Umsetzungs- und nicht zuletzt zeitliche Herausforderungen stellen.
  • Insbesondere Gaslieferanten, die Gas in Netzen liefern, in denen sie selbst nicht Grundversorger sind, müssen zunächst die allgemeinen Preise der Grundversorgung ermitteln und diese erst zu ermittelnden Preise ihrer individualisierten Mitteilung zugrunde legen.
  • Weiterhin bestehen Unwägbarkeiten darüber, wann die kurzfristige, individualisierte Mitteilung an die Endkunden mit der Frist zum 30. September 2022 als „nicht möglich“ anzusehen ist und die „längere“ Frist bis zum 31. Dezember 2022 wahrgenommen werden darf.

 

2. Gebäudebezogene Energieeinsparmaßnahmen und Umsetzungspflicht von Energiemanagementsystemen nach der EnSimiMaV


Gemäß § 1 EnSimiMaV regelt die Verordnung einerseits technische Energieeinsparmaßnahmen in Gebäuden (§§ 2 und 3 EnSimiMaV) und verpflichtet Unternehmen dazu, Energiemanagementsysteme umzusetzen (§ 4 EnSimiMaV).

 

Überprüfungs- und Optimierungspflichten für Heizungsanlagen


Der erste Teil der EnSimiMaV verpflichtet die Eigentümer aller Gebäude, deren Heizung oder Warmwasserbereitung auf dem Einsatz von Erdgas beruht, ihre Heizungsanlage bis zum 15. September 2024 auf einen energieeffizient optimierten Betrieb durch fachkundige Personen überprüfen und bestätigen zu lassen.


Gegenstand der Prüfung ist gemäß § 2 Absatz 1 Nr. 1 die Untersuchung, ob die Heizungsanlage optimal läuft. Die umzusetzenden Maßnahmen des Prüfprogramms sind detailliert in § 2 Absatz 2 beschrieben.


Hat der Gebäudeeigentümer den Betrieb der Heizungsanlage, z. B. im Rahmen eines Wärmecontracting-Vertrags, auf einen Dritten übertragen, so gehen die Pflichten des Gebäudeeigentümers auf den Contractor über und treten neben die fortbestehenden Pflichten des Gebäudeeigentümers.


Weiter ist gemäß § 3 EnSimiMaV ein hydraulischer Abgleich von Gaszentralheizungen vorgesehen.
Dieser ist bei Nichtwohngebäuden im Anwendungsbereich des Gebäudeenergiegesetzes ab 1.000 Quadratmeter beheizter Fläche und in größeren Wohngebäuden mit mindestens zehn Wohneinheiten bis zum 30. Oktober 2023, bei kleineren Wohngebäuden mit mindestens sechs Wohneinheiten bis zum 15. September 2024 durchzuführen.


Ausnahmen bestehen gemäß § 3 Absatz 2 EnSimiMaV. Hiernach wird die Pflicht zur Durchführung eines hydraulischen Abgleichs auf solche Fälle beschränkt, bei denen nach Ansicht des Verordnungsgebers ein hydraulischer Abgleich möglich und sinnvoll ist. So sind Heizungsanlagen von der Verpflichtung befreit, wenn bereits ein hydraulischer Abgleich stattgefunden hat, ein Heizungsaustausch oder eine Wärmedämmung bevorsteht oder das Gebäude umgenutzt oder stillgelegt werden soll.

 

Umsetzungspflicht von Energiemanagementsystemen für energieintensive Unternehmen


§ 4 Absatz 1 EnSimiMaV verpflichtet Unternehmen, alle „konkret identifizierten und als wirtschaftlich durchführbar bewerteten Maßnahmen” aus

  • Energieaudits nach § 8 des Gesetzes über Energiedienstleistungen (EDL-G),
  • anderen Energieeffizienzmaßnahmen sowie im Rahmen eines Energie- oder Umweltmanagementsystems nach § 8 Absatz 3 Nr. 1 und Nr. 2 EDG-L und
  • anderen Energieeffizienzmaßnahmen innerhalb von 18 Monaten umzusetzen.


Die Beurteilung, ob eine Maßnahme „wirtschaftlich durchführbar ist” bestimmt sich nach der DIN EN 17463, Ausgabe Dezember 2021 und gilt, wenn sich nach maximal 20 Prozent der Nutzungsdauer, begrenzt auf einen Bewertungszeitraum von maximal 15 Jahren, ein positiver Kapitalwert ergibt. Mit § 4 Absatz 2 werden Unternehmen dazu verpflichtet, umgesetzte und nicht umgesetzte Maßnahmen durch Zertifizierer, Umweltgutachter oder Energieauditoren zu bestätigen.


Ausnahmen gelten gemäß § 4 Absatz 3 EnSimiMaV ausschließlich für nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) genehmigungsbedürftige Anlagen, soweit für sie speziellere Energieeffizienzmaßnahmen gelten. Eine solche speziellere Energieeffizienzmaßnahme könnte zum Beispiel bestehen, wenn eine entsprechende Energieeffizienzverordnung nach § 7 BImSchG besteht bzw. erlassen wird.


Zudem gelten Ausnahmen für Unternehmen, deren durchschnittlicher jährlicher Gesamtenergieverbrauch innerhalb der letzten drei Jahre weniger als 10 Gigawattstunden betragen hat (§ 4 Absatz 4 EnSimiMaV).

 

  • Auf viele Unternehmen dürfte aufgrund der neuen Pflichten ein erheblicher Ermittlungs- und Umsetzungsaufwand zukommen.
  • Wir empfehlen zunächst umgehend zu prüfen, ob die neuen Pflichten für das eigene Unternehmen gelten oder ob im Einzelfall Ausnahmen greifen. Sofern die Ausnahmetatbestände im Einzelfall nicht zutreffen, ist sofortiges Handeln geboten, da die Umsetzungsfristen der EnSimiMaV knapp bemessen sind.

 

Alles in allem treffen sowohl Versorger als auch Wirtschaftsunternehmen nicht zu unterschätzende Pflichten nach der EnSiKuMaV und der EnSimiMaV. Die Beurteilung sämtlicher Voraussetzungen durch die Aufsichtsbehörden bzw. durch Gerichte kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden.


Ausnahmen von beiden Energieeinsparverordnungen sind stets im konkreten Einzelfall zu prüfen.
Bei sämtlichen Fragen zu Auswirkungen der EnSiKuMaV und der EnSimiMaV auf Ihr Geschäftsfeld und Ihrem rechtlichen Prüfungsbedarf stehen wir Ihnen beratend zur Seite.

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Siglinde Czok

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