BGH verbietet Etikettenschwindel bei Lebensmitteln

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Lebensmittelverpackungen dürfen keine Inhaltsstoffe abbilden, die sie nicht enthalten. Ein solcher Etikettenschwindel wird auch nicht von der korrekten Darstellung im rechtlich vorgeschriebenen Zutatenverzeichnis aufgefangen. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem am 2. Dezember 2015 veröffentlichten Grundsatzurteil entschieden (Az.: I ZR 45/13). Er folgte damit dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), der schon am 4. Juni entsprechende Vorgaben für die Darstellung auf den Produkthüllen gemacht hatte (Az.: C 195/14).
 

Hintergrund ist die Klage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen gegen den „Himbeer-Vanille-Abenteuer"-Früchtetee der Firma Teekanne. Auf der Produktverpackung wurden Himbeeren und eine Vanilleblüte gezeigt, obwohl der Tee weder Himbeeren noch Vanille oder deren natürliche Aromen enthielt. Damit werde der Verbraucher in die Irre geführt, stellen die Karlsruher Richter klar.
 

„Das Urteil gibt der Lebensmittelindustrie klare Vorgaben”, erklärt die Lebensmittelrechtsexpertin Dr. Barbara Klaus von Rödl & Partner. „Eine Verpackung darf keine Eigenschaften oder Inhalte vorgaukeln, die das Produkt in Wirklichkeit nicht hat. Die bisherige Rechtsprechung des EuGH, nach der Verbraucher das Verzeichnis der Zutaten lesen, wird insofern fortentwickelt, als missverständliche Angaben, egal ob es sich um Bilder oder Textaufdrucke handelt, jedoch nicht automatisch durch die Zutatenliste geheilt werden.”
 

Das Urteil bestätigt und konsolidiert damit die bestehende Rechtsprechung des EuGH, der deutschen Gerichte und der Gerichte und der Überwachungspraxis anderer EU-Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Frage, worauf bei der Beurteilung, ob eine Etikettierung den Käufer irreführen kann, zu achten ist. Der EuGH hatte bereits vor dem Urteil vom 4. Juni 2015 die Ansicht vertreten, dass hauptsächlich auf die mutmaßliche Erwartung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist, die dieser in Bezug auf das betreffende Lebensmittel hegt. Dabei kommt es darauf an, dass der Verbraucher nicht zu der irrtümlichen Annahme verleitet wird, dass das Erzeugnis eine andere Eigenschaft als in Wirklichkeit hat.
 

Allerdings hatten die Luxemburger Richter in ihrer „Darbo”-Entscheidung vom 4. April 2000 (C 465/98, Rn. 22) darauf hingewiesen, dass Verbraucher, die sich bei der Kaufentscheidung nach der Zusammensetzung des Erzeugnisses richten, zunächst das Verzeichnis der Zutaten lesen, dessen Angabe zwingend vorgeschrieben ist. Das hat einige Unternehmen dazu verleitet, überzogene oder zumindest missverständliche Auslobungen für ihre Produkte zu machen. Begründet wurde deren angebliche Zulässigkeit mit dem Argument, der Verbraucher lese ja in jedem Fall das Zutatenverzeichnis, das über die tatsächlichen Eigenschaften informiere.
 

Dieser in der Tat nicht korrekten Argumentation hat zuerst der EuGH im Urteil vom 4. Juni 2015 und  am 2. Dezember 2015 der BGH zu Recht eine gründliche Absage erteilt. Kernaussage dieser beiden Urteile ist, dass wenn andere Elemente in der Etikettierung, so z.B. Claims und Abbildungen, die sich auf ein Lebensmittel beziehen und die auf dessen Verpackung angebracht sind, unwahr, falsch, mehrdeutig, widersprüchlich oder unverständlich sind und deshalb einen falschen oder missverständlichen Eindruck des Verbrauchers bezüglich der Eigenschaften eines Lebensmittels hervorrufen, dies als irreführend und damit unzulässig einzustufen ist und dieser Eindruck dann nicht allein vom Zutatenverzeichnis „berichtigt” werden kann.
 

zuletzt aktualisiert am 03.12.2015​

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Dr. Barbara Klaus

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