Kommunale Wärmeplanung- Umsetzung im überragenden öffentlichen Interesse

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​​​​​veröffentlicht am 01. Juni 2023

 

Die kommunale Wärmeplanung nimmt Fahrt auf. Nachdem die bundesweite Einführung einer verbindlichen kommunalen Wärmeplanung bereits Teil des Koalitionsvertrages ist, veröffentlichte das BMWK im Juli 2022 ein Diskussionspapier, in dem ein erstes Konzept für die flächendeckende Einführung der kommunalen Wärmeplanung auf Bundesebene dargestellt wurde. Ein Gesetzesentwurf war bereits für Ende 2022 angekündigt – nun liegt uns der Referentenentwurf der Bundesregierung über ein „Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze“ (Wärmeplanungsgesetz, WPG - Stand 03.05.2023) vor.

 

Deutschland hat es sich zum Ziel gesetzt, bis 2045 klimaneutral zu werden. Dafür muss auch der Wärmesektor, der heute noch zu einem großen Teil auf fossile Energieträger baut, innerhalb der nächsten 22 Jahre dekarbonisiert werden. Höchste Zeit für die Wärmewende, Fahrt aufzunehmen. Mit dem Wärmeplanungsgesetz möchte der Gesetzgeber nun entscheidende Weichen stellen. In der Begründung zum Referentenentwurf wird der Umbau der Wärmeversorgung in Richtung Klimaneutralität als „die absolute Königsdisziplin“ der Energiepolitik bezeichnet. Passend dazu wird bereits in § 2 Abs. 3 WPG klargestellt, dass die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von Wärme aus erneuerbaren Energien, die in ein Wärmenetz gespeist wird, den dazugehörigen Nebenanlagen sowie von Wärmenetzen im überragenden öffentlichen Interesse liegen und der öffentlichen Sicherheit dienen. Bereits im Rahmen des Osterpaketes 2022 hatte der Gesetzgeber mit Art. 1 des Gesetzes „zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor“ (EEGAusbGuEnFG) § 2 des Erneuerbaren Energiegesetztes (EEG) neu gefasst und geregelt, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien im überragenden öffentlichen Interesse stehe und der öffentlichen Sicherheit diene. (Wir berichteten: Welche Bedeutung hat das „überragende öffentliche Interesse“ für den beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien?)

 

Mit der korrespondierenden Regelung in § 2 WPG soll nun auch für den Wärmesektor sichergestellt werden, dass im Rahmen von behördlichen oder sonstigen Abwägungsentscheidungen der Wärme aus erneuerbaren Energien grundsätzlich der Vorrang eingeräumt wird – eine Abwägung der betroffenen Belange erübrigt sich dadurch gleichwohl nicht.

 

Nachfolgend möchten wir Sie zunächst über die vorgesehenen Inhalte der Wärmepläne informieren. In einem weiteren Artikel werden wir in Kürze die Anforderungen des WPG an Wärmenetze (Teil 3 des WPG) beleuchten und uns mit den Auswirkungen des WPG auf bestehende (Fern-) Wärmenetze auseinandersetzen.

 

In den allgemeinen Bestimmungen (Teil 1 des WPG) wird zunächst in § 2 das grundsätzliche Ziel formuliert, den Anteil von Wärme aus erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme und thermischer Abfallbehandlung in Wärmenetzen deutlich zu steigern. Bis 2030 soll der ihr Anteil an der Wärmeversorgung 50 Prozent betragen. Wärmenetze müssen bis spätestens Ende 2045 vollständig klimaneutral sein. Um diese ambitionierten Ziele zu erreichen, sollen die Länder gem. § 4 Abs. 1 WPG verpflichtet werden, sicherzustellen, dass auf ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet Wärmeplanungen nach Maßgabe des WPG durchgeführt werden. Der Referentenentwurf sieht in § 5 Umsetzungsfristen vor, wonach für Gebiete, in denen mehr als 100.000 Einwohner gemeldet sind, bis spätestens 31. Dezember 2026 zu erstellen sind. Für Gebiete mit mehr als 10.000 Einwohnern sollen Wärmepläne bis spätestens 31. Dezember 2028 erstellt werden.

 

Wie bereits in der Vorbereitung auf das Gesetz angenommen, sind Normadressaten und damit im ersten Schritt Verpflichtete die Bundesländer. Diese sollen gemäß § 4 Abs. 2 WPG die für die Erfüllung der Aufgaben nach Teil 2 des Gesetzes (Wärmeplanung und Wärmepläne) verantwortlichen Rechtsträger (planverantwortliche Stellen) durch Rechtsverordnung festlegen. Teil 2 des WPG (Wärmeplanung und Wärmepläne) ist in mehrere Abschnitte unterteilt, die neben der grundlegenden Pflicht zur Wärmeplanung (Abschnitt 1) insbesondere Regelungen zum Gegenstand der Wärmeplanung, zur Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange sowie zur Berücksichtigung von Energieinfrastrukturplanungen und übergeordneten Strategien und Plänen beinhalten (Abschnitt 2). Darüber hinaus sieht der Referentenentwurf umfangreiche Regelungen zur Datenverarbeitung durch die planungsverantwortlichen Stellen vor (Abschnitt 3) und regelt die Durchführung der Wärmeplanung (Abschnitt 4) vor. So soll die Wärmeplanung gem. § 15 WPG verschiedene Bestandteile umfassen, zu denen neben der Bestands- und Potenzialanalyse die Entwicklung und Beschreibung eines Zielszenarios, die Entwicklung von Meilensteinen und Versorgungsoptionen sowie die Entwicklung konkreter Umsetzungsmaßnahmen zählen soll:

 

  • Die Bestandsanalyse (§ 16 WPG) dient dabei der Beschreibung des Status Quo und umfasst u.a. die Ermittlung des derzeitigen Wärmeverbrauchs, der eingesetzten Energieträger sowie der derzeitigen Wärmeerzeugungs- und Infrastrukturanlagen. Die Erfassung soll möglichst auf Basis gebäudescharfer Daten erfolgen. Um eine breite und zuverlässige Datenbasis zu gewährleisten, sieht das WPG Auskunftspflichten öffentlicher und privater Stellen vor (u.a. Netzbetreiber, Industrieunternehmen oder Bezirksschornsteinfeger).
  • Im Rahmen der Potenzialanalyse (§ 17 WPG) ermittelt die planungsverantwortliche Stelle alle vorhandenen Potenziale zur Erzeugung und Nutzung von Wärme aus erneuerbaren Energien und unvermeidbarer Abwärme, sowie das Potenzial zur Energieeinsparung. Die Ausweisung der Potenziale soll eine erste quantitative Abschätzung ermöglichen, welche Wärmequellen und Technologien in welchem Umfang jeweils konkret genutzt werden können (z.B. oberflächennahe oder Tiefengeothermie, Umweltwärme, Abwasser, Solarenergie, biogene Rest- und Abfallstoffe, unvermeidbare Abwärme).
    Die Ergebnisse werden für das jeweils zu betrachtende Gebiet zusammengefasst. Je nach Technologie bzw. Energiequellen sieht der Referentenentwurf des WPG weitere Detailplanungen vor. Die Analyse muss mindestens auf Basis des technischen Potenzials basieren.
  • In einem Zielszenario (§ 18 WPG) soll sodann die langfristige Entwicklung des gesamten Gebietes hin zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung 2045 anhand übergeordneter Indikatoren beschrieben werden. Dabei hat das auf Basis der Bestands- und Potenzialanalyse zu entwickelnde Zielszenario für relevante Indikatoren Zwischenwerte für die Jahre 2030, 2035 und 2040 anzugeben. Das Ergebnis, bzw. der finale Wärmeplan enthält neben dem Zielszenario die daraus abgeleiteten konkreten Umsetzungsmaßnahmen, eine Meilensteinplanung sowie die Versorgungsoptionen 2045.

 

– In der Meilensteinplanung (§ 19 WPG) soll für verschiedene Betrachtungszeitpunkte dargestellt werden, welche Teilgebiete des beplanten Gebiets bis zum jeweiligen Betrachtungszeitpunkt durch eine bestimmte, besonders geeignete Art der Wärmeversorgung erschlossen werden sollen.

 

– Die Versorgungsoptionen 2024 (§ 20) sollen auf Basis einer Vorprüfung aufzeigen, aus welchen Elementen eine Wärmeversorgung innerhalb des beplanten Gebietes spätestens im Jahr 2024 bestehen könnte.

 

– Schließlich soll mithilfe individueller Umsetzungsmaßnahmen (§ 21) ein konkreter Beitrag zur Wärmewende geleistet werden. Einige Bundesländer haben ihre Kommunen bereits über landesrechtliche Regelungen zur kommunalen Wärmeplanung verpflichtet. Für Kommunen, die bereits einen Wärmeplan erstellt haben oder bis zum Inkrafttreten des WPG mitten im Prozess stehen, sieht der Referentenentwurf Übergangsregelungen vor. Sofern Wärmepläne, die inhaltlich weitestgehend den Anforderungen des WPG entsprechen, werden voraussichtlich anerkannt. Allerdings gilt für alle Wärmepläne die Vorgabe der Fortschreibung in einem Intervall von 5 Jahren. Spätestens dann müssen auch bestehende Wärmepläne ggf. auf die Vorgaben des WPG angepasst werden.

 

Der Gesetzesentwurf zeigt, dass auch der Gesetzgeber den Ernst der Lage erkannt hat und in der Wärmeversorgung dringenden Handlungsbedarf sieht. Natürlich ist eine Wärmeplanung zunächst nur eine rein strategische Planungsgrundlage, deren Umsetzung erst den Erfolg garantiert.

 

Sicher ist bereits jetzt, dass die bevorstehende bundesweite Pflicht die betroffenen Kommunen vor große Herausforderungen stellen wird. Es empfiehlt sich, möglichst frühzeitig mit den Vorbereitungen zu beginnen, Personal aufzubauen und den Markt nach geeigneten Partnern zu sondieren. Denn, die Wärmewende ist nur gemeinsam zu meistern.

 

Sollten Sie Fragen zum Referentenentwurf oder zur Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung vor Ort haben, stehen Ihnen unsere Expert*innen zur Verfügung. 

Des Weiteren empfehlen wir Ihnen unser Webinar „Kommunale Wärmeplanung – Erste Ergebnisse und Schritte zur Umsetzung der Wärmewende vor Ort” am 26. Juni 2023.

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