Der lange Weg des GEG: Klimaschutzgesetz als energiepolitisches Hemmnis für konkreten Klimaschutz

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Autoren: Joachim Held und André Rosner 

 

Nach über 2 Jahren Gesetzgebungsverfahren scheint das BMWi einen neuen Anlauf zu nehmen, doch noch ein formelles Gesetzgebungsverfahren für das Gebäudeenergiegesetz (GEG) einzuleiten. Dennoch ist der weitere Weg, neue Inhalte zur Einleitung einer Trendwende gegen die zunehmenden Klimaerwärmung durch CO2-Emissionen des Gebäudesektors und selbst die Erreichung eines Minimalkonsens zum Bürokratieabbau durch Vereinheitlichung vorhandener Gesetze bei der Novellierung des Energieeinsparrechts und des Erneuerbare Energien Wärme Gesetz durch das GEG immer noch weitgehend ungewiß. Jedenfalls wurde jetzt bekannt, dass der Versuch einer sachgerechteren Ermittlung des Primärenergiefaktors für Fernwärme nunmehr wieder aufgegeben worden sein.

 

Verzögerungen im Gesetzgebungsverfahren zum GEG


Seit über 2 Jahren tritt der Gesetzgeber mit dem bereits am 23.01.2017 erstmals als „Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung Erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden“ veröffentlichten Vorhaben, das Energieeinspargesetz (EnEG) mit der Energieeinsparverordnung (EnEV) und das Erneuerbare Energien Wärme Gesetz (EEWärmeG) mit der umweltpolitischen Zielsetzung des Klimaschutzes durch Energieeinsparung und Dekarbonisierung in der Gebäudeenergieversorgung zu vereinheitlichen, auf der Stelle. Zwar hat der Gesetzgeber in der aktuellen Legislaturperiode mit dem inzwischen am 01.11.2018 als „Gesetz zur Vereinheitlichung des Energieeinsparrechts für Gebäude“ – kurz „Gebäudeenergiegesetz“ oder „GEG“ – bezeichneten Regierungsentwurf einen neuen Anlauf gestartet.


Nach den ursprünglichen Planungen hätte das Gesetz im Januar im Bundeskabinett beschlossen werden sollen und auch eine Verschiebung auf April ist nicht eingehalten worden. Das Gesetzgebungsvorhaben ist von Anfang an von Unstimmigkeiten zwischen Bundesumweltministerium (BMU) und Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) geprägt. Dabei stehen Forderungen nach konkreten Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele in Konflikt mit den wohnungsbau- und sozialpolitischen Zielen niedriger Bau- und Wohnungskosten. Das BMU hat im Februar 2019 zudem den Entwurf eines Klimaschutzgesetzes als Rahmengesetz zur Erzwingung klimapolitischer Maßnahmen durch alle Ressorts vorgelegt, der im BMWi auf breite Ablehnung stößt. Insofern wird vermutet, dass diese Ablehnung ein weiterer Grund für die Verzögerungen des Gesetzgebungsverfahrens zum GEG ist.


Kritik zum bisherigen Entwurf


Nach aktuellen öffentlichen Stellungnahmen von Vertretern von Union und SPD wird es mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) nunmehr doch keinen Methodenwechsel bei den Primärenergiefaktoren für die Fernwärme geben. Im Entwurf der Bundesregierung war noch der Wechsel auf die sogenannte Carnot-Methode enthalten gewesen, um den Energieaufwand zur Erzeugung von Fernwärme und damit die CO2-Emissionen sachgerechter abbilden zu können. Ein nach der Einschätzung von Experten hieraus resultierender zu günstiger Primärenergiefaktor für fossil erzeugte Fernwärme gilt als Hindernis für die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung durch dezentrale regenerative Wärmeerzeugungstechnologien und Energieeinsparmaßnahmen, da die Fernwärme dann immer die wirtschaftlichere Maßnahme zur Erfüllung der Pflichtvorgaben des EEWärmeG ist und das sog. „Verschlechterungsverbot“ der EnEV (im Widerspruch zum regenerative Anpassungsanspruch aus § 3 Satz 3 AVBFernwärmeV) eine Umstellung auf dezentrale regenerative Wärmeerzeugungssysteme unmöglich macht.
Trotz umfassender Überlegungen zu einer Härten vermeidenden Übergangsregelung in den betroffenen Verbänden hatten Kraftwerksbetreiber den Schritt kritisiert. "Das Resultat wäre eine massive Erhöhung des Primärenergiefaktors bei Fernwärme-Bestandsnetzen ab 2021", hatte der Vorstand eines großen Kohle-KWK-Wärmenetzbetreibers in einem Presse-Interview betont. Dabei ist auch in umweltpolitischer Hinsicht umstritten, ob Fernwärme gegenüber individuellen Dämmmaßnahmen und dezentralen regenerativen Wärmeversorgungssystemen nicht über eine Pflicht zur Dekarbonisierung den größeren und kurzfristigeren Hebel zur Dekarbonisierung des Gebäudesektors bieten könnte. Vor diesem Hintergrund sind die aktuellen Verhandlungen zum Kohleausstieg, bei dem gerade auch für die von zentralen Kohle-KWK-Erzeugungseinheiten geprägten Kohle-Fernwärmesysteme der neuen Bundesländer, des Ruhrgebiets und des Saarlandes alternative Wärmeerzeugungssysteme geschaffen werden müssen, die Diskussionen zur Förderung regenerativer Wärmenetze über das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz und zur steuerlichen Entlastung energetischer Sanierungen von besonderer Bedeutung.
Ein anderer Grund hierfür könnte auch das Fördermittelrecht gewesen sein: Viele Förderprogramme des sozialen Wohnungsbaus und der energetischen Sanierung knüpfen die Gewährung zinsvergünstigter Kredite und von Zuschüssen an die Einhaltung bestimmter Primärenergiefaktoren, sodass eine Verschlechterung durch eine Änderung der Ermittlungsmethode zu Rückforderungsansprüchen der Fördermittelbehörden führen könnte. Insofern könnte eine Veränderung der Ermittlungsmethodik Sprengstoff für milliardenschwere Förderbudgets sein.

 

Wie geht es weiter?


Nun soll weiterhin die Strom-Gutschriftmethode gelten. Damit ist aber eine der wenigen inhaltlichen Neuerungen, die über eine bloße formale Zusammenführung der bestehenden Vorschriften des EnEG, der EnEV und des EEWärmeG hinausgehen, wieder aufgegeben. Das Bundeswirtschaftsministerium kündigte nun auf den Berliner Energietagen an, der Bundesregierung bis Ende Mai 2019 einen neuen Referentenentwurf zur Einleitung des offiziellen Gesetzgebungsverfahrens vorzulegen. Der Energiestaatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Andreas Feicht, sagte erst einige Tage früher  einer VKU-Veranstaltung,  es gebe noch erhebliche Diskussionen mit dem Bundesumweltministerium zum Referentenentwurf. Selbst wenn trotz der widersprüchlichen Ankündigungen dennoch eine kurzfristige Ressorteinigung gelungen sein sollte, werden die bestehenden Interessengegensätze spätestens mit der Beteiligung des Bundesrats wieder zu Tage treten, sodass auch im eigentlichen Gesetzgebungsverfahren mit einem schwierigen Einigungsprozess zu rechnen ist.
Trotz eines aktuellen Vorstoßes des Bauministers Horst Seehofer und der Immobilienverbände zum Thema steuerliche Absetzbarkeit von Kosten – und damit zu einer mittelbaren Förderung - der dezentralen energetischen Gebäudesanierungen, war auch diese seit langem von allen Fachleuten als zweckmäßig eingestufte Maßnahme bisher am Streit zwischen CDU-geführtem Bundesfinanzministerium, SPD geführtem Umweltministerium gescheitert. Dass das CSU-geführte Bauministerium hierzu nun noch weitgehend unkonkrete Vorschläge im sog. „Klimakabinett“ ankündigt, ist ein weiterer Anlass für Zweifel an der energiepolitischen Handlungsfähigkeit der aktuellen Bundesregierung.
Insofern ruhen zur Zeit große Hoffnungen auf einen Durchbruch bei dem Thema CO2-Bepreisung. Immerhin besteht hier (noch) ein koalitionsinterner Konsens für die Notwendigkeit eines derartigen Paradigmenwechsels – bleibt zu hoffen, dass den Strompreisbremsern nicht auffällt, dass die „CO2-Bepreisung“ in der Vergangenheit als „CO2-Steuer“ diskutiert wurde und sich das Ziel des Klimaschutzes auch durch eine Umetikettierung als „CO2-Bepreisung“ nicht kostenlos zu haben sein wird.  

 

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