Die Einzelheiten der Verschärfung des europäischen Lieferkettengesetzes und die Auswirkungen auf die Gesundheits- und Sozialwirtschaft

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veröffentlicht am 31. Januar 2024


Die vorläufige Einigung von Rat und dem europäischen Parlament für das Lieferkettengesetz geht im Anwendungsbereich sowie im Bereich der zivilrechtlichen Haftung über die des deutschen Lieferkettengesetzes hinaus. Damit würden zeitnah auch Unternehmen ab 250 Beschäftigten und mit einem jährlichen Umsatz von 150 Millionen Euro aus der Gesundheits- und Sozialwirtschaftsbranche von den Sorgfaltspflichten für die Umwelt- und Menschenrechtsstandards betroffen. Bei Nicht-Beachtung der Pflichten drohen Klagen und Bußgelder. Deutsche Wirtschaftsverbände wollen sich gegen die Verschärfungen wehren.


Wie bereits in unserem Newsticker vom 15.12.2023 berichtet, hat sich die EU vorläufig auf ein verschärftes Lieferkettengesetz geeinigt.


Der Rat und das europäische Parlament haben damit den Grundstein für die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) geschaffen, die auch Auswirkungen auf das am 1.1.2023 in Kraft getretene deutsche Lieferkettengesetz haben wird. Dadurch sollen Menschen- und Umweltstandards entlang der Lieferkette geschützt werden.


Die europäische Regelung weitet den Anwendungsbereich des deutschen Gesetzes aus, indem sie Unternehmen ab 500 Beschäftigten und einem weltweiten Netto-Jahresumsatz von 150 Millionen Euro umfasst. Damit geht sie deutlich weiter als das deutsche Lieferkettengesetz, welches ab dem 1.1.2024 für Unternehmen ab 1.000 Beschäftigte einschlägig ist. EU-Unternehmen, die in einem Bereich mit hohem Schadenspotenzial agieren, (der voraussichtlich Bereiche in Sektoren wie Textil, Nahrungsmittel und Mineralien betrifft) sollen künftig bereits mit mindestens 250 Mitarbeitenden und einem weltweiten Nettoumsatz von 40 Millionen Euro von der europäischen Regelung erfasst werden. Ob unter die Sektoren mit hohem Schadenspotenzial auch Unternehmen aus der Gesundheits- und Sozialwirtschaftsbranche fallen sollen, wird die Veröffentlichung der finalen Vorschriften zeigen.

Für Nicht-EU Unternehmen sollen die strengeren Regelungen ab einem Nettoumsatz von 150 Millionen Euro in der EU anwendbar sein. Zunächst war in der Pressemittelung des Rats der EU von einem Nettoumsatz von 300 Millionen Euro zu lesen; dieser Betrag wurde jedoch mittlerweile korrigiert.1

Die europäische Einigung rückt daneben im Vergleich zum deutschen Lieferkettengesetz den Schutz der Umwelt (noch) mehr in den Fokus. Die Sorgfaltspflichten betreffen die gesamte Aktivitätskette und vorgelagerte Geschäftspartner sowie teilweise nachgelagerte Tätigkeiten wie Vertrieb oder Recycling.

Eine der bedeutendsten Änderungen, auch für Unternehmen aus der Gesundheits- und Sozialwirtschaftsbranche ist, dass nun auch zivilrechtliche Haftungen erfolgen können. So können Geschädigte (inklusive Gewerkschaften und NGOs) die Unternehmen aufgrund von Missständen und der Nichtbeachtung der Sorgfaltspflichten verklagen. Dazu sollen sie fünf Jahre Zeit haben. Außerdem werden Grenzen für die Offenlegung von Beweismitteln, Unterlassungsmaßnahmen und die Verfahrenskosten für die Klägerinnen und Kläger gesetzt.
 
Ab dem Jahresbeginn 2024 sind nach der deutschen Regelung alle Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitende von dem Gesetz betroffen (seit dem 1.1.2023 für Unternehmen ab 3.000 Mitarbeitende).
 
Die geplanten Verschärfungen stoßen auf Kritik. Wirtschaftsverbände fordern dazu auf, das EU-Lieferkettengesetz mit seinen Verschärfungen zu stoppen. Kritisiert wird die Überforderung der Unternehmen, im Besonderen aus dem Mittelstand und die Gefahr des Rückzugs europäischer Firmen aus vielen Ländern. Eine Enthaltung von Deutschland bei der Abstimmung im Rat könnte dazu führen, dass eine Mehrheit nicht zustande kommt und die europäische Regelung scheitert.
 
Sollte die erforderliche Mehrheit erreicht werden, hätte Deutschland nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens zwei Jahre Zeit, die Vorgaben in nationales Recht umzusetzen.
 

Wir werden das weitere Verfahren beobachten und Sie auf dem Laufenden halten.





Quelle:

1 Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit: Rat und Parlament erzielen Einigung zum Schutz der Umwelt und der Menschenrechte - Consilium (europa.eu)


AUTORINNEN

​Carina Richters​
 Co-Autorin: Pauline Rauch




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