Die Voraussetzungen für anonyme Meldungen innerhalb eines Hinweisgebersystems

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​veröffentlicht am 31. Januar 2023

 

Lange erwartet und inhaltlich viel diskutiert und spekuliert: Der Bundestag hat am 16. Dezember 2022  nach zweiter und dritter Lesung das neue Gesetz zum Hinweisgeberschutz verabschiedet. Nach passieren des Bundesrates – voraussichtlich am 10.02.2023 – wird aktuell mit einem Inkrafttreten ab Mai 2023 gerechnet. Betroffene Unternehmen haben dann drei Monate Zeit, ein entsprechendes Hinweisgebersystem im Betrieb zu integrieren. Es gilt jedoch noch eine weitere Frist. Im Gegensatz zum Regierungsentwurf sieht das verabschiedete Gesetz nun doch vor, dass anonyme Meldungen möglich sein müssen. Hierfür gilt eine Übergangsfrist bis zum 01.01.2025.


Warum wir gerade im Bereich des Gesundheitssektors die Möglichkeit von anonymen Meldungen bereits vor der gesetzlichen Verpflichtung empfehlen und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit eine Meldung wirklich anonym ist, erläutern wir Ihnen nachfolgend.

 

Bereits in vorherigen Artikeln berichteten wir über aus unserer Sicht vorhandene Kritikpunkte in dem Referenten- und Gesetzesentwurf. Unter anderem haben wir kritisiert, dass anonyme Meldungen demnach nicht zwingend möglich sein mussten. Der Referentenentwurf sah sogar vor, dass diese nicht einmal bearbeitet werden müssen.


In der finalen Fassung ist dieser Punkt nunmehr geändert. Ab dem 01.01.2025 ist demnach die Möglichkeit anonymer Meldungen zwingend vorgeschrieben. Wir haben unseren Mandanten unabhängig von einer gesetzlichen Verpflichtung die Implementierung von Möglichkeiten anonymer Meldungen schon immer empfohlen. Gerade im Gesundheitssektor herrscht durch den Fall Brigitte H. eine nicht zu unterschätzende Angst bei Arbeitnehmern vor etwaigen Konsequenzen, wenn sie auf Missstände hinweisen. Der Altenpflegerin wurde seinerzeit gekündigt, nachdem sie eine Meldung – nicht anonym  – bei ihrem Arbeitgeber abgesetzt hatte. Vor dem europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erhielt sie zwar zuletzt Recht und ihre Kündigung wurde für unzulässig erklärt. Die Odyssee bis zu diesem Urteil dürfte jedoch abschreckende Wirkung haben. Für den Arbeitgeber ist es mit Blick auf eine gute Corporate Governance äußerst wichtig sehr frühzeitig Erkenntnisse über etwaige Missständen zu erhalten. Dies gewährleistet eine frühzeitige und vor allem proaktive Reaktionsmöglichkeit.

 

Aber ab wann und in welchem Umfang ist eine Meldemöglichkeit wirklich als anonym einzustufen ? Das einfache Email-Postfach dürfte diese Voraussetzungen nicht erfüllen. Denkbar ist natürlich auch ein Papierbriefkasten, in dem anonyme Hinweise eingehen können. Unabhängig davon, dass ein solcher Meldekanal in der heutigen Zeit nicht mehr state of the art sein dürfte, birgt dieser das weitere Risiko, dass dem Hinweis nur schwer nachgegangen werden kann, weil in der Regel keine Rückfragemöglichkeiten bestehen.


Die weit überlegene Lösung stellt wohl ein elektronischer Hinweisgeberkanal dar, über den  Meldung abgegeben werden können. Wenn der Hinweisgeber auf dem Portal eine Fall-ID erhält und sich selbst ein Passwort setzen kann, dann kann er sich mit diesen Daten zu einem späteren Zeitpunkt trotz vollständiger Anonymität wieder einloggen. Dadurch kann das Unternehmen auch mit anonymen Hinweisgebern kommunizieren und etwaige Nachfragen stellen.


Fraglich ist in diesem Zusammenhang jedoch, ob ein solcher Meldekanal auch dann anonym ist, wenn er auf den Servern des Arbeitgebers liegt? Sofern der Kanal aus dem Unternehmensnetzwerk heraus aufgerufen wird, wird aus Sicht des hinweisgebenden Arbeitnehmers nie ganz auszuschließen sein, dass der Arbeitgeber versuchen könnte, ihn mit Hilfe einer IP-Identifikation zu identifizieren und damit seine scheinbare Anonymität zu untergraben. Es bleibt hier abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung dazu äußern wird. Nach unserer Ansicht könnten durch diese Möglichkeit die Voraussetzung für einen anonymen Meldekanal nicht erfüllt sein. Um insoweit dem Gesetz Rechnung zu tragen und dem Hinweisgeber gleichzeitig diese Sicherheit auch ohne „Hintertür“ zu gewährleisten, sollte der Meldekanal daher auf einem externen Server angesiedelt sein.


Sie möchten wissen, welche weiteren Voraussetzungen für eine rechtssichere Einrichtung eines Hinweisgebers erfüllt sein müssen oder sind an einer Komplettlösung für die Einrichtung eines Hinweisgebersystems und das professionelle Management eingehender Hinweise interessiert?
Nehmen Sie Kontakt zu uns auf, wir beraten Sie gerne.

 



Autoren

​Carina RichtersChristoph Naucke

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Norman Lenger-Bauchowitz, LL.M.

Mediator & Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachberater für Restrukturierung & Unternehmensplanung (DStV e.V.)

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