Early Tax Birds 4/2024: Fristen zur Abgabe der AStG-Erklärung und Neuigkeiten zur Mindeststeuer

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​Ausgabe 4/2024 (17. Juni – 23. Juni 2024)
​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 24. Juni 2024 | Lesedauer ca. 6 Minuten
Liebe Leserinnen und Leser, liebe Freunde von Rödl & Partner,

heute findet bereits die vierte Ausgabe unseres Early Tax Birds-Newsletters den Weg in Ihr digitales Postfach. Der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ beim Bundesministerium der Finanzen erstellte vom 14. bis zum 16. Mai 2024 auf Basis der Frühjahrsprojektion der Bundesregierung seine turnusmäßige Vorausschätzung der Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden für die Jahre 2024 bis 2028. Der Arbeitskreis geht auf Basis des zum Schätzungszeitpunkt geltenden deutschen Steuerrechts von einem sukzessiven Anstieg der Steuereinnahmen von fast schon unglaublichen rund 916 Mrd. Euro im Jahr 2023 auf rund 1.110 Mrd. Euro im Jahr 2028 aus. Wäre diese positive Zukunftsprognose nicht der richtige Zeitpunkt für Steuerentlastungen und Steuervereinfachungen? Zumindest zu Letzterem lässt sich auf Basis der in der heutigen Ausgabe zusammengefassten Meldungen und Neuerungen zum Steuerrecht sagen: Steuervereinfachungen werden wohl Illusion bleiben.

Wenn Ihnen der Newsletter gefällt, sagen Sie es gerne w​eiter​ – wenn er Ihnen nicht gefällt, sagen Sie es besser nur uns. Über Anregungen und Kritik freuen wir uns. Schreiben Sie dazu gerne eine E-Mail an: earlytaxbirds@roedl.com​.

Beste Grüße
Prof. Dr. Florian Haase und das Redaktionsteam
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​Neues aus der Finanzverwaltung 

Verlängerung der Fristen zur Abgabe der Feststellungserklärungen und Anzeigen nach § 18 AStG für das Feststellungsjahr 2022

Aufgrund der umfassenden Änderungen der Regelungen zur Hinzurechnungsbesteuerung nach den §§ 7 ff. AStG durch das ATAD-Umsetzungsgesetz und der infolgedessen erfolgten Neufassung der amtlichen Vordrucke werden die Fristen für die Abgabe der Erklärungen zur gesonderten und ggf. einheitlichen Feststellung nach § 18 Abs. 1 bis 3 AStG und zur Anzeige eines erfüllten Motivtests nach § 8 Abs. 2 AStG verlängert. 

Für das Feststellungsjahr 2022 wird sowohl für die nicht beratenen Fälle als auch für die beratenen Fälle die Frist zur Abgabe von Amts wegen auf den 31. Oktober 2024 verlängert. Eines gesonderten Antrags auf Fristverlängerung bedarf es insoweit nicht. Erfreulicherweise wurde mit demselben BMF-Schreiben nun auch verkündet, dass die angepassten Vordrucke in Kürze veröffentlicht werden sollen. 

Neue Anleitung zur Umsatzsteuererklärung 2024

Mit BMF-Schreiben vom 17. Juni 2024 hat das BMF eine neue Anleitung für die Umsatzsteuererklärung 2024 veröffentlicht, die auch für den bestehenden Vordruck der Erklärung genutzt werden soll. Die Anpassung erfolgt aufgrund des Wachstumschancengesetzes und führt zu einer Neufassung des § 18 Abs. 3 Satz 1 UStG sowie des § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG. Dabei ist zu beachten, dass Kleinunternehmer ab dem Besteuerungszeitpunkt 2024 von der Abgabe von Umsatzsteuererklärungen befreit sind.

Anwendung des § 6 Abs. 3 Plattformen-Steuertransparenzgesetz

Zur Spezifizierung der Begriffsbestimmung nach § 6 Absatz 3 PStTG hat das BMF mit Schreiben vom 19. Juni 2024 den Begriff eines staatlichen Rechtsträgers definiert. Danach ist ein staatlicher Rechtsträger u.a. eine Einrichtung, die sich unter der Kontrolle eines Staates oder einer oder mehrerer Gebietskörperschaften befindet. Die Kontrolle des Staates wird i.S.d. Gesetzes dabei ausschließlich durch Eigentum vermittelt. Ergänzend hierzu fallen auch alle staatlich beherrschten Rechtsträger, die formal vom Staat oder seinen Gebietskörperschaften getrennt sind, unter den Begriff nach § 6 Abs. 3 PStTG, sofern die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Der Rechtsträger befindet sich unmittelbar oder über einen oder mehrere andere staatliche Rechtsträger im Alleineigentum und unter der Beherrschung eines oder mehrerer staatlicher Rechtsträger.
  2. Die Nettoeinkünfte des Rechtsträgers fließen ausschließlich dem Rechtsträger oder einem anderen staatlichen Rechtsträger oder mehreren anderen staatlichen Rechtsträgern zu, ohne dass ein Teil der Einkünfte einer Privatperson zugutekommt.
  3. Die Vermögenswerte des Rechtsträgers fallen bei seiner Auflösung einem oder mehreren staatlichen Rechtsträgern zu.

Neuigkeiten von der EU, der OECD und der UNO​

OECD Inclusive Framework veröffentlicht weitere Ausführungsbestimmungen zur globalen Mindestbesteuerung

Mit seiner 144 Seiten langen Leitlinie präzisierte das G20/OECD Inclusive Framework am 17. Juni 2024 weitere Bestimmungen zur globalen Mindestbesteuerung. Unter anderem werden mit der Verwaltungsleitlinie vereinfachte Verfahren festgelegt, die es multinationalen Konzernen ermöglichen, verschiedene Kategorien von latenten Steuerverbindlichkeiten für Zwecke der globalen Mindestbesteuerung zusammenzufassen. Zudem gibt es in der Leitlinie eine Spezifikation des Begriffs der aktiven und passiven latenten Steuern für GloBE-Zwecke sowie Hinweise zur Behandlung von Verbriefungsvehikeln im Rahmen der nationalen Ergänzungssteuer. 

Grundsätzlich ist die veröffentlichte Verwaltungsleitlinie hilfreich für die praktische Umsetzung der Mindestbesteuerung. Allerdings wird das Thema dadurch nicht weniger komplex. Die Ausführungen sollen ebenfalls in den OECD-Kommentar zu den GloBE-Model Rules mit aufgenommen werden. Problematisch wird künftig sein, dass sich die OECD-Verwaltungsleitlinie im Laufe der Zeit weiterentwickeln wird, die nationalen Regeln in der EU jedoch aufgrund der zugrundeliegenden Richtlinie​ nicht bzw. schwer änderbar sind. Es bleibt daher abzuwarten, wie Widersprüche bei der Auslegung gelöst werden sollen. Die Veröffentlichung „Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy - Administrative Guidance on the Global Anti-Base Erosion Model Rules (Pillar Two), June 2024“​ der G20/OECD Inclusive Framework vom 17. Juni 2024 finden Sie h​ier​​.

Keine Einigung zum Proposal der EU Kommission „VAT in the Digital AgE“ (ViDA)

Der Richtlinienentwurf „VAT in the Digital Age“ (ViDA)​ vom 19. Juni 2024 wurde in der Sitzung des ECOFIN-Rates am 21. Juni 2024 ohne Einigung der Wirtschafts- und Finanzminister auf einen späteren Zeitpunkt vertagt. Die Einstimmigkeit zur Verabschiedung fehlte, da wohl Estland einem Teil der mit ViDA geplanten Erweiterungen des One-Stop-Shop-Verfahrens nicht zustimmte. Die nächste Möglichkeit zur finalen Einigung aller Wirtschafts- und Finanzminister der EU wäre nun die ECOFIN-Sitzung am 14. Juli 2024, zu der noch keine Agenda vorliegt.

Leitlinien zum Amount B zu PILLAR 1

Die OECD schreitet hinsichtlich der Umsetzung von Pillar 1 weiter voran. Mit zwei weiteren Leitlinien hat sie die Ausgestaltung des Amount B abgeschlossen. Amount B stellt die vereinfachte Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes für Marketing- und Vertriebstätigkeiten bei sog. Basistätigkeiten dar. In einem nächsten Schritt kann nun die einheitliche Umsetzung und Implementierung vorangetrieben werden. Die erste der beiden neuen Leitlinien betrifft die Definition der „qualifying jurisdictions“ zur Überprüfung der Betriebsausgaben und des Datenverfügbarkeitsmechanismus für qualifizierende Jurisdiktionen. Die zweite Leitlinie umfasst die Definition der „covered jurisdictions“​ zur politischen Interessensbekundung zu Amount B.
    

​​Aktuelle Rechtsprechung​​​

Verspätungszuschlag nach § 152 Abs. 2 AO

In unserem Urteil der Woche hatte der BFH mit Beschluss vom 4. Juni 2024, VIII ​B 121/22, zu entscheiden, ob § 152 Abs. 2 AO gegen die Unschuldsvermutung gem. Art. 6 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verstößt und hat dies verneint. Es handelt sich demnach nicht um eine Norm mit Strafcharakter i.S.d. EMRK. Die Zuordnung des Verspätungszuschlags nach nationalem Recht zum steuerlichen Verfahrensrecht schließt die Annahme einer Norm mit Strafrechtscharakter allerdings grundsätzlich nicht aus. Die EMRK gehen als völkerrechtliche Veträge nicht dem nationalen Recht vor. Mittelbar hat die EMRK jedoch Einfluss auf die Auslegung der Grundrechte nach dem GG. Die Vorschriften der EMRK sollten daher grundsätzlich auch im Streitfall anwendbar sein. Nach Art. 6 Abs. 2 EMRK gilt jede Person, die für eine Straftat angeklagt ist, ohne einen gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig. Der Begriff „Straftat“ wird dabei weit ausgelegt. Zur Prüfung, ob eine Sanktion strafrechtlicher Natur ist, wurden von der Rechtsprechung die Merkmale „Art der Zuwiderhandlung“ sowie „Art und Schwere“ der angedrohten Sanktion festgelegt.


Ein Indiz für eine Strafnorm i.S.d. Art. 6 Abs. 2 EMRK liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn die Norm allgemein gilt und nicht nur für eine einzelne Personengruppe. § 152 AO ist gesetzlich nicht auf einen bestimmten Personenkreis eingeschränkt. Für einen strafrechtlichen Charakter einer Norm spricht grundsätzlich, wenn sie nicht in erster Linie einen finanziellen Ausgleich für einen Schaden gewähren soll, sondern sowohl abschreckende (präventive) als auch bestrafende (repressive) Zwecke verfolgt. Der Verspätungszuschlag hat zwar repressiven und präventiven Charakter, weil er an ein Unterlassen in der Vergangenheit anknüpft, mit der Norm ist allerdings keine abschreckende, generalpräventive Wirkung beabsichtigt. § 152 Abs. 2 AO hat damit nicht die vorrangige Funktion der Bestrafung von begangenem Unrecht, sondern sanktioniert lediglich eine objektive, verfahrensrechtliche Pflichtverletzung aufgrund der verspäteten Abgabe.


Bei dem Kriterium der Art und Schwere der angedrohten Sanktion wird auf die im Gesetz angedrohte Höchstsanktion abgestellt. Dazu zählen neben Freiheitsentzug auch hohe Geldzahlungen, die bei Nichtzahlung zu einer Ersatzhaft führen können. Grundätzlich sind nationale pauschale Steuerzuschläge bei falschen oder unterbliebenen Angaben in Steuererklärungen dem Bereich des Strafrechts nach der Rechtsprechung des EGMR zuzurechnen. Allerdings handelte es sich dabei um der Höhe nach nicht begrenzte Zuschläge, die nicht mit der Höhe des Verspätungszuschlags gem. § 152 Abs. 2 AO vergleichbar sind. Der Höchstbetrag für den Verspätungszuschlag von 25.000 EUR gem. § 152 Abs. 10 AO liegt unter der von der Rechtsprechung festgelegten Grenze von 36.000 EUR. Zudem sieht die Norm keinen Freiheitsentzug und keine Eintragung ins Strafregister vor.


Nach der Betrachtung der Gesamtverhältnisse gibt der Zweck des § 152 Abs. 2 AO keinen Grund dafür, dass die Norm auch im Hinblick auf die Art des Verstoßes einen strafrechtlichen Charakter hat. Allein die Nichterfüllung der Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung innerhalb der dafür vorgesehenen gesetzlichen Frist stellt keine Tat dar, die ihrer Natur nach als strafbar angesehen werden könnte. Bei § 152 Abs. 2 AO handelt es sich daher nicht um eine Sanktion strafrechtlicher Natur, da es weder für das Kriterium der Art der Zuwiderhandlung noch für die Art und Schwere der Sanktion Argumente gibt.

Dieser Beschluss ist aktuell brisant, da alle Steuerpflichtigen, die steuerlich vertreten werden, bis zum Fristende am 31. Juli 2024 ihre Steuererklärungen für den Veranlagungszeitraum 2022 abgeben müssen. Bei verspäteter Abgabe kann ein Verspätungszuschlag i.S.d. § 152 AO festgesetzt werden.


Lohnsteuerliche Behandlung von Aufwendungen für eine Feier des Arbeitgebers anlässlich einer Arbeitnehmer-Verabschiedung

Das FG Niedersachsen hatte mit Urteil 8 K 66/22​ vom 14. Mai 2024 zu entscheiden, ob Aufwendungen für eine Verabschiedungsveranstaltung eines Arbeitnehmers insgesamt als Arbeitslohn zu behandeln sind, wenn sie die Freigrenze von 110 Euro pro Teilnehmer überschreiten.  Nach R 19.3 Abs. 3 Nr. 3 LStR werden die Kosten für Verabschiedungen dem Arbeitnehmer unabhängig davon als steuerpflichtiger Arbeitslohn zugerechnet, ob die Veranstaltung im betrieblichen Interesse liegt oder nicht. Dagegen wird bei Geburtstagsfeiern nach R 19.3. Abs. 3 Nr. 4 LStR nur der auf den Arbeitnehmer und seine Gäste entfallende Anteil als Arbeitslohn behandelt, wenn die Freigrenze überschritten wird. Das Gericht entschied, dass es sich im Urteilsfall bei der Verabschiedung um eine betrieblich veranlasste Veranstaltung handelte, da die Gästeliste überwiegend nach geschäftlichen Gesichtspunkten erstellt wurde und die Klägerin als Gastgeberin auftrat, da die Veranstalung in deren Geschäftsräumen stattfand und von dieser organisiert sowie finanziert wurde. Die Teilnahme privater Gäste des verabschiedeten Mitarbeiters war nur in geringem Umfang erfolgt. Weiteres Indiz für das Vorliegen einer Betriebsveranstaltung war, dass neben der Verabschiedung des Mitarbeiters auch die Vorstellung seines Nachfolgers stattfand. Da es sich nach Auffassung des Gerichts um eine betriebliche Veranstaltung handelte, seien nur die auf den bisherigen Mitarbeiter und seine Familienangehörigen entfallenden Aufwendungen als Arbeitslohn zu berücksichtigen. Die Revision wurde vom FG zugelassen. Eine Unterscheidung zwischen Verabschiedungsfeiern und Geburtstagsfeiern eines Arbeitnehmers sei nicht gerechtfertigt.​

 Weitere veröffentlichte Entscheidungen des BFH vom 20. Juni 2024

​Akten​zeichen​ ​​Entscheidungs-​
datum
​​Stichwort
IX R 35/21
​12. März 2024
Anwendung der DSGVO im Bereich der Steuerverwaltung; Voraussetzung und Reichweite des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DSGVO
 V R 4/22
18. Januar 2024
Steuerpflichtige Vermittlungsleistungen
VI R 1/22
11. April 2024
​Steuerfreie Zuschläge bei Bereitschaftsdiensten 
VI R 21/21
29. Februar 2024
Anforderungen an das sogenannte Schonvermögen der unterhaltenen Person beim Abzug von Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastungen
VII R 1/21
​12. März 2024
Zur thermischen Abfallbehandlung gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG
IV B 91/13
21. August 2014
Rüge materieller Rechtsanwendungsfehler
VIII B 32/23

4. Juni 2024

Auslegung von Feststellungserklärungen und zivilrechtlicher Vollmachten zur Bestimmung der Reichweite einer Empfangsvollmacht
VIII B 7/23

​4. Juni 2024
Tätigkeit eines staatlich anerkannten Sozialpädagogen im Bereich der Eingliederungshilfe ist keine sonstige selbständige Tätigkeit 
XI B 3/23
​29. Mai 2024
​Umsatzbesteuerung einer „Dinner-Show“innerhalb der zeitlichen Grenzen des § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG
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