Wirksamkeit des rückwirkenden Verfalls einer Karenzentschädigung bei Verstoß gegen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot

PrintMailRate-it

​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 06. November 2024 | Lesedauer ca. 3 Minuten

​​​​

Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot für GmbH-Geschäftsführer ist ein wichtiges Instrument für Unternehmen, sich selbst vor unlauterem Wettbewerb und dem Verlust wichtiger Geschäftsgeheimnisse zu schützen. Es verpflichtet den ehemaligen Geschäftsführer, nach Beendigung seines Anstellungsverhältnisses für eine bestimmte Zeit nicht in direkten Wettbewerb zu dem Unternehmen zu treten, in dem er als Geschäftsführer vorher tätig war. Hierfür bedarf es klarer vertraglicher Regelungen im Geschäftsführeranstellungsvertrag, die insbesondere den Schutz des Unternehmensinteresses wahren und gleichzeitig die berufliche Bewegungsfreiheit des Geschäftsführers nicht übermäßig einschränken dürfen. Vor diesem Hintergrund werden nicht selten Klauseln zu nachvertraglichen Wettbewerbsverboten von abberufenen Geschäftsführern vor Gericht angegriffen.

Dieser Beitrag beleuchtet die rechtlichen Voraussetzungen und typischen Streitfragen für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für GmbH-Geschäftsführer. Dies insbesondere unter Berücksichtigung eines aktuellen Urteils des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 23.04.2024 – II ZR 99/22), in dem sich der Bundesgerichtshof mit der Thematik des rückwirkenden Verfalls einer Karenzentschädigung im Zusammenhang mit einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot für GmbH-Geschäftsführer befasste. Zudem werden im Rahmen dieses Beitrags Praxishinweise für eine möglichst rechtssichere Gestaltung solcher Klauseln gegeben.

Sachverhalt

In dem erwähnten Urteil wurde eine GmbH seitens ihres ehemaligen Geschäftsführers unter anderem auf Zahlung einer Karenzentschädigung in Anspruch genommen. Der Geschäftsführeranstellungsvertrag sah insbesondere vor, dass der Geschäftsführer nach Beendigung seines Geschäftsführeramts einem zweijährigen nachvertraglichen Wettbewerbsverbot unterliegt. Als Entschädigung sollte der Geschäftsführer für dessen Einhaltung für die Dauer des Wettbewerbsverbots eine Zahlung von monatlich 50 % der zuletzt bezogenen Monatsbezüge erhalten. Ferner wurde geregelt, dass der Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot zum rückwirkenden Wegfall der Karenzentschädigung führt und bereits gezahlte Teile der Karenz-entschädigung der Gesellschaft zurückzuzahlen sind.

Etwa ein Jahr nach seiner Abberufung wurde der Geschäftsführer für ein Unternehmen, das in Konkurrenz zur verklagten Gesellschaft steht, tätig. Bis zur Aufnahme dieser Tätigkeit zahlte die (im Rahmen einer Widerklage) verklagte Gesellschaft die vereinbarte Karenzentschädigung.
Die Gesellschaft verlangte von ihrem ehemaligen Geschäftsführer die Rückzahlung der bisherigen gezahlten Entschädigung, der Geschäftsführer hingegen begehrte im Wege einer Widerklage die Verurteilung der Gesellschaft auf Zahlung der vermeintlich ausstehenden Karenzentschädigung. Während die Widerklage des Geschäftsführers in der ersten Instanz vollumfänglich abgewiesen wurde, obsiegte er teilweise vor dem Berufungsgericht. Der Bundesgerichtshof folgte hingegen in der Revisionsinstanz dem erstinstanzlichen Urteil des Landgerichts und gab der Gesellschaft unter Abweisung der Widerklage des Geschäftsführers vollumfänglich Recht.

Rechtliche Begründung des Bundesgerichtshofs

Der Bundesgerichtshof hat in dem zugrundeliegenden Urteil klargestellt, dass der Geschäftsführer wegen Verstoßes gegen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot keinen Anspruch auf Zahlung der Karenzentschädigung hat. Dabei hat er sich mit zwei grundlegenden Fragen beschäftigt: Zum einen nimmt er zur Frage der Wirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots Stellung, zum anderen prüft er die Wirksamkeit des vertraglich festgehaltenen rückwirkenden Wegfalls der Karenzentschädigung bei Verstoß gegen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot und bejahte hier deren Wirksamkeit.

Wirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind nachvertragliche Wettbewerbsverbote nur dann gerechtfertigt und nicht nach § 138 BGB sittenwidrig, wenn und soweit sie notwendig sind, um einen Vertragspartner vor einer illoyalen Verwertung der Erfolge seiner Arbeit durch den anderen Vertragspartner zu schützen. Sie sind nur wirksam, wenn sie in räumlicher, gegenständlicher und zeitlicher Hinsicht das notwendige Maß nicht überschreiten. Dies wiederum beurteilt sich auf der Grundlage einer Abwägung der beiderseitigen Interessen unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls, insbesondere des mit dem Wettbewerbsverbot verfolgten Zwecks.

Weder das Berufungsgericht noch der Bundesgerichtshof haben unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe in ihren Urteilen eine Unwirksamkeit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots angenommen. Die Wirksamkeit dieser Regelung wurde seitens des Geschäftsführers auch nicht angegriffen, da diese als Anspruchsgrundlage für seinen Anspruch diente.

Rückwirkender Wegfall einer Karenzentschädigung

Unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung betonte der Bundesgerichtshof, dass dem Geschäftsführer einer GmbH, mit dem ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart wird, keine Karenzentschädigung versprochen und später gezahlt werden muss. Vielmehr steht es den Beteiligten frei, eine solche Entschädigung zu zahlen und dabei die Höhe frei zu bestimmen. In diesem Zusammenhang macht der Bundesgerichtshof außerdem deutlich, dass die Karenzentschädigung – entgegen der Auffassung des Geschäftsführers – keine Einkommensersatzleistung ist, die auch rückwirkend versagt werden kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn der GmbH das Recht zusteht, einseitig auf das Wettbewerbsverbot zu verzichten.

Aufgrund des dispositiven Charakters eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots und ei-ner zu zahlenden Karenzentschädigung ist es nach Ansicht des Bundesgerichtshofs auch möglich, – wie hier – einen rückwirkenden Verfall der Entschädigung bei Verstoß gegen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot durch den Geschäftsführer zu vereinbaren, der, entgegen des berufungsgerichtlichen Urteils, auch keinen Verstoß gegen das Übermaßverbot darstellt.

Zusammenfassung und Praxishinweise

Der BGH bekräftigt mit seiner Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung, dass eine Regelung, die den rückwirkenden Wegfall der Karenzentschädigung bei Verstoß gegen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot vorsieht, grundsätzlich möglich ist. Allerdings sollte in diesem Zusammenhang zur Vermeidung einer unwirksamen Klausel die oben erwähnte Interessenabwägung gewissenhaft vorgenommen werden. Insbesondere ist dabei das Interesse der GmbH an einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot genau zu analysieren und dem Interesse des ohnehin in einer schwachen Position befindlichen, in seiner Berufsausübungs-freiheit eingeschränkten Geschäftsführers durch ggf. höhere Karenzentschädigungen und/oder ein zeitlich kürzeres Wettbewerbsverbot Rechnung zu tragen. Trotz der Anfälligkeit derartiger Klauseln könnte es für Unternehmen empfehlenswert sein, nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit ihren Geschäftsführern zu vereinbaren, um Klarheit zu schaffen, sich selbst zu schützen und eine transparente Gegenleistung zu bieten. Dies kann eine sinnvolle Kompromisslösung darstellen, die den Interessen beider Parteien gerecht wird.​​​​​​​

Aus dem Newsletter

Kontakt

Contact Person Picture

Thomas Löhrer, LL.M. (Singapore)

Rechtsanwalt

Associate Partner

+49 221 9499 093 10

Anfrage senden

Profil

Contact Person Picture

Mustafa Atalayin, LL.M. (Köln / Istanbul Bilgi)

Rechtsanwalt

Associate

+49 221 9499 095 02

Anfrage senden

Profil

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu