Ampelkoalitionsvertrag und Telekommunikation

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​veröffentlicht am 16. Dezember 2021


SPD, Grüne und FDP haben sich in ihrem Koalitionsvertrag auf die Rahmenbedingungen der nächsten Legislaturperiode geeinigt. Zwischenzeitlich wurden auch die Ministerien besetzt. Wir werfen einen ersten Blick auf die Pläne der neuen Regierung für die Telekommunikationsbranche.
 
Das Thema Digitalisierung hängt hoch im Koalitionsvertrag. Der Bezug dazu wird im Vertrag mehrfach hergestellt und soll mit dem „Digitalisierungscheck” auch in zukünftigen Gesetzgebungsverfahren eine zentrale Rolle spielen. Was genau das bedeutet, wird sich allerdings wohl erst noch zeigen müssen.
Grundlage einer umfassenden Digitalisierung ist naheliegenderweise eine leistungsfähige Infrastruktur. Das Kapitel „Digitale Infrastruktur” selbst umfasst nur eine halbe von insgesamt 178 Seiten des Koalitionsvertrages, lässt jedoch den einen oder anderen Einblick in die Sichtweise der neuen Koalition zu. Unsere Eindrücke dazu möchten wir Ihnen im Folgenden darstellen.

 

„Unser Ziel ist die flächendeckende Versorgung mit Glasfaser (fiber-to-the-home, FTTH) und dem neuesten Mobilfunkstandard.”

Das klare Bekenntnis zur FTTH-Infrastruktur schließt den Glasfaserausbau auf der Netzebene 4 ein, was aus unserer Sicht ausdrücklich positiv ist. Aufgreifschwellen auf Grundlage von Bandbreiten und der Schutz von Koax-Inhouseinfrastruktur, welcher schon im Rahmen der TKG-Novelle eingeschränkt wurde, dürften deshalb wohl der Vergangenheit angehören. Dem Glasfaserausbau könnte das möglicherweise Auftrieb geben, wobei auch der letzte Koalitionsvertrag schon von Bandbreitenzielen absah. Die Förderung der grauen Flecken ist zudem in der Realität anders ausgestaltet worden. Hinsichtlich des Mobilfunkausbaus sind die Ankündigungen eher schwammig.

 

„Der eigenwirtschaftliche Ausbau hat Vorrang.”

Das entspricht der bisherigen Sichtweise und schützt private Investoren, welche in den letzten zwei Jahren sichtbar vermehrt in den Markt drängen. Förderung dürfte demnach auf perspektivisch unterversorgte Gebiete bezogen werden (im Zusammenhang mit der vorherigen Aussage drängt sich hier die Interpretation „unterversorgt = kein FTTH” auf).


Der Bezug zu den „weißen Flecken”, welche sich durch Bandbreitengrenzen (30 Mbit/s) statt durch Technologie (FTTC/B/H) abgrenzen, überrascht an dieser Stelle allerdings und steht im Widerspruch zu dem Satz „Auf Basis von Potenzialanalysen treiben wir die Glasfaserausbauförderung auch ohne Aufgreifschwelle voran”.

 

„Open Access zu fairen Bedingungen, wo nötig regulatorisch”

Auch hier wird die bisherige Linie durchaus konsequent weitergeführt. Während aber Open-Access auf dem Kupfernetz ein marktübliches Vorgehen ist, zeigen sich auf dem Glasfasernetz häufig Schnittstellenprobleme. Ob und wie diese regulatorisch gelöst werden können, wird zu diskutieren sein. Entsprechende Kopplungen werden sich in naher Zukunft jedenfalls eher auf große Marktteilnehmer beschränken.

 

„schlanke digitale Antrags- und Genehmigungsverfahren”

Diesem Aspekt wurde ein eigenes Kapitel gewidmet. Ziel soll es sein, die Verfahrensdauer mindestens zu halbieren. Hier muss der Gefahr entgegengewirkt werden, zwar finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, entsprechende Prozesse, Workflows und Schnittstellen jedoch operativ zu vernachlässigen. Ein Großteil der Arbeitslast dürfte bei Kommunen und Versorgungsunternehmen verortet werden.

 

„Wir stärken den Verbraucherschutz bei zugesicherten Bandbreiten, nötigenfalls durch pauschalierte Schadensersatzansprüche.”

Die Grundlage dazu wurde im Rahmen der TKG-Novelle angelegt. Ab Dezember sollen Nutzer mit der Desktop-App der Breitbandmessung der Bundesnetzagentur den Nachweis einer Schlechtleistung des TK-Anbieters führen können. Grundlage werden mindestens 10 Messungen an 3 unterschiedlichen Tagen sein. Auf dieser Basis kann u.U. eine Entgeltreduzierung durch den Kunden erfolgen.

 

„Bei öffentlicher Vollfinanzierung hat das Betreibermodell Vorrang.”

Dadurch wird eine konsequente Kommunalisierung der Glasfaserinfrastruktur im geförderten Gebiet fortgesetzt, was durchaus positiv zu bewerten ist. Vorsicht ist dabei allerdings im Hinblick auf die Gebietsabgrenzung geboten. Gebiete im Betreibermodell sollten so geschnitten sein, dass auch der Weiterbetrieb nach Abschluss der Förderung wirtschaftlich und organisatorisch sinnvoll ist. Entsprechende Vorabuntersuchungen in Form von Potenzial- und Wirtschaftlichkeitsanalysen nehmen hier an Bedeutung erheblich zu.

 

„Wir stoßen […] eine Förderung mittels Voucher an.”

Voucher-Förderung wird seit mehreren Jahren zur Lösung des Nachfragedefizits propagiert und tatsächlich dürfte ein entsprechendes Modell die Auslastung neuer Netze signifikant steigern können. Wichtig wird es sein, die Ausgestaltung nicht kleinteilig, sondern möglichst gut handhabbar zu halten und seitens der TKU entsprechende Prozesse aufzusetzen, welche die Abarbeitung größerer Voucher-Mengen im Massengeschäft zulassen.

 

„Wir richten die Frequenzvergabe auf Vorgaben für Flächenversorgung aus […].”

Da die Frequenzvergabe für den 5G-Ausbau bereits erfolgt ist, bleibt abzuwarten wie sich diese Ankündigung bei zukünftigen Vergaben auswirken wird.

Aus unserer Sicht deutet der Koalitionsvertrag eine Fortführung des bisher eingeschlagenen Weges mit Nachjustierungen an einigen durchaus relevanten Stellen (bspw. Präferenz des Betreibermodells) an. Die Herausforderungen, welche in den kommenden Jahren an das das Bundesministerium für Digitales und Verkehr, an die Telekommunikationsbranche und auch an Kommunen und Stadtwerke gestellt werden, dürften vor dem Hintergrund der schnellen Entwicklungen nicht kleiner werden. Wir wünschen dem neuen Minister Volker Wissing ein gutes Händchen bei der Gestaltung der Telekommunikationslandschaft.

 

 

 

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Anton Berger

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