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veröffentlicht am 31. Oktober 2022
Nachhaltigkeit ist eine Chance für die Akteure der Gesundheitswirtschaft für mehr Wachstum, Profitabilität und einen höheren Unternehmenswert. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung wird künftig einen relevanten Stellenwert einnehmen. Auf Basis der CSRD wird aktuell mit den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) ein europäisches Rahmenwerk entwickelt, um die einheitliche Berichterstattung zu verbessern. Dennoch empfiehlt sich bereits heute eine generelle Ausrichtung der Systeme, Prozesse und Strategien mit den Schwerpunkten Umwelt, Soziales und Gesellschaft nach den Global Reporting Initiative (GRI) Standards bis die Standards der EU verabschiedet und erarbeitet sind.
In unserer letzten Ausgabe des Fokus Gesundheit und Soziales haben wir Ihnen die Strategien und Prozesse erörtert, die Anhaltspunkte für und Gegenstand einer guten Nachhaltigkeitsberichterstattung sind. Der zweite Teil beschäftigt sich nunmehr mit den ökologischen und gesellschaftlichen Fragestellungen, die die Branche umtreiben. Die neuen regulatorischen Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung sollten als Chance verstanden werden, sich als Unternehmen der Gesundheitsbranche bereits jetzt strategisch auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten.
1. UmweltDie ökologische Dimension der Nachhaltigkeit einer Gesundheitseinrichtung umfasst die Auswirkungen auf die belebte und unbelebte Natur, einschließlich Land, Luft, Wasser und Ökosysteme. Mögliche wesentliche Themen in diesem Abschnitt sind:
Natürliche Ressourcen sind nicht erneuerbare Materialien wie z.B. Mineralien, Metalle, Öl, Gas oder Kohle oder erneuerbare Materialien wie Holz oder Wasser, ebenso wie die daraus gewonnene Energie.
Es ist kein Geheimnis, dass gerade Krankenhäuser ungemein viel Energie verbrauchen. Indirekt steigt dieser Energieverbrauch sogar noch einmal durch den Verbrauch verschiedener Materialien. Damit ist das Thema Energie für Gesundheitseinrichtungen absolut wesentlich. Dazu zählen auch die Erfassung und Gegenrechnung selbsterzeugter Energie, wie zum Beispiel aus Blockheizkraftwerken oder Solaranlagen. Da der Hauptzweck einer Gesundheitseinrichtung selbst in der Regel aber nicht unmittelbar der Herstellung von Waren dient, kann auch die Umweltbewertung der Lieferanten (z.B. Pharmaunternehmen, Lieferanten von Verbrauchsartikeln) und der aus den Bestellungen resultierende Abfall als wesentliches Kriterium erachtet werden. Zudem sind Wasser und Abwasser allein schon aufgrund ihrer hygienischen Bedeutung ein wesentlicher Punkt.
Ein sorgfältiger Einkauf und eine gute Pflege der Daten aus der Materialwirtschaft sind entscheidend, um in Zukunft eine qualitativ hochwertige Angabe zu der Inanspruchnahme von natürlichen Ressourcen machen zu können.
Ressourcenmanagement
Welche Ziele verfolgt z. B. ein Krankenhaus hinsichtlich seiner stark beanspruchten Ressourcen? Mit welcher Strategie sollen diese erreicht werden? Gibt es Risiken? Interessenskonflikte?
Insbesondere im Hinblick auf den kommenden Winter ist z. B. ein effizientes Energiemanagement wichtiger denn je und muss ökonomisch als auch ökologisch nachhaltig gestaltet werden. Auch die Wassernutzung ist in Anbetracht der stetig fortschreitenden Trockenheit zu überprüfen. Wo können Ursachen von multiresistenten Keimen behoben werden oder die Patientinnen und Patienten auf natürlichen oder ambulanten Wegen bei der Heilung unterstützt werden? Hier müssen Management, Belegschaft und Patientenmanagement eng zusammenarbeiten, um den Rahmen des Möglichen abzustecken, zu verfolgen und zu verwirklichen.
Klimarelevante Emissionen
Mit den Emissionen in der Luft befasst sich der GRI 305 (Emissions). Emissionen sind Substanzen, die aus einer Quelle der Gesundheitseinrichtung in die Atmosphäre abgegeben werden. Arten von Emissionen umfassen: Treibhausgase (THG), Ozon abbauende Substanzen (Ozone Depleting Substances, ODS) sowie Stickstoffoxide (NOX) und Schwefeloxide (SOX) und andere signifikante Luftemissionen1. Auch bei diesen Angaben spielt der Energieverbrauch abermals eine wichtige Rolle. Da es sich bei Gesundheitseinrichtungen oftmals auch um öffentliche Einrichtungen handelt, sind diese oft zusätzlich zu den kommunalen Klimaplänen verpflichtet.
2. Gesellschaft
Ein respektvoller und wertschätzender Umgang mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bezieht sich nicht nur auf die Einhaltung von Gesetzen und Regeln sondern trägt zu einer hohen Mitarbeiterbindung und -zufriedenheit bei und hilft Innovationsprozesse zu entwickeln und umzusetzen. Mögliche wesentliche Themen in diesem Abschnitt sind in den GRI 401 – GRI 418:
Arbeitnehmerrechte
Menschenrechte (Schnittstelle zu den „Arbeitnehmerrechten”)
Das Unternehmen soll beschreiben, wie es Menschenrechte in Bezug auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einhält. Hierbei soll insbesondere auch der Umgang mit den Menschenrechten anderer Stakeholder entlang der Wertschöpfungskette, wie etwa Kunden (z. B. Produktsicherheit i.S.v. Recht auf körperliche Unversehrtheit), Anwohner (Umsiedlung i.S.v. Landrecht), besonders Schutzbedürftiger etc. gewahrt wird.
Als Orientierungshilfe kann an dieser Stelle der Leitfaden zur Achtung von Menschenrechten für Unternehmen dienen. Zur Ermittlung qualitativer und quantitativer Kennzahlen bietet es sich an, GRI SRS-412-3, GRI SRS-412-1, GRI 414-1 (new suppliers that were screened using social criteria), GRI 414-2 (negative social impacts in the supply chain and actions taken) und EFFAS S 07-02 II heranzuziehen.
Gemeinwesen
Vorwiegend Krankenhäuser sind oft nicht nur lokal, sondern auch überregional und international im Rahmen von Verteilung/Aufnahme von Patientinnen und Patienten nach dem Kleeblattsystem oder auch durch die Einrichtung von Flüchtlingsambulanzen und Aufnahme von Verletzten aus Kriegsgebieten aktiv. Bei dem Kriterium Gemeinwesen werden sowohl positive als auch negative Folgen solcher Tätigkeiten für die lokalen Gemeinschaften abgeschätzt. Zur Offenlegung der zum Wohle des Gemeinwesens zutragenden wesentlichen Geschäftstätigkeiten zählen z. B. auch Programme für Schüler, Auszubildende, Studierende oder sonstige Interessierte (Berufsorientierung, FSJ, BFD, sämtliche Arten von Praktika etc.), die Unterstützung sowie Aufgaben in der Gesundheitsversorgung und Prävention für vulnerable Gruppen. Gleichzeitig hat auch die wirtschaftliche Leistung eine Auswirkung auf die lokale Gemeinschaft, sodass durchaus der GRI 201 (Economic Performance) miteinbezogen werden kann.
Politische Einflussnahme
Der GRI 415 (Public Policy) umfasst das Thema der politischen Einflussnahme. Grundsätzlich werden durch diesen insbesondere Parteispenden und Zuwendungen an Regierungen sowie alle Spenden an Parteien und Politiker erfasst. Zudem werden alle Einträge in Lobbylisten und nach Ländern differenzierte Aufstellungen aller wesentlichen Eingaben bei Gesetzgebungsverfahren offengelegt.
Gesetzes- und richtlinienkonformes Verhalten
Alle Maßnahmen, Standards, Systeme sowie Prozesse zur Vermeidung rechtswidriger Handlungen und insbesondere von Korruption als auch deren jeweilige Kontrolle und die Ergebnisse sollten dokumentiert und schließlich offengelegt werden. Damit können gleichzeitig noch weitere Risiken herausgearbeitet werden. Hilfreich hierfür sind
Festzuhalten ist, dass dies ein erster Ideengeber sein soll, um Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen nachhaltiger zu gestalten. Es besteht lediglich die Pflicht offenzulegen, wie nachhaltig man handelt. Die Berichtspflicht zur Nachhaltigkeit ist somit nicht gleichzusetzen mit einer Nachhaltigkeits-pflicht, wenngleich sich eine positive Berichterstattung besser auf Mitarbeiter, Patienten und Bewohner sowie die Öffentlichkeit auswirken wird als ein Bericht ohne Nachhaltigkeitsaspekte. Konkrete Umsetzungsempfehlungen können erst nach Überführung der CSRD in nationales Recht erfolgen. Bis dahin werden erste Pilotierungen für einen entsprechenden Nachhaltigkeitsbericht der eigenen Einrichtung hilfreich bei der letztendlich tatsächlichen Erstellung sein. Der Deutsche Verein für Krankenhaus-Controlling e.V. (DVKC e.V.) erarbeitet derzeit eine sektorspezifische Vorgehensweise für die Umsetzung einer Nachhaltigkeitsberichterstattung unter Berücksichtigung der besonderen Gegebenheiten von Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen, um diese als DNK-Branchenstandard akkreditieren zu lassen. Damit wird langfristig auch eine Vergleichbarkeit deutscher Nachhaltigkeitsberichte untereinander greifbarer. Um international, insbesondere auf europäischer Ebene, eine Vergleichbarkeit zu erzielen, sollten verstärkt die letztendlich anzuwendenden ESRS zugrunde gelegt werden. Die CSRD liefert die Vorgaben, die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) definieren die Inhalte2.
1 GRI 305, Bst. D, 2. Abs.
2 ESRS (csr-berichtspflicht.de)Projekt: Entwicklung und Standardisierung einer ganzheitlichen Nachhaltigkeitsberichterstattung für Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen – Management und Controlling in der Gesundheitswirtschaft (dvkc.de)
Saskia Kapale
Betriebswirtin (VWA), Senior Associate
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Katharina Kaiser
B.Sc. Betriebswirtschaft