Neue Praxis der Hauptzollämter führt möglicherweise zum Wegfall einer Umsatzsteuerersparnis

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​veröffentlicht am 3. September 2018

 

Bislang fiel die Umsatzsteuer nicht an, sofern Unternehmen die Stromsteuer unmittelbar mit den Hauptzollämtern abgewickelt haben. Voraussetzung hierfür ist jedoch eine Versorgererlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 StromStG. Allerdings hat der Verordnungsgeber mit Wirkung zum 1. Januar 2018 einige Neuregelungen und Änderungen im Strom- und Energiesteuerrecht etabliert, die nunmehr auch für Träger von Krankenhäusern, Pflege- und Altenheimen relevant werden könnten. Einige Hauptzollämter beabsichtigen offenbar auf Grundlage von § 1a Abs. 1a StromStV bestehende Versorgererlaubnisse zu widerrufen. Betroffene Unternehmen können den ebenfalls neu eingeführten Antrag auf Ausnahmegenehmigung nach § 1a Abs. 8 StromStV stellen.

 

1. Ausgangssituation

Am 8. Januar 2018 veröffentlichte der Gesetzgeber die „Dritte Verordnung zur Änderung der Energie- und Stromsteuer-Durchführungsverordnung” im Bundesgesetzblatt. Die Mehrzahl der Regelungen ist rückwirkend zum 1. Januar 2018 in Kraft getreten. Inhaltlich enthielt die Verordnung einen ganzen Strauß an partiellen Neuregelungen und Änderungen im Bereich der Energie- und Stromsteuer. Die Tragweite einiger Änderungen, die insbesondere für Träger von Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen relevant sein können, erschließt sich erst mit der geänderten Verwaltungspraxis einzelner Hauptzollämter mit Beginn der zweiten Jahreshälfte 2018. Diese prüfen derzeit die Berechtigung für die Aufrechterhaltung von Versorgererlaubnissen im Stromsteuerrecht. Hierzu berufen Sie sich mitunter auf die neue Ausnahmeregelung vom Versorgerbegriff für Stromlieferungen innerhalb von sogenannten Kundenanlagen im Sinne von § 3 Nr. 24a/b des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG). Durch den Verlust der Versorgererlaubnis wäre den betroffenen Unternehmen die Direktabwicklung der Stromsteuer künftig nicht mehr möglich. Hieraus entsteht nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmen unmittelbar ein finanzieller Nachteil.


In § 1a Abs. 1a Stromsteuer-Durchführungsverordnung (StromStV) heißt es:


„Wer ausschließlich nach § 3 des Gesetzes zu versteuernden Strom bezieht und diesen ausschließlich innerhalb einer Kundenanlage leistet, gilt vorbehaltlich Satz 2 nicht als Versorger, sondern als Letztverbraucher im Sinne des § 5 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes.”


Kurzum: Stromlieferungen innerhalb von Kundenanlagen sollen den Status der Versorgererlaubnis und die damit in Verbindung stehenden Vorteile nach Auffassung der Behörden möglicherweise nicht mehr begründen können. Da Träger von Krankenhäusern regelmäßig Inhaber von Versorgererlaubnissen gemäß § 4 Abs. 1 Stromsteuergesetz (StromStG) sind, sämtliche Weiterlieferungen häufig jedoch ausschließlich innerhalb einer Kundenanlage, dem Klinikareal, vornehmen, stehen sie derzeit im Fokus der Hauptzollämter. Nichts anderes gilt für Träger von Pflege- und Altenheimen, sofern diese ebenfalls Inhaber einer Versorgererlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 StromStG sind.


2. Rechtliche Grundlagen

Unternehmen, die tatsächlich ausschließlich regulär besteuerten Strom beziehen und lediglich innerhalb der Kundenanlage an Dritte liefern, sind von der Neuregelung betroffen. Jedoch hat der Verordnungsgeber in § 1a Abs. 8 StromStV eine Ausnahmeregelung miteingeführt. Hiernach können die Hauptzollämter auf Antrag eine Ausnahme von der Anwendung des § 1a Abs. 1a StromStV zulassen. Im Ergebnis würden die betroffenen Unternehmen ihre Versorgererlaubnis behalten können bzw. auf Grundlage dieser Ausnahmeregelung eine Versorgererlaubnis beantragen. Allerdings steht die Gewährung dieser Ausnahme nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift im Ermessen der Behörde. Voraussetzung für die Inanspruchnahme ist zunächst, dass die Steuerbelange nicht beeinträchtigt werden. Die weiteren Voraussetzungen sind hingegen unklar. Aus der Verordnungsbegründung ergibt sich, dass die Regelungen dann nicht zur Anwendung kommen sollen, wenn reguläre Stromversorgungsunternehmen oder Beteiligte, die bereits aus anderen Gründen vollwertige Versorger sind, Strom beziehen (vgl. Referentenentwurf v. 6. Oktober 2017, S. 50).

 

3. Handlungsempfehlung

Betroffene Unternehmen sollten zunächst die Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung gemäß § 1a Abs. 8 StromStV prüfen. Entsprechende Formulare haben die Hauptzollämter bereits online gestellt. Darüber hinaus sollte gegenüber den Behörden argumentiert werden, dass die angesprochene Differenzierung zwischen vollwertigen und nicht vollwertigen Versorgern nicht belastbar ist. Schließlich sollte unter anderem sichergestellt sein, dass sämtliche Lieferverhältnisse auch für Stromlieferungen innerhalb der Kundenanlage auf Grundlage von Stromlieferverträgen erfolgen.


Weiterhin könnte in Erwägung gezogen werden, den Kundenanlagestatus zugunsten eines Antrags auf Einordnung als geschlossenes Verteilernetz gemäß § 110 EnWG aufzugeben. Dieser Schritt wäre jedenfalls für große Klinikareale denkbar, bedürfte jedoch einer umfassenden Vorbereitung. Zunächst wäre insoweit eine Kosten- und Nutzenabwägung erforderlich, um die Tragweite dieser Entscheidung abschätzen zu können.

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Jan-Claas Hille

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Prüfer für Interne Revisionssysteme (DIIR)

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