IDW Positionspapier zu Nichtprüfungsleistungen des Abschlussprüfers

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veröffentlicht am 29. August 2017

 

Die geänderte EU-Richtlinie und die EU-Verordnung (EU-VO) vom 27. Mai 2014 sehen neue Regeln für Unternehmen hinsichtlich der Abschlussprüfer vor. Diese Regelungen gelten ab dem 16. Juni 2016 und führen in Deutschland erstmals eine externe Rotation des Abschlussprüfers ein. Zudem sehen sie strengere Regelungen für die Erbringung von Nichtprüfungsleistungen durch den Abschlussprüfer vor.1

 

​Die EU-VO hat zahlreiche Neuerungen mit sich gebracht, die speziell Unternehmen von öffentlichem Interesse (PIE) betreffen. Hierbei kommt die Frage für Aufsichtsrat bzw. Prüfungsausschuss auf, welche Nichtprüfungsleistungen neben der Abschlussprüfung erlaubt sind und in welchem Umfang diese vom Abschlussprüfer noch erbracht werden dürfen.

 

In der EU-VO ist keine Definition des Begriffs „Nichtprüfungsleistungen” enthalten. Alle Leistungen, die nicht Abschlussprüfungsleistungen sind, werden nach dem Verständnis der EU-VO als Nichtprüfungsleistungen bezeichnet. Werden diese Leistungen nicht durch die Blacklist des Art. 5 Abs. 1 EU-VO ausgeschlossen, kann der Abschlussprüfer diese prinzipiell erbringen. Die Blacklist kann durch Mitgliedstaaten noch weitere Leistungen verbieten, wenn diese ihrer Ansicht nach die Unabhängigkeit gefährden. Durch das HGB ist eine Ergänzung des Art. 5 Abs. 1 EU-VO nicht gegeben. Zudem können Mitgliedsstaaten gem. Art. 5 Abs. 3 EU-VO die Erbringung von Steuerberaterleistungen (mit Ausnahmen) und Bewertungsleistungen erlauben. In Deutschland wird dieses Wahlrecht in § 319a HGB umgesetzt.2

 

Ein Verbot tritt mit Beginn des Prüfungszeitraums in Kraft. In der Regel entspricht dies auch dem Beginn des zu prüfenden Geschäftsjahres und endet mit der Abgabe des Bestätigungsvermerks (Art. 5 Abs. 1 EU-VO). Eine verbotene Nichtprüfungsleistung der Blacklist darf nicht an das geprüfte PIE, das Mutterunternehmen des PIE, sowie an vom PIE beherrschte Unternehmen erbracht werden. Jedoch ist es zulässig, diese Nichtprüfungsleistungen an Schwesterunternehmen des PIE-Prüfungsmandates zu erbringen.3

 

Der Prüfungsausschuss ist verantwortlich für die Überwachung der Abschlussprüfung, insbesondere der Auswahl und Unabhängigkeit des Abschlussprüfers und den von ihm erbrachten zusätzlichen Leistungen (§ 107 Abs. 3 Satz 2 AktG). Der Abschlussprüfer kann eine zulässige Nichtprüfungsleistung erbringen, wenn dies der Prüfungsausschuss nach ausreichender Beurteilung der Gefährdung der Unabhängigkeit und der anzuwendenden Schutzmaßnahmen billigt. Im Rahmen der Organisationspflicht hat der Vorstand dafür zu sorgen, dass verbotene Nichtprüfungsleistungen nicht erbracht werden und zulässige Nichtprüfungsleistungen vom Prüfungsausschuss vor der Leistungserbringung zugelassen werden. Die Gesamthonorare für erlaubte Nichtprüfungsleistungen des Abschlussprüfers dürfen 70 Prozent des Durchschnitts der in den letzten drei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren erhaltenen Honorare nicht überschreiten (70 Prozent-Cap).4

 

In Deutschland sind gem. Art. 5 Abs. 3 EU-VO i.V.m. § 319a HGB grundsätzlich Steuerberatung, mit Ausnahme von Zoll und Lohnsteuer, Bewertungsleistungen, soweit sie sich einzeln oder zusammengenommen nicht unmittelbar und wesentlich auf den Abschluss auswirken sowie aggressive Steuerplanung, bei der der steuerlichen Planung kein wirtschaftlicher Zweck gegenüber steht, zugelassen. Die Blacklist der Europäischen Union (nicht abschließende Aufzählung) verbietet bestimmte juristische Leistungen, interne Revision, Corporate-Finance-Leistungen (Ausnahme: Comfort Letter, Due Diligence), bestimmte Personaldienstleistungen, Teilnahme an Führung oder Entscheidungen des Unternehmens, Steuerberaterleistung im Zusammenhang mit Lohnsteuer und Zöllen, Buchhaltung und Erstellung von Unterlagen der Rechnungsprüfung sowie von Abschlüssen, Lohn- und Gehaltsabrechnung und IKS-Leistungen mit Rechnungslegungsbezug.5

 

Bei Verstößen gegen bestimmte Regelungen der EU-Verordnung können Geldstrafen bis zu 50.000 Euro und in Ausnahmefällen Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr gegen Mitglieder von Aufsichtsräten (Prüfungsausschüssen) verhängt werden. Im Gegensatz hierzu beeinflusst der Verstoß gegen die EU-Verordnung nicht den festgestellten Jahresabschluss des Unternehmens (§ 256 Abs. 1 AktG).6

 

Durch die Einführung der EU-VO werden die zulässigen und nicht zulässigen Nichtprüfungsleistungen und die Honorarobergrenzen detaillierter festgelegt, jedoch durch die Wahlrechte der einzelnen Mitgliedsstaaten nicht absolut eingeschränkt. Der Aufsichtsrat bzw. Prüfungsausschuss wird verpflichtet, eine Aufstellung über Nichtprüfungsleistungen des Abschlussprüfers zu erstellen und die Einhaltung der Regulierungen zu überwachen.

 

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1 Vgl. IDW Positionspapier zu Nichtprüfungsleistungen des Abschlussprüfers (Stand: 12.05.2017) 

2 Vgl. hierzu IDW Positionspapier zur Ausschreibung der Abschlussprüfung für Unternehmen von öffentlichem Interesse (Stand: 30.05.2016)
3 Vgl. IDW Positionspapier zu Nichtprüfungsleistungen des Abschlussprüfers (Stand: 12.05.2017)
4 Vgl. Entwurf eines IDW Qualitätssicherungsstandards: Anforderungen an die Qualitätssicherung in der Wirtschaftsprüferpraxis (IDW EQS 1) (Stand: 04.10.2016)

5 Vgl. IDW Prüfungsstandard: Grundsätze ordnungsmäßiger Prüfung von Risikomanagementsystemen (IDW PS 981)
6 Vgl. IDW Positionspapier zu Nichtprüfungsleistungen des Abschlussprüfers (Stand: 12.05.2017)

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