Vertraglicher Ausschluss der Kündigung wegen Eigenbedarfs

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​veröffentlicht am 10.9.2024 | Lesedauer ca. 2 Minuten

LG Berlin II, Urteil vom 16. Mai 2024, Az.: 64 S 198/22


Der vertraglich vereinbarte Ausschluss der Eigenbedarfskündigung bei Mietwohnungen gilt auch gegenüber dem neuen Wohnungseigentümer.

Die Klägerin erwarb eine Wohnung, die der Verkäufer als vorheriger Eigentümer an die Beklagten vermietet hatte. Mit dem Erwerb der Wohnung trat die Klägerin anstelle des bisherigen Vermieters in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis ein. Anschließend kündigte die Klägerin das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs. Die Beklagten wiesen die Kündigung zurück und begründeten dies mit einer schriftlichen Ergänzungsversatzvereinbarung, die vor dem Verkauf der Wohnung mit dem Voreigentümer geschlossen wurde und eine Eigenbedarfskündigung vertraglich ausschloss. Die Klägerin erhob Räumungsklage beim Amtsgericht. Die Vereinbarung über den Ausschluss der Eigenbedarfskündigung stelle einen unzulässigen Vertrag zugunsten Dritter dar, von dem sie keine Kenntnis gehabt habe. Zudem sei die Ergänzungsvereinbarung nicht wirksam zustande gekommen, da zwischen den Unterschriften der Parteien ein Zeitraum von sechs Wochen gelegen habe. Nachdem das Amtsgericht die Klage abwies, verfolgte die Klägerin ihr Begehren vor dem Landgericht weiter.

Das Landgericht hat die Berufung der Klägerin ebenfalls zurückgewiesen und entschieden, dass der vertragliche Ausschluss der Eigenbedarfskündigung zulässig und die Ergänzungsvereinbarung wirksam zustande gekommen ist. Ein Vertrag zu Lasten Dritter ist nach dem Landgericht hierin nicht zu sehen. Ein solcher liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur dann vor, wenn durch ihn unmittelbar die Rechtspflicht eines am Vertrag nicht beteiligten Dritten entstehen soll. Im vorliegenden Fall wurden durch die Ergänzungsvereinbarung zum Mietvertrag lediglich Verpflichtungen der damaligen Mietvertragsparteien begründet, so dass der Ausschluss der Eigenbedarfskündigung nur zwischen den damaligen Parteien wirkte und die Klägerin als Erwerberin hiervon zunächst nicht betroffen war. Dass die Klägerin durch den Erwerb nach der Regelung des § 566 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)​​ an die Stelle des bisherigen Vermieters getreten ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Rechte und Pflichten des Erwerbers ergeben sich erst aufgrund der kraft Gesetzes eingetretenen Rechtsnachfolge und nicht unmittelbar durch die vertragliche Regelung. Der Eintritt in die Rechtsstellung des damaligen Vermieters setzt nicht voraus, dass der Erwerber die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis kennt. 

Das Landgericht entschied weiter, dass auch der zeitliche Abstand von sechs Wochen zwischen der ersten und der zweiten Unterschrift nicht zur Unwirksamkeit der Zusatzvereinbarung führe. Auf den Zeitpunkt der Unterzeichnung durch die Parteien kommt es für die Frage der Wirksamkeit der Ergänzungsvereinbarung nicht an. Insoweit muss zwischen der Einhaltung der äußeren Form zur Wahrung des Schriftformerfordernisses nach §§ 550​, 126 BGB und der Frage, ob der Vertrag wirksam zustande gekommen ist, unterschieden werden. Das Schriftformerfordernis soll dem Erwerber keine Gewissheit darüber verschaffen, ob der Vertrag besteht, sondern ihm für den Fall, dass der Vertrag besteht, Gewissheit darüber verschaffen, in welche Vertragsbedingungen er eintritt. Vor diesem Hintergrund setzt das Schriftformerfordernis nicht voraus, dass der Mietvertrag durch schriftliche Erklärungen zustande gekommen ist. Vielmehr genügt ein Mietvertrag auch dann der schriftlichen Form, wenn er inhaltsgleich mit den in der äußeren Form des § 126 BGB​ niedergelegten Vertragsbedingungen konkludent geschlossen wurde.

Fazit:


Das Urteil setzt die rechtlichen Folgen des § 566 BGB​ konsequent um. Danach tritt der Käufer einer Immobilie in den bestehenden Mietvertrag als neuer Vermieter ein und ist an dessen Bedingungen gebunden. Ein zwischen den vorherigen Mietvertragsparteien vertraglich vereinbarter Ausschluss der Eigenbedarfskündigung muss der Erwerber gegen sich gelten lassen. Um wirtschaftlichen Nachteilen vorzubeugen, empfiehlt es sich, im Vorfeld eines geplanten Immobilienerwerbs die vorhandene Mietvertragsdokumentation durch einen erfahrenen Berater prüfen zu lassen.​

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