Wer zahlt die Notunterkunft?

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veröffentlicht am 12.9.2023 | Lesedauer ca. 2 Minuten

BGH, Urteil vom 21. Juni 2023, Az.: VIII ZR 303/21

Mehrkosten für eine Notunterkunft stellen bei Verschulden des Untervermieters einen ersatzfähigen Schaden dar.

Die Beklagte hatte ihre Mietswohnung in Hamburg unberechtigterweise an eine Familie untervermietet, wobei die Miete durch ein Jobcenter entrichtet wurde. Als der Hauptvermieter von der unberechtigten Untervermietung erfuhr, kündigte er aus gegebenem Anlass sein Mietverhältnis mit der Beklagten. Im Rahmen der daraufhin erhobenen Räumungsklage einigten sich Hauptvermieter und die Beklagte auf Herausgabe der untervermieteten Wohnung. Die Beklagte kündigte in dem Zuge ihrem Untermieter das Mietverhältnis, weshalb die Familie vorübergehend in einer öffentlichen Notunterkunft untergebracht werden musste. Das Jobcenter, welches auch für die Kosten der Notunterkunft aufkam, verklagte die Beklagte auf Ersatz dieser Kosten. Das Landgericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass die im Vergleich zur vorherigen Miete wesentlich höheren Kosten für die Notunterkunft von der Beklagten nicht zu erstatten seien. Es fehle an der Zurechenbarkeit dieses Schadens zu der Pflichtverletzung der Beklagten. 

Die Revision vor dem BGH hiergegen hatte jedoch Erfolg. Ausgangspunkt der Rechtsstreitigkeit ist die unberechtigte Untervermietung. Grundsätzlich ist es dem Mieter nicht gestattet, die Wohnung ohne Erlaubnis an einen Dritten zu überlassen. Im Falle der Wohnraummiete muss ein berechtigtes Interesse an der Überlassung bestehen und der Vermieter darf die Erlaubnis nicht unbegründet verwehren. Ansonsten handelt es sich um eine unberechtigte Untervermietung und der Hauptvermieter ist zur Herausgabe der Mietsache berechtigt. Durch die erforderliche Herausgabe wird dem Untermieter wiederum der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache entzogen. Hierin liegt ein Mangel der Mietsache. Dieser Mangel berechtigt diesen zum Schadensersatz, sofern der Vermieter – hier also die Beklagte als Untervermieter – den vertragswidrigen Zustand der Gebrauchsentziehung zu verschulden hat.

Nach Ausführungen des BGH seien die Voraussetzungen des Schadensersatzes erfüllt. Dem Untermieter wurde durch die erforderliche Herausgabe der Wohnung an den Hauptvermieter der Gebrauch entzogen. Nachdem es der Familie auch nicht gelang, eine anderweitige Unterkunft zu finden, sei die Unterbringung in der Notunterkunft eine kausale und erwartbare Folge des durch die Beklagte verschuldeten Wohnungswechsels. Im entstandenen Schaden der Unterbringungskosten spiegele sich ferner eine Gefahr wider, vor der die verletzte Vertragspflicht schützen solle, weshalb der Schaden der Beklagten zuzurechnen sei. Der Umstand, dass die Kosten der Notunterkunft wesentlich höher als die vorherige Miete sind, ließe den Anspruch auf Schadensersatz nicht gänzlich entfallen, sondern sei vielmehr im Rahmen des Schadensumfangs zu berücksichtigen. Die Schadensersatzpflicht ist aber vor dem Hintergrund eines gerechten Interessenausgleichs zeitlich begrenzt. Die Beklagte habe nur für diejenigen Mehrkosten aufzukommen, die in dem Zeitraum vor wirksamer und berechtigter Beendigung des Vertragsverhältnisses mit den Untermietern entstehen. D.h. sie sind auf den vereinbarten Ablauf der Vertragsdauer oder das Wirksamwerden einer rechtmäßigen Kündigung begrenzt. Die Sache wurde zur neuen Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Fazit:

Die Rechte des Mieters im Falle einer Pflichtverletzung des Vermieters schützen auch den Untermieter. Dieser ist bei unberechtigter Gebrauchsüberlassung unabhängig von der Vereinbarung mit dem Untervermieter dem Herausgabeanspruch des Hauptvermieters ausgesetzt und muss ggf. notgedrungen für eine Notunterkunft aufkommen. Dieser Gedanke kann dabei gegebenenfalls auch auf andere Schadenspositionen erweitert werden.



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