„Selbst bewohnen“ bei seltenen verlängerten Wochenenden

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veröffentlicht am  20.6.2023 | Lesedauer ca. 2 Minuten

LG Traunstein, Endurteil vom 3. Mai 2023, Az.: 3 S 2451/22

Es liegt kein „selbst bewohnen” vor, wenn der Vermieter seine Wohnung alle zwei Monate für ein verlängertes Wochenende nutzt.


Der Vermieter und zugleich Eigentümer eines Anwesens, bestehend aus zwei Wohnungen, ging gegen seinen Mieter vor. Der Mieter lebt in einer der beiden Wohnungen. Die zweite Wohnung des Anwesens wird vom Vermieter, der seinen Erstwohnsitz in einem anderen Bundesland hat, als „Ferienwohnung” genutzt. Der Vermieter kündigte mit Schreiben vom 18. März 2022 den Mietvertrag zum 30. September 2022. Er berief sich dabei darauf, dass er ein besonderes Ruhe- und Erholungsbedürfnis habe, wenn er die zweite Wohnung als Ferienwohnung nutze. Aufgrund der erhöhten Wahrscheinlichkeit des Aufeinandertreffens mit den dort wohnhaften Mietern sei die Gefahr von Spannungen erhöht, sodass die Ferienwohnung nicht mehr zur Erholung genutzt werden könne. Dabei stützte der Vermieter die Kündigung auf § 573a BGB, wonach ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen gekündigt werden kann, ohne dass ein berechtigtes Interesse an der Kündigung vorliegen muss. Der Vermieter gab an, dass er alle zwei Monate ein verlängertes Wochenende, gelegentlich auch bis zu vier oder fünf Tage und im Durchschnitt 3-7 Tage im Monat die zweite Wohnung nutze. Gegen diese Kündigung wehrte sich der Mieter. Nachdem der Mieter die Wohnung nicht räumte und an den Vermieter fristgerecht herausgab, erhob dieser Räumungsklage.


Das Landgericht wies die Räumungsklage ab, da der Vermieter das Gebäude nicht selbst bewohnt im Sinne des § 573a BGB, sodass die Kündigung unwirksam ist. Grundsätzlich darf es sich bei der „selbst bewohnten” Wohnung eines Vermieters im Gebäude durchaus auch um eine Zweitwohnung handeln. Jedoch muss bei dieser Zweitwohnung eine gewisse Nutzungsintensität vorliegen, sodass die Gefahr erhöhter Spannungen möglich erscheint. Aus der gesetzlichen Regelung ergibt sich zwar nicht, dass der Vermieter auch seinen Lebensmittelpunkt im Gebäude haben muss. Daher ist es grundsätzlich möglich, dass eine Nutzung derartiger Wohnungen als Ferienwohnung erlaubt ist. Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung soll der Vermieter wegen möglicher Spannungen, die sich aus dem engen Zusammenleben mit dem Mieter ergeben, das Mietverhältnis erleichtert ohne berechtigtes Interesse – wie es sonst erforderlich ist – durch Kündigung beenden können. Damit kommt es entscheidend darauf an, wie der Vermieter zum Zeitpunkt der Kündigung das Gebäude nutzt. Das Landgericht stellte fest, dass der Vermieter im relevanten Zeitraum der letzten zwei Jahre die Wohnung alle zwei Monate nutzte, um ein verlängertes Wochenende dort zu verbringen. Das verlängerte Wochenende entspricht dabei 3 Tagen. Das Landgericht sah es als nicht erwiesen an, dass der Vermieter, wie von ihm behauptet, öfter nutzte. Damit lag keine intensivere, zeitlich umfangreichere Nutzung des Vermieters vor, die das Kriterium des „Selbst-Wohnens” erfüllt. Die Nutzung als Ferienwohnung ist damit nicht verbunden mit einer gesteigerten Schutzbedürftigkeit des Vermieters und bedeutet auch nicht, dass er verstärkt vor Ort ist. Erforderlich ist schließlich auch nicht, ob das Mietverhältnis zwischen den Parteien tatsächlich angespannt war. Das Bestehen von Spannungen ist ohnehin keine Voraussetzung für eine Kündigung. Soweit zwischen den zwei Parteien Spannungen und Konflikte vorlagen, wurden diese im vorliegenden Fall nicht aufgrund des engen Zusammenlebens von Vermieter und Mieter verursacht.

 

Fazit:

Als Ausnahmeregelung eröffnet § 573a BGB Vermietern eine erleichterte Kündigungsmöglichkeit. Jedoch ist stets eine sorgfältige Betrachtung des Einzelfalls notwendig, um voreilige Kündigungen zu vermeiden. Auch wenn dem Vermieter aufgrund des hohen Konfliktpotenzials beim engen Zusammenleben mit Mietern die Kündigung erleichtert werden soll, stellen Spannungen keinen Kündigungsgrund dar. 

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