Fiktive Schadensberechnung im Mietrecht weiterhin möglich

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veröffentlicht am  20.6.2022 | Lesedauer ca. 1 Minuten

BGH, Urteil vom 19. April 2023, Az.: VIII ZR 280/21

Im Mietrecht kann weiterhin ein Schadensersatz fiktiv anhand eines Kostenvoranschlags abgerechnet werden.


Zwischen den Parteien bestand bis Ende 2017 ein Mietverhältnis in einem Mehrparteienhaus des Klägers. Der beklagte Mieter hat bei Auszug geschuldete Arbeiten an der Wohnung nicht erbracht. Nach Fristsetzung holte der Vermieter einen Kostenvoranschlag für die erforderlichen Arbeiten ein. Teilweise ließ der Kläger die Arbeiten ausführen. Er verlangt vom Beklagten Schadensersatz für die erfüllte Leistung und auch für die nicht erfüllte Leistung auf Grundlage des Kostenvoranschlags. Die beiden Vorinstanzen wiesen den Anspruch mit der Begründung ab, dass die Entscheidung des Bundesgerichtshofs über die Unzulässigkeit der fiktiven Schadensberechnung im Werkvertragsrecht auf das Mietrecht übertragbar ist.


Der Bundesgerichtshof hob das Urteil nun auf und verweist auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der im Mietrecht die Ansprüche durch die erforderlichen, aber noch nicht aufgewendeten Kosten berechnet werden können. Die Abkehr des für das Werkvertragsrecht zuständigen VII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs von der fiktiven Schadensberechnung ist durch die Besonderheiten des Werkvertragsrechts bedingt und nicht auf andere Vertragstypen übertragbar.


Hauptgrund für die Rechtsansicht des Bundesgerichtshofs im Werkvertragsrecht ist, dass die Gefahr einer Überkompensation besteht und gesetzlich ein Vorschussanspruch für die Mängelbeseitigung geregelt ist, womit ein Rechtsschutzinteresse für einen überschießenden Schadensersatzanspruch nicht besteht. Zwar gibt es auch im Mietrecht einen Vorschussanspruch für die Selbstvornahme von Mängelbeseitigung, doch besteht dieser Anspruch nur bei laufenden Verträgen und nicht wie hier bei beendeten Verträgen. Zudem ist auch im Mietrecht eine nach schadensrechtlichen Grundsätzen stets zu vermeidende Überkompensation denkbar. Allerdings wird der Gefahr einer ungerechtfertigten Bereicherung dadurch begegnet, dass ohnehin nur die zur Erfüllung der Leistungspflicht erforderlichen Kosten Teil des Schadensersatzanspruch sind. Letztendlich bleibt ohnehin der Grundsatz von Treu und Glauben die dauernde Inhaltsbegrenzung.

 

Fazit:

Nachdem bereits durch den VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs klargestellt wurde, dass die Entscheidung zum Werkvertragsrecht keine Auswirkung auf die Beurteilung der Zulässigkeit der fiktiver Schadensberechnung im Kaufrecht hat, ist nun auch klargestellt, dass dies ebenso für das Mietrecht gilt. Die von der Vorinstanz angeführte Vergleichbarkeit der Rechtsprechung besteht tatsächlich nicht. Die Rechtsprechung zur unzulässigen fiktiven Schadensberechnung bleibt damit eine Besonderheit des Werkvertragsrechts, die auf die häufig entstehende Überkompensation einer fiktiven Schadensberechnung und der gesetzlichen Regelungen zurückzuführen ist.

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