Befürchtung berechtigt nicht zum Vorkauf

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BVerwG, Urteil vom 9. November 2021, Az.: 4 C 1.20

Das gemeindliche Vorkaufsrecht für ein Grundstück darf nicht aufgrund der Annahme, der Käufer werde es in erhaltungswidriger Weise nutzen, ausgeübt werden.


Die klagende Immobiliengesellschaft erwarb ein Berliner Grundstück, das mit einem Gebäude mit 20 Mietwohnungen und zwei Gewerbeeinheiten bebaut ist. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich einer Erhaltungsverordnung in Form einer sogenannten Milieuschutzsatzung, welche dazu bestimmt ist, aus besonderen städtebaulichen Gründen die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung zu erhalten und zu schützen. Der beklagte Bezirk übte in der Folge entsprechend der in Berlin üblichen Vorkaufsrechtspraxis sein Vorkaufsrecht zugunsten einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft aus. Hierdurch sollte eine Verdrängung der Wohnbevölkerung durch Mieterhöhungen oder Umwandlung in Eigentumswohnungen vermieden werden. Sowohl das Verwaltungsgericht Berlin als auch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hielten die Ausübung des Vorkaufsrechts vor dem Hintergrund der Förderung der sozialen Erhaltungsziele für gerechtfertigt. In der Folge wandte sich die klagende Immobiliengesellschaft an das Bundesverwaltungsgericht.


Mit Erfolg: Das Bundesverwaltungsgericht entschied, dass das Vorkaufsrecht nicht auf Grund der Annahme, dass der Käufer das Grundstück künftig in einer die Mieter verdrängenden Weise nutzen werde, ausgeübt werden dürfe. Dies ergebe sich daraus, dass das gemeindliche Vorkaufsrecht gemäß dem Baugesetzbuch ausgeschlossen sei, wenn das Grundstück entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans oder den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme bebaut ist und genutzt wird und ein auf ihm errichtetes Gebäude keine Missstände oder Mängel aufweist. Dieser Ausschluss des Vorkaufsrechts sei in dem streitgegenständlichen Fall gegeben. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen seien dabei zu erwartende künftige Nutzungen nicht zu berücksichtigen. Vielmehr komme es auf die zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung vorliegenden tatsächlichen Verhältnisse an.

 

Fazit:

Mit dieser Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht die bisher umstrittene Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Vorkaufsrecht für Grundstücke innerhalb einer Erhaltungssatzung ausgeübt werden kann, beantwortet. Durch die Beschränkung des Vorkaufsrechts werden die Rechte privater Käufer gestärkt, wohingegen sich die Gemeinden und Bezirke künftig zurücknehmen müssen.

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