Außensteuergesetz: Gewerbesteuerliche Kürzung des Hinzurechnungsbetrags

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Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich in der gestern veröffentlichten Entscheidung vom 11. März 2015 (Az. I R 10/14) mit der Wirkung der Gewerbesteuer im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung nach dem deutschen Außensteuergesetz (AStG) auseinandergesetzt. Die Fragestellung, ob der AStG-Hinzurechnungsbetrag stets der deutschen Gewerbesteuer unterliegt, ist insbesondere für deutsche Unternehmen mit internationalen Outbound-Sachverhalten von entscheidender Bedeutung. Denn es ist derzeit umstritten, ob der Hinzurechnungsbetrag bei inländischen Steuerpflichtigen nicht nur der Einkommen-/Körperschaftsteuer, sondern zudem auch der Gewerbesteuer unterliegt. Das Finanzgericht Düsseldorf (Entscheidung vom 28. November 2013, Az. 16 K 2513/12 G) ist nämlich zu dem Ergebnis gelangt, dass der Hinzurechnungsbetrag im vollen Umfang auch bei der Gewerbesteuer zu erfassen ist. 
 
Im Streitfall war die Klägerin, eine inländische GmbH, alleinige Gesellschafterin einer singapurischen Kapitalgesellschaft (A-Limited), die Einkünfte aus sogenannter passiver Tätigkeit (Zinsen und Währungsdifferenzen) im Sinne des AStG erzielte. Da die Klägerin die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen der sogenannten „Hinzurechnungsbesteuerung” im Sinne des § 7f AStG erfüllte, sie war nämlich zu mehr als der Hälfte an der A-Limited beteiligt, die steuerschädliche, passive und zudem niedrig besteuerte Einkünfte erzielte. Somit war der Steuertatbestand erfüllt und die Klägerin hat im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben den sogenannten Hinzurechnungsbetrag im Sinne des § 10 AStG ermittelt. Dieser Betrag wurde von der Klägerin zwar dem körperschaftsteuerrechtlichen Einkommen hinzugerechnet, jedoch im Rahmen der Gewerbesteuererklärung nicht berücksichtigt. Dieser Vorgehensweise folgten weder das zuständige Finanzamt noch das vorstehend bereits erwähnte Finanzgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 28. November 2013. 
 
Allerdings hat die eingelegte Revision des Klägers vor dem BFH Erfolg; sowohl das Finanzamt als auch das Finanzgericht haben die vom Kläger beantragte Kürzung des Hinzurechnungsbetrags im Rahmen der Gewerbesteuer zu Unrecht abgelehnt. 
 
Entsprechend den Ausführungen des BFH ist die gewerbesteuerliche Kürzungsvorschrift nach § 9 Nr. 3 GewStG einschlägig, nach der der gewerbesteuerlich zu erfassende Gewinn um den Teil des Gewerbeertrags eines inländischen Unternehmens zu kürzen ist, der auf eine im Ausland belegene Betriebsstätte entfällt. Der Hinzurechnungsbetrag bestimmt sich nach dem quotalen Anteil der ausländischen, passiven Einkünfte der Zwischengesellschaft, die ihrerseits aus einer ausländischen Betriebsstätte resultieren. Es handelt sich zwar bei jener Betriebsstätte um eine solche der A-Limited und nicht der Klägerin, jedoch nimmt der Regelungswortlaut des § 9 Nr. 3 GewStG hierauf keine Rücksicht. Es ist ausreichend, wenn die Einkünfte auf „eine” nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfallen. Diese Voraussetzung liegt nach Ansicht des BFH im Streitfall vor. Der gegenteiligen Sichtweise des Finanzgerichts, wonach die betroffenen Einkünfte beim Kläger als sogenannte „betriebsstättenlose” Auslandseinkünfte anzusehen sind, kann nicht gefolgt werden. Der Hinzurechnungsbetrag ist vielmehr einer Auslandsbetriebsstätte zuzuordnen, sodass der Tatbestand der gewerbesteuerlichen Kürzung nach § 9 Nr. 3 GewStG erfüllt ist. Diese Beurteilung wird auch nicht dadurch verneint, dass der Hinzurechnungsbetrag für körperschaftsteuerliche Zwecke aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Fiktion im Außensteuergesetz als Kapitaleinkünfte (wie zum Beispiel Dividenden) qualifiziert. Diese fiktive Zuordnung des Hinzurechnungsbetrags einer Einkunftsart ändert nichts an der Zuordnung des zugrundeliegenden Gewerbeertrags zu einer Auslandsbetriebsstätte der A-Limited. 
 
Eine andere Auslegung würde zu unsachgemäßen Ergebnissen führen. Hierbei wird vor allem darauf hingewiesen, dass eine Erfassung des Hinzurechnungsbetrags im Rahmen der Gewerbesteuer eine unsystematische Doppelbesteuerung zur Folge hätte, weil die Steuern, welche im Ausland zu Lasten der A-Limited von dem den Hinzurechnungsbetrag zugrundeliegenden Einkünften erhoben wurden, gemäß § 12 AStG nur auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer, nicht jedoch auf die Gewerbesteuer angerechnet werden können. 
 
Dieses Regelungsverständnis sieht der BFH auch nicht durch einen Anwendungsvorrang von § 9 Nr. 7 GewStG verdrängt. Zwar könnte diese Kürzungsvorschrift grundsätzlich zu beachten sein, allerdings würde sie im konkreten Streitfall nicht zur Anwendung kommen, weil die A-Limited nicht die gesetzlich verlangten Aktivitätsvoraussetzungen erfüllt. Darüber hinaus bezieht sich die Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 7 GewStG auf Gewinnanteile (Dividenden) der A-Limited. Da jedoch die über den Hinzurechnungsbetrag hinzugerechneten Einkünfte der A-Limited unmittelbar aus der Einkunftsermittlung der Zwischengesellschaft abgeleitet wurden, handelt es sich insofern gerade um keine fiktiven Gewinnanteile (Dividenden). Folglich ist der Hinzurechnungsbetrag für Gewerbesteuerzwecke im vollen Umfang gemäß § 9 Nr. 3 GewStG zu kürzen.
  
Die aktuelle BFH-Entscheidung hat die praxisrelevante Streitfrage der zutreffenden Behandlung des Hinzurechnungsbetrags für Gewerbesteuerzwecke geklärt und führt beim Steuerpflichtigen zu erheblicher Rechtssicherheit. Insbesondere die ansonsten ungleiche steuerliche Behandlung inländischen Steuerpflichtigen, wonach eine steuerliche Vorbelastung einer Auslandsgesellschaft (hier: A-Limited) zwar auf die inländische Einkommen- und Körperschaftsteuer, nicht jedoch aber auf die Gewerbesteuer angerechnet werden kann, wird durch die Auslegung des BFH nunmehr beseitigt. Dabei konnte der BFH offen lassen, inwieweit die Hinzurechnungsbesteuerung im Allgemeinen gegen EU-Recht, vornehmlich gegen die Kapitalverkehrsfreiheit sowie die Niederlassungsfreiheit, verstößt. Von dieser Entscheidung können auch geschlossene Fonds profitieren, die ihre Auslandsinvestments in niedrig besteuerte Länder durchführen oder diese zum Beispiel über im Ausland errichtete Zwischengesellschaften finanzieren möchten.

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Frank Dißmann

Diplom-Kaufmann, Steuerberater

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