Doppelte Grunderwerbsteuer aufgrund einer Vertragsübernahme

PrintMailRate-it
In dem nicht rechtskräftigen Urteil des Finanzgerichts Köln vom 26. März 2014 (Az. 5 K 235/11) ging es um die Frage, ob die Ausübung eines in einem Anteilskaufvertrag vereinbarten Benennungsrechts zur Vertragsübernahme eine doppelte Grunderwerbsteuer auslöst. Mit Vertrag vom September 2006 verkaufte die offenbar in den Niederlanden ansässige Y-Bank sämtliche Gesellschaftsanteile an der Zielgesellschaft (WX N.V.) an die W-Bank. Die Zielgesellschaft war wiederum an weiteren niederländischen Kapitalgesellschaften beteiligt, die unter anderem umfangreichen, in Deutschland belegenen Grundbesitz besaß. Der Anteilskaufvertrag sah zu Gunsten der W-Bank das Recht vor, vor dem Vollzug des Vertrags eine Gesellschaft seiner Unternehmensgruppe als Käuferin zu benennen (sogenanntes „Benennungsrecht”). Für diesen Fall hatte sich die W-Bank verpflichtet, die Erfüllung des Anteilskaufvertrags durch die benannte Konzerngesellschaft zu garantieren. Mit der Änderungsvereinbarung vom Dezember 2006 übte die W-Bank ihr Benennungsrecht noch vor Vollzug der Transaktion zu Gunsten der Klägerin als Käuferin aus. Zur Umsetzung beschlossen die Y-Bank, W-Bank sowie die Klägerin den ursprünglichen Anteilskaufvertrag vom September 2006 anzupassen. Mit dem notariellen Vertrag vom Dezember 2006 wurden sodann die Anteile der Y-Bank an der Zielgesellschaft untermittelbar auf die Klägerin übertragen.
 
Das zuständige deutsche Finanzamt sah in der erfolgten Anteilsübertragung vom Dezember 2006 den Tatbestand der „Anteilsvereinigung” an der Zielgesellschaft gemäß § 1 Abs. 3 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) in der Hand der Klägerin als erfüllt an. Somit erließ es am 20. November 2007 einen entsprechenden Grunderwerbsteuerbescheid gegen die Klägerin, wobei als Veräußerer der Gesellschaftsanteile an der Zielgesellschaft die Y-Bank benannt wurde. Allerdings erging auch gegenüber der W-Bank als Erwerberin der besagten Gesellschaftsanteile ein entsprechender Feststellungsbescheid, der sich jedoch auf den Anteilskaufvertrag vom September 2006 bezog. Somit hat das zuständige Finanzamt den Erwerbsvorgang zweimal der Grunderwerbsteuer unterworfen.
 
Die Klägerin führte in ihrem Einspruch gegen den erlassenen Feststellungsbescheid an, dass nur der ursprüngliche Anteilskaufvertrag vom September 2006 Grunderwerbsteuer ausgelöst habe, und zwar in der Hand der W-Bank. Durch die Benennung der Klägerin als Erwerberin handelte es sich lediglich um eine Vertragsübernahme, die keinen weiteren grunderwerbsteuertatbestandlichen Übereignungsanspruch begründet hätte. Vielmehr sei der bereits bestehende Übertragungsanspruch lediglich auf die Käuferin übertragen worden.
 
Trotz des anschließenden Einspruchsverfahrens blieb das Finanzamt bei seiner Beurteilung, dass sowohl der ursprüngliche Anteilskaufvertrag vom September 2006 als auch das durch den Ersterwerber (W-Bank) ausgeübte Benennungsrecht zu Gunsten der Klägerin Übereignungsansprüche begründeten, die im Ergebnis zu einer doppelten Grunderwerbsteuer geführt haben. Die nach Einspruchsentscheidung eingelegte Klage der Klägerin hat jedoch das Finanzgericht Köln als unbegründet zurückgewiesen.
 
Der erkennende Senat führt zunächst aus, dass es sich bei der Benennung der Klägerin als Käuferin der Anteile an der Zielgesellschaft aufgrund des in dem ursprünglichen Anteilskaufvertrag vereinbarten Benennungsrechts (September 2006) zivilrechtlich um eine sogenannte „Vertragsübernahme” gehandelt hat. Sie ist in die gesamte vertragliche Rechtsposition der Y-Bank als Ersterwerberin eingetreten, sodass es lediglich zu einem Subjektwechsel gekommen ist. Auch wenn sich zivilrechtlich bei einer solchen Vertragsübernahme der Eigentumserwerb zwingend zwischen dem ursprünglichen Veräußerer (Y-Bank) und dem Dritten (Klägerin) vollzieht, findet jedoch der grunderwerbsteuerrechtlich maßgebliche Rechtsträgerwechsel – bei einer Grundstücksveräußerung – zwischen dem ursprünglichen Erwerber (W-Bank) und dem Dritten (Klägerin) statt. Es handelt sich um einen derivativen Erwerb des Dritten. Das Finanzgericht überträgt diese Überlegungen zu einer Grundstücksveräußerung auch auf den im Streitfall vorliegenden Anteilserwerb, sodass der Erwerbstatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG einschlägig sei. Folglich hat die Klägerin die Gesellschaftsanteile nicht – wie in dem ursprünglichen Feststellungsbescheid festgehalten – von dem Verkäufer (Y-Bank), sondern vielmehr von dem Ersterwerber (W-Bank) erworben. Somit hat die Vertragsübernahme, die noch vor dem Vollzug des Anteilserwerbs aufgrund des ursprünglichen Anteilskaufvertrags vom September 2006 erfolgte, doppelte Grunderwerbsteuer ausgelöst.
 
Da gegen die Entscheidung des Finanzgerichts Köln Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen wurde, da die im Streitfall zu beurteilende Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, gilt es bei zukünftigen Erwerbstransaktionen früh genug sicherzustellen, welche Gesellschaft als Käuferin in den entsprechenden Kaufverträgen benannt werden soll. Es bestehen durchaus berechtigte Zweifel, dass der BFH die Sichtweise des Finanzgerichts teilen wird, dennoch ist diese Entscheidung bei zukünftigen Transaktionen auf jeden Fall zu beachten.

Kontakt

Contact Person Picture

Frank Dißmann

Diplom-Kaufmann, Steuerberater

Partner

+49 911 9193 1020

Anfrage senden

Profil

Weitere Informationen

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu