Erste Erfahrungen mit der wirtschaftlichen Situation in Krankenhäusern während der Corona-Pandemie

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​veröffentlicht am 8. Dezember 2020, Autoren: Tim Schilling, Jan Schilling


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Die Chance aus der Krise – Rückblick auf eine turbulente Zeit ohne bevorstehendes Ende!

Die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser in Deutschland ist auch ohne anhaltende Corona-Pandemie ein zentrales Thema der Berichterstattung. Bereits im Jahr 2018 verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage der deutschen Krankenhäuser deutlich laut Krankenhaus Rating Report. Zusätzlich besteht bei etwa 13 Prozent der Kliniken ein erhöhtes Insolvenzrisiko, was somit keine gute Ausgangsbasis für wirtschaftlich turbulente Zeiten ist. Dies erzeugt in den Kliniken neben einem enormen Handlungsdruck und den täglichen Aufgaben, eine konsequente Planung zusätzlicher operativer und strategischer Maßnahmen.


Ungeachtet einer solch wirtschaftlich erschwerten Lage und zusätzlicher Implikationen der Corona-Pandemie, müssen die ablauforganisatorischen Strukturen der Kliniken verbessert werden. Eine strukturelle Verbesserung sollte allerdings nicht ausschließlich über die Verknappung von Ressourcen generiert werden, da ein ungezielter Personalabbau lediglich ökonomische Einmaleffekte ohne die Chance einer Organisationsentwicklung bedeutet.


Sicherlich ist ein Teil der negativen wirtschaftlichen Lage der Krankenhäuser durch die rückläufigen stationären Fallzahlen, den weiter anhaltenden Fachkräftemangel und durch eine fokussierte Prüfung der Krankenhausrechnungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) begründet.


Nur ist ebenfalls absehbar, dass dieses Grundbetriebsrisiko der Krankenhäuser zukünftig nicht sinken, sondern durch fehlende Unternehmensagilität wachsen und somit die Untätigkeit den Handlungsdruck in den Kliniken steigern wird. Die Corona-Pandemie bedeutet aber zusätzlich, neben einer wirtschaftlichen Berg- und Talfahrt für die Mitarbeiter, eine klare und transparente Strategie der Sicherung zu entwickeln.

 

Begrenzte Testkapazitäten – bei wachsender Zahl von corona-positiven Patienten und Mitarbeitern – führen die Organisation an die Belastungsgrenzen. Somit stellen Schutz und wertschätzende Führung des eigenen Personals und die sichere Versorgung der Patienten die größte Aufgabe dar.


Steigender Handlungsdruck

Hieraus folgt die Notwendigkeit zur Entwicklung eines klaren Konzeptes im Patientenmanagement unter verbesserten Sicherheitsstandards analog dem Infektionsschutzgesetz und der sog. Corona-Testverordnung. Durch den steigenden Fachkräftemangel, verbunden mit dem stark ansteigenden Krankenstand oder Dienstausfall zu Testzwecken, müssen Kliniken stationäre Ressourcen besser verteilen und Kapazitäten planen. Insbesondere trifft dies die Kernbereiche der Organisation, nämlich die Notaufnahmen, OP und Intensivstationen.


Das Problem des Fachkräftemangels ist kein temporäres Problem, das kurzfristig behoben werden kann. Allein zurzeit fehlen in Deutschland mehr als 4.000 ausgebildete Intensivpflegekräfte, um die vorhandenen Intensivbetten überhaupt betreiben zu können. Es muss an essenziellen Stellschrauben gearbeitet werden, um zukünftig und insbesondere langfristig erfolgreich Probleme zu lösen.


Ebenso ist dem Rückgang der stationären Fallzahlen mit einer Fokussierung des regionalen Leistungsangebotes in Kombination mit einem effektiveren Ressourceneinsatz entgegenzuwirken. Das qualitative Leistungsangebot muss auf die regionale Versorgungsnachfrage der Bevölkerung adaptiert werden und darf nicht durch ein rein wirtschaftlich profitables Portfolio getriggert werden. Der sog. „medizinische Warenkorb” wird zukünftig einen stärkeren Einfluss auf die Krankenhausplanung haben.


So ist im Planungsentwurf für die Krankenhausplanung des Landes NRW erstmalig die Abkehr von den sog. Planbetten vollzogen, und er richtet sich vielmehr nach qualitativen Parametern der Versorgungssicherheit und des Bedarfes. Damit wird ebenso klar, dass die Patienten für bestimmte elektive, aber auch notfallmäßige Leistungen weitere Wege auf sich nehmen müssen. Heißt konkret, es wird nicht mehr an  jedem Krankenhaus der Grundversorgung ein selten genutzter teilausgelasteter Links-Herz-Katheter-Messplatz betrieben werden können.


Auch die verschärften Rechnungsprüfungen des nun unabhängigen Medizinischen Dienstes, die mit dem MDK-Reformgesetz eingeführt worden sind, stellen Kliniken vor große Herausforderungen. Genau diese qualitativen Prüfungen werden den inhaltlichen Druck auf die Krankenhäuser erhöhen. Zum einen wird der Druck durch die gestaffelte Prüfungsquote verstärkt, zum anderen zwingt dies die Einrichtungen entsprechende personelle und qualifizierte Ressourcen für den erkennbaren bürokratischen Mehraufwand aufzubauen.


Corona – Was nun?

Mit Beginn der Corona-Pandemie wurden Krankenhäuser vor eine neue große Herausforderung und Zerreißprobe gestellt, denn die stationären Kapazitäten konnten nicht wie gewohnt genutzt, sondern mussten freigehalten werden.


Kliniken erhielten für die verschobenen elektiven Operationen einen finanziellen Ausgleich, der zeitlich begrenzt und in Abhängigkeit der Versorgungsstufe gestaffelt wurde. Der finanzielle Ausgleich betrug gemittelt 560 Euro pro nicht belegtem Bett pro Tag. Darüber hinaus wurde eine Prämie in Höhe von 50.000 Euro pro aufgestocktem Intensivbett an die Krankenhäuser gezahlt. Ergänzend wurde sowohl die Rechnungsprüfung als auch die Zahlungsfrist der Kostenträger angepasst, um die Liquidität und finanzielle Situation der Kliniken zu verbessern. Die Maßnahmen zur Entlastung der wirtschaftlichen Situation von Krankenhäusern wurden im Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetz gesetzlich fixiert.


Dabei ganz vergessen wurde, dass im pandemischen Krankheitsfall der Bevölkerung ebenfalls die Mitarbeiter zunehmend betroffen sind. Eingeschränkte Testkapazitäten, fehlende Anpassung der Ablauforganisationen und unzureichender Mitarbeiterschutz sowie fehlende Informationen führen in vielen Kliniken zum Chaos. Erstmalig in der Gesundheitswirtschaft stehen wir vor einem Versorgungsgau  bestehend aus wirtschaftlicher Handlungsunfähigkeit, fehlender Strategie und eklatanter Personalfehlallokation!


Zukünftige strategische Ausrichtung

Trotz einer staatlichen Überbrückung von wirtschaftlich schweren Zeiten durch die Corona-Pandemie ist eine wirtschaftliche solide Ausgangsbasis für Kliniken von enormer Wichtigkeit. Die finanziellen Überbrückungshilfen für Kliniken sichern nicht bei allen eine auskömmliche Refinanzierung der Zusatzkosten, sodass die wirtschaftliche Lage sich noch stärker verschlechtert. Umso wichtiger ist es, sich  als Unternehmen in den Bereichen der Organisation, der Prozesssteuerung und den finanzwirtschaftlichen Kernbereichen effizient aufzustellen.


Aus unserer Erfahrung heraus zeigten sich in vielen Kliniken erhebliche Defizite und Potenziale zur Optimierung der Personalallokation in nicht finanzierter Behandlungszeit und ein konsekutiver Verlust der Wirtschaftlichkeit. Es bedarf einer zielgerichteten Ressourcenplanung und eines einheitlichen Konzepts zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit. Ein weiterer wichtiger Faktor für die zukünftige Entwicklung werden Die Patientenströme sein, da auch aufgrund der Corona-Pandemie sich diese erfahrungsgemäß intern wie extern ändern werden. Sowohl die Nutzung der stationären als auch der ambulanten Strukturen wird sich verändern und eine stärkere Verzahnung, Interdisziplinarität und Flexibilität fordern.

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