ESG und CSR als Informationsstaubsauger – und warum Dritte ganz legal an einen Teil des „Staub­sauger­beu­tel­inhalts“ kommen können

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veröffentlicht am 7. März 2023 

 

Im Zuge von CSR (Corporate Social Responsibility) und ESG (Environmental Social Governance) gilt es, Unternehmensprozesse anzupassen. Dabei werden unterneh­mens­intern eine Vielzahl unter­schiedlichs­ter Sachverhalte dokumentiert und (Roh)­Infor­ma­tionen gewonnen. Die auf der Grundlage von ESG und CSR zu erstellenden Berichte sind damit – salopp gesprochen – wahre Informations­staubsauger. Man kennt es selbst von daheim: Bisweilen saugt man mehr Dinge auf, als einem eigentlich lieb ist. Die sich daraus ergebenden Herausforderungen für das Compliance-Management liegen auf der Hand. 

Bisher noch nicht im Bewusstsein aller Unternehmen angekommen ist die Tatsache, dass – um im Sprachbild zu bleiben – der Beutelinhalt gerade mit Blick auf Umwelt-Aspekte durch Dritte unter Umständen ganz legal eingesehen werden kann. Nämlich dann, wenn jene Informationen auch den Behörden vorliegen bzw. vorzulegen sind.

So gewähren die Umweltinformationsgesetze der Länder jeder Person einen Anspruch auf freien Zugang zu den bei Behörden vorhandenen Umweltinformationen. Nach der Gesetzesdefinition ist der Begriff der Umwelt­informa­tionen weit gefasst. Zu ihnen zählen neben Informationen über den Zustand von Umwelt­­bestand­teilen (Luft, Wasser, Boden, Landschaft u.a.) auch alle Daten über Faktoren, die sich auf Um­welt­bestandteile auswir­ken (wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung, Abfälle aller Art sowie Emissionen, Ablei­tungen und sonstige Freiset­zungen von Stoffen in die Umwelt). Aber auch Kosten-Nutzen-Analysen oder sonstige wirt­schaft­liche Analysen, die zur Vorbereitung oder Durch­führung von Umwelt-Maßnahmen verwendet werden, fallen ggf. in den Anwendungs­bereich der Umwelt­informa­tions­gesetze.

Dass sich mit solchen Informationen auch Schadens­ersatz- bzw. Haftungs­prozesse vorbe­reiten lassen, liegt auf der Hand.

Flankiert werden jene Ansprüche auf Informations­herausgabe durch das Umwelt-Rechts­behelfs­gesetz. Das Gesetz fördert – so die Idee der damaligen Bundesregierung – die „aktive Mitwirkung von Bür­gerinnen, Bürgern und Umwelt­vereinigungen“ um „Problemen bei der Umsetzung und Anwendung des nationalen und europä­ischen Umwelt­rechts effektiv“ entgegen­zuwirken.

Verstärkt wird die Pflicht der Behörden zur Preisgabe umwelt­relevanter Informationen schließlich durch die aktuelle Recht­sprechungs­linie des Europäischen Gerichts­hofs (EuGH). In seinem Urteil vom 8. November 2022 hat der EuGH die Klagerechte von Umwelt­vereinigungen im Vergleich zur bisherigen deutschen Praxis erheblich erweitert.
Im konkreten Fall ging es um eine Klage der Deutschen Umwelthilfe gegen das Kraftfahrt-Bundesamt wegen dessen Genehmigung einer in Diesel­fahrzeugen eingesetzten Software (Stichwort „Thermo­fenster“). Und das, obwohl der deutsche Gesetzgeber bei der Änderung des Umwelt-Rechts­behelfs­gesetzes noch versucht hatte, eine solche Klage von Umwelt­organi­sationen zu unterbinden. Der EuGH macht für sein Urteil die Aarhus-Konvention und die EU-Grundrechte-Charta fruchtbar. Dabei betont er, dass Umwelt­vereinigungen nicht durch nationales Recht die Möglichkeit genommen werden dürfe, die Beachtung der aus dem Unions­umwelt­recht hervor­gegangenen Rechts­vorschriften überprüfen zu lassen.

Im Lichte von ESG und CSR-Maßnahmen dürfte diese EuGH-Entscheidung weitreichende Folgen haben: Unternehmen werden sich „beim Wort“ nehmen lassen müssen, wenn es um ihre Bemühungen im Bereich des Umwelt- und Klimaschutzes geht. Unabhängig davon, dass es sich für Betroffene in jedem Falle lohnt zu prüfen, ob einem Umwelt­informations­anspruch Dritter wirksam entgegen­getreten werden kann, steht jedenfalls eines fest: „Greenwashing“-Maßnahmen werden früher oder später auffliegen und – einem offen Staub­saugerbeutel gleich – mächtig Staub aufwirbeln. Dies gilt es zu vermeiden.

Rödl & Partner unterstützt bei der Realisierung 


Rödl & Partner berät Unternehmen, Kommunen und Energieversorger zu allen relevanten Fragen rund um ESG und CSR. Neben der Unterstützung bei der Überarbeitung von Unternehmens­prozessen bieten wir rechtliche Beratung in allen relevanten Bereichen an. Unsere interdiszi­plinären Teams stehen Ihnen bei Fragen zu Berichts­pflichten zur Verfügung, unterstützen Sie aber auch gerne dabei, etwa im Bereich der Erneuerbaren Energien selbst einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. 

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Guido Morber, LL.M.

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