Energiewende… weiterhin ein Hürdenlauf

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​​​​​​veröffentlicht am 24. Oktober 2024

Mit 140 TWh wurde im 1. Halbjahr 2024 so viel Grünstrom wie noch ni​e erzeugt. Der EE-Anteil an der öffentlichen Stromerzeugung summierte sich in Deutschland auf 65 Prozent1. Logischerweise sind folglich die fossilen Energien auf niedrigere Werte gekommen und beim weiteren Ausbau – insbesondere bei der PV – ist zu erwarten, dass im 2. Halbjahr ähnliche Werte sich einstellen.


Grafik Nettostromerzeugung

Interessant auch die oft von konservativen Medien zitierte Abhängigkeit von Importen: Es waren 11.3 TWh und zwar aus Skandinavien, Frankreich, Belgien und Niederland. Da der skandinavische Strom aus Wind- und Wasserkraft billiger ist, verdrängt er am Markt eben auch noch Strom aus deutschen Kohle- und Gaskraftwerken.1 Wenn wir alleine die 11,3 TWh dem Windstrom von 73,4 TWh gegenüberstellen (PV kam auf 32.4 TWh) zeigt sich, dass sich Deutschland kaum in einer von Medien herbeigeschriebenen Importabhängigkeit befindet. Die Börsenstrompreise sanken stark von 100,54 Euro/MWh (Day Ahead- Auktion, volumengewichtet) auf 67,94 Euro/MWh, was sich kurz- bis mittelfristig bei den Strompreisen auswirken wird.
Soweit die Fakten, die das Potential des weiteren Ausbaus der EE am Strommarkt verdeutlichen. Um jedoch auch die zweifellos lange von der Branche herbeigesehnten Entwicklungen nun langfristiger zu gestalten und somit tatsächlich die Kurve für die Zielentwicklung 2045 (zu Erinnerung: da soll Deutschland gemäß Klimaschutzgesetz treibhausgasneutral sein) zu erreichen, sind mehrere Maßnahmen erforderlich:

  1. Stromnetz – der Ausbau geht zu langsam und es ist bereits erkenntlich, dass die ersten Engpässe bei Anschluss von Erzeugern oder Verbrauchern (Ladeinfrastruktur) entstehen. Es benötigt einfach neue Leitungen um die Ökostrommengen in der Republik zu transportieren – das ist lange bekannt, wurde immer wieder verzögert und nun bei boomenden Ausbau der Erzeugung treten die Problem zutage. Die Modernisierung der Verteilnetze hängt hinterher (ca. 1,9 Millionen Kilometer in Deutschland) und wurde verschlafen – wohl bereits in Zeiten, in denen man immer noch geglaubt hat, es wird nicht zu einer dezentralen Versorgungsstruktur kommen. Die Lösung hierfür ist natürlich – neben Modernisierung und Ausbau – die Digitalisierung. Technisch sind Echtzeitsysteme bekannt und einsetzbar2 - es wurde leider verpennt frühzeitig Anreizsysteme zu setzten (ggfs. über Netzentgeltregulierung) hier eine Modernisierung anzugehen und diese finanziell attraktiv zu machen. Wie es anders geht: In Finnland und Dänemark haben Netzbetreiber zentrale Stellen geschaffen in denen alle Mess- und Anschlussdaten zusammenlaufen (auch eine Visualisierung des Netzes ist im Netz hier anzusehen). Um sowas ansatzweise in Deutschland umzusetzen, wäre es aber nötig die ca. 500 Netzbetreiber zur Kooperation zu „zwingen”.
  2. Strommarkt – mit dem weiteren PV – Anlagenbau wird es natürlich zu gleichen Zeiten hohe Einspeisemengen geben. Diese führen einerseits zum Abfall der Strompreise bis zu negativen Strompriesen und (siehe 1) zu Abschaltung auf Netzebene. Die „Erneuerbaren” kannibalisieren sich sozusagen am Strommarkt und hier ist auch nicht so schnell eine Abhilfe parat. Dies beeinflusst bereits jetzt die Neuprojekte (wenn Sie denn einen Netzanschluss ergattern) in der Wirtschaftlichkeitsbewertung, schließlich besteht die Frage, wie sich das weiterentwickelt und wie viele Zeiten mit negativen Preisen (=Überschussangebot an Strom) sich einstellen – gerade da Anlagen größer 100 kW keinerlei Vergütung zu diesen Zeiten bezahlen wird3. Handlungsoptionen auf der Projektseite sind natürlich die Überbauung von Netzanschlüssen, die hybride Entwicklung von PV / Wind oder eben der Einsatz von Batteriespeichern. Von Regierungsseite wurde mit dem Gesetz4 zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende auf der Nachfrageseite nachjustiert. So ist ab 1. Januar 2025 verpflichtend von allen Stromlieferanten einen dynamischer Tarif anzubieten, dessen Preis sich nach den täglichen Spotpreisen an der Börse richtet. Die Idee hierbei ist, Lastverschiebungen zu erzeugen, um die Überschussmengen eben dann zu verbrauchen, wenn auch das Preissignal am günstigsten ist. Hahnenfuss ist hier der (immer) noch nicht existente vollständige Rollout der SmartMeter (gerade mal 0,5 Prozent der Verbraucher haben einen solchen5), sowie auch die Frage ob Haushaltskunden und Industriekunden tatsächlich so viel verschieben können, denn Lebensrhythmus und Produktion richten sich normalerweise nicht nach Sonne oder Wind.
  3. Speicher – im Jahr 2023 wurden in Deutschland 570.000 neue Speicher in Verbund mit PV- Anlagen installiert.6 Noch interessanter aber sind Großbatteriespeicher – hiervon sind aktuell 1,1 GW installiert, obgleich die Bundesnetzagentur einen Bedarf von 27 GW7 in den Netzentwicklungsplan aufgenommen hat. Bedeutet: Flexibilität wird eine deutliche Wertsteigerung erfahren – der Markt ist da. Noch nicht gehoben ist das Potenzial des bidirektionalen Ladens, welches aber mit Digitalisierung gedacht auch einen erhebliches Potenzial birgt.8
  4. Akzeptanz – ein für mich wichtiger Aspekte ist auch die Akzeptanz. Gerade die EE- Branche darf nicht aufhören nach Lösungen zu suchen, die Bürger mitzunehmen, und aus der Energiewende – unsere Energiewende zu machen. Die o.g. Hürden sind teilweise komplex und benötigen auf jeden Fall auch den gesellschaftlichen Willen, um die Transformation zu einem vollständig auf EE basierenden Energiesystem oder sogar einem 100 Prozent erneuerbaren Energiesystem voranzutreiben. Niemand in der Branche sollte müde werden sich auf Lösungen zu konzentrieren und diese auch zu kommunizieren. Die Bedenkenträger sind schnell bei komplexeren Sachverhalten da, dem kann eben nur mit Information und Erklärung begegnet werden.

Immerwährend wird ebenfalls von konservativen Medien auf Frankreich verwiesen, die ja scheinbar mit der Atomkraft so hervorragend führen. Es sei nur kurz erwähnt, dass die nahezu staatliche EDF einen Schuldenberg (zumeist von Verteuerungen von Atomkraftwerksbauten) von 60 Mrd. Euro angehäuft hat9. Den Staat wird somit die anstehende Modernisierung der Kraftwerke erhebliche Summen kosten.

Als Gesellschaft, Standort und Exportnation kann Deutschland nur gewinnen, sollte das große Vorhaben der Energiewende geschafft werden. Und das klappt nur – wenn jeder seinen Teil beiträgt (siehe Balkon- PV) und das Thema unermüdlich positiv besetzt wird. Die Branche darf nicht müde werden, die Technologien weiterzuentwickeln, Digitalisierung immer mitzudenken und die Konzepte dem Bürger erklärt. Denn auch wenn aktuell die Entwicklungen im Stromsektor die Basis für weitere Dekarbonisierungen legen, ist der fossile Kuchen auf den gesamten Primärenenergieverbrauch noch erheblich (siehe folgendes Diagramm zum Primärenergieverbrauch 2023).

Grafik Energiequellen10

Der gesamte fossile Anteil war somit ca. 80 Prozent im Jahr 2023, was aufzeigt, was noch alles passieren muss, um nur ansatzweise das Ziel 2045 zu erreichen.​

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