Kasachstan: Investments in den Bereich Erneuerbarer Energien

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veröffentlicht am 04. November 2020

 

Erforderlichkeit der Zustimmung der Wettbewerbsbehörde beim Erwerb einer Special Purpose Vehicle Company


Das Interesse von Investoren an Projekten aus dem Bereich Erneuerbarer Energien hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Zur Realisierung eines Projekts erwirbt ein Investor in der Regel 100 Prozent der Anteile an der Projektgesellschaft (Special Purpose Vehicle Company - SPV). Neben einer umfassenden Due Diligence, die die Projektrechte der SVP klärt, müssen bis zur Inbetriebnahme eine Vielzahl von behördlichen Genehmigungen eingeholt werden. Oft wird allerdings übersehen, dass der Erwerb der Anteile an der SPV selbst einer behördlicher Genehmigung des kasachischen Wettbewerbsbehörde unterliegt. Die nachfolgende Publikation befasst sich mit der Notwendigkeit der Einholung einer Genehmigung nach dem kasachischen Kartellrecht und deren Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Erwerbs von Anteilen an der SPV.


Zustimmungspflicht der Wettbewerbsbehörde für den Anteilskauf

Eine Verpflichtung, die Zustimmung der Wettbewerbsbehörde einzuholen, könnte sich aus § 200 Abs. 1 des kasachischen Unternehmenskodexes (nachfolgend zitierte Vorschriften sind solche des kasachischen Unternehmenskodexes) ergeben. Nach dieser Vorschrift ist der Erwerber der Anteile verpflichtet, eine vorherige Genehmigung der Wettbewerbsbehörde einzuholen, wenn mehr als 50 Prozent der Anteile an einer kasachischen Gesellschaft erworben werden sollen.1 Zugleich bestimmt Absatz 2 des § 200, dass Marktsubjekte, die durch den Anteilskauf eine wirtschaftliche Konzentration bewirken (wollen) oder bewirkt haben, die Zustimmung der Wettbewerbsbehörde einholen müssen.


Sinn und Zweck dieser Norm ist die Ausübung der staatlichen kartellrechtlichen Kontrolle über den Erwerb von Gesellschaftsanteilen, um eine Monopolstellung, eine Verstärkungen dieser Monopolstellung oder eine sonstige Wettbewerbsbeeinträchtigung auszuschließen. Nach unserer Auffassung kann beim Erwerb von Anteilen an kasachischen Projektgesellschaften, deren alleiniger Gesellschaftszweck ist, Projekte im Bereich Erneuerbarer Energien zu realisieren, eine wirtschaftliche Konzentration im Sinne des Unternehmenskodexes ausgeschlossen werden kann.


Zum Begriff der wirtschaftlichen Konzentration

Eine wirtschaftliche Konzentration bedeutet, dass ein Marktteilnehmer insoweit eine marktbeherrschende Stellung einnehmen könnte, dass er die Möglichkeit hat, Preise festzusetzen, die höher als die marktüblichen sind. Mit anderen Worten muss der Marktteilnehmer in der Lage sein, die Preise unabhängig von der Nachfrage so festzusetzen, dass andere Unternehmen und Verbraucher auf die Preisbestimmung keinen Einfluss nehmen können.


Nach unserem Verständnis liegt beim Erwerb von Anteilen an einer SPV keine Benachteiligung bzw. Ausschluss von konkurrierenden Unternehmen vor. Der staatlich regulierter Einspeisetarif respektive der infolge einer Auktion festgesetzte Einspeisetarif gilt für alle potenziellen Marktteilnehmer, die von der Einspeisevergütung profitieren wollen. Eine ggf. resultierende Erhöhung der Stromkosten wird hierbei allerdings jedenfalls mittelbar von der staatlichen Seite in Kauf genommen. Die Förderung der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energiequellen ist staatlich gewollt und kann folglich keiner durch den Schutzzweck des Unternehmenskodexes gedeckten Regulierung unterliegen. Zu beachten ist des Weiteren auch, dass grundsätzlich jedes Unternehmen an der Auktion zur Festsetzung der Einspeisevergütung teilnehmen darf.


Ferner liegt aufgrund der staatlichen Regulierung (staatlich regulierter Einspeisetarif für die Dauer von 15 Jahren) ein Fall des sog. Monopsons vor. Aufgrund der Regelungen des kasachischen Gesetzes zur Förderungen von Erneuerbaren Energien ist der einzige Stromabnehmer das sog. Financial Center; eine Gesellschaft mit Anteilen des kasachischen Staates, mit der die PPA's abgeschlossen werden müssen. Eine Änderung der Einspeisevergütung und eine damit einhergehend Erhöhung der Strompreise ist mithin für die Dauer des PPA, das für 15 Jahre abgeschlossen wird, unserer Auffassung nach ausgeschlossen.


Um eine mögliche Auswirkung auf den Wettbewerb hinreichend untersuchen zu können, ist des Weiteren der relevante Strommarkt und die möglichen Marktanteile der SPV an diesem Markt zu bestimmen. Einflussnahme auf den Preis ist lediglich durch Verkürzung der Strommenge (Verringerung der Stromproduktion) praktisch erst nach dem Auslaufen des Einspeisetarifes nach 15 Jahren denkbar. Selbst, wenn sich die Wettbewerbsbehörde auf den Zeitraum nach dem Auslaufen des Einspeisetarifes beziehen würde, bedürfte es erst dann eines Gutachtens zur Bestimmung des relevanten Strommarktes. Der Anteil der Strommenge aus einer Photovoltaik-Anlage mit 100 MW bzw. 50 MW an der Gesamtmenge des Stromes auf dem Markt läge wohl auch nach Ablauf von 15 Jahren immer noch unter der Grenze der marktbeherrschenden Stellung. Der mithin praktische irrelevante Marktanteil kann folglich keine sog. wirtschaftliche Konzentration bewirken.


Weitere Voraussetzungen für die Erforderlichkeit der Zustimmung

§ 200 Abs. 1 bestimmt, dass im Falle des Erwerbs von Gesellschaftsanteilen, die eine Beherrschung des zu erwerbenden Unternehmens zur Folge haben, eine Zustimmung der Wettbewerbsbehörde einzuholen ist. Eine weitere Voraussetzung ordnet die Vorschrift des § 201 Abs. 3 an. Nach dieser Vorschrift ist die Zustimmung nur dann erforderlich, wenn

  1. der bilanzielle Gesamtwert  der Aktiva des zu erwerbenden Unternehmens oder 
  2. der bilanzielle Gesamtwert des erwerbenden Unternehmens oder 
  3. der Umsatz an Dienstleistungen/Waren des Marktsubjekts (Zielgesellschaft/Projektgesellschaft)
    den Schwellenwert von zehn Mio. Monatskennziffer überschreitet. Der Wert der Monatskennziffer liegt derzeit bei 2.778,0 KZ Tenge. Der Schwellenwert liegt bei einem Umrechnungskurs von 497,56 KZ Tenge (= 1 EUR) mithin bei ca. 55,8 Mio. EUR (Stand 19.08.2020).

Soweit auf der Erwerberseite Gesellschaften des Investors stehen, die die obigen Kriterien erfüllen und/oder zusätzlich aufgrund eines ggf. stattgefundenen Baufortschritts in der SPV Aktiva im Wert von mehr als ca. 55,8 Mio. EUR aufgenommen worden sind, wäre grundsätzlich von der Überschreitung des Schwellenwertes auszugehen.


Abhängig von dem Gesamtwert der Aktiva der Gesellschaft des Investors, die die Anteile an der SPV kaufen möchte, ist nach dem Wortlaut des Gesetzes die Einholung der Zustimmung der Wettbewerbsbehörde erforderlich.


Zwischenfazit

Der kasachische Gesetzgeber stellt in der Praxis auf die soeben geschriebenen Kriterien ab. Eine Diskussion darüber, ob tatsächlich eine marktbeherrschende Stellung infolge des Erwerbs der Anteile an der SPV bestehen könnte, findet nicht statt respektive ist faktisch aussichtslos.


Rechtsfolgen bei Verstoß gegen die Pflicht zur Einholung der Zustimmung der Wettbewerbsbehörde

Aus unserer praktischen Sicht ist die Einholung einer wettbewerbsrechtlichen Zustimmung aufgrund von möglichen Sanktionen stets zu empfehlen. Die Gründe sind die Möglichkeit der staatlichen Behörden den Vertrag über den Erwerb von Anteilen an der SPV für unwirksam zu erklären und zusätzlich ein Bußgeld zu verhängen.


Zur möglichen Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts

Nach § 200 Abs. 6 S. 1 kann ein Rechtsgeschäft, d.h. eine wirtschaftliche Konzentration infolge des Erwerbs von Anteile im Sinne von § 200 Abs. 1, von einem Gericht auf Antrag der Wettbewerbsbehörde für unwirksam erklärt werden, wenn und soweit die wirtschaftliche Konzentration zu einer Einschränkung des Wettbewerbs geführt hat. Die staatliche Registrierung des Anteilserwerbs im Handelsregister, entgegen den Vorschriften des Unternehmerkodexes, können auf Gerichtswege auf Antrag der Wettbewerbsbehörde für rechtswidrig erklärt werden.


Im Umkehrschluss zu den obigen Ausführungen folgt nach unserer Auffassung zum einen, dass nicht jeder Verstoß ipso jure zur Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts führt, sondern eines wesentlichen Zwischenschrittes – einer gerichtlichen Entscheidung – bedarf. Zum anderen setzt die Unwirksamkeit des Anteilserwerbs eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs voraus, die allerdings nach Ansicht des Unterzeichners aufgrund der staatlichen Regulierung der Einspeisevergütung und folglich eines sog. Monopsons nicht festgestellt werden könnte.


Dennoch dürfte sich für den möglichen Investor die Frage der Beantragung der kartellrechtlichen Zustimmung nicht stellen. Angesichts der möglichen Prozesskosten und unwägbaren Risiken einer negativen Gerichtsentscheidung wird die Zustimmung der Behörde eingeholt werden, zumal die Dauer von ca. zwei Monaten vergleichsweise überschaubar ist.


Bussgeld

Der Verstoß gegen obige Vorschriften kann mit einem Bußgeld in einer Höhe von 80 bis 1.600 Monatskennziffern geahndet werden (vgl. § 161 kas. OWiG). Dies entspricht derzeit einem Bußgeld zwischen ca. 447 und 8.933 Euro.

 

Empfehlungen

Klärung der Rechtslage durch Eingabe an die Wettbewerbsbehörde

Wir sind der Auffassung, dass vor dem Abschluss des Anteilkaufvertrages stets die Frage der Zustimmungspflichtigkeit des Erwerbs geprüft wird. Es existieren eine Reihe von Ausnahmen, die insbesondere bei der Veräußerung von Anteilen innerhalb der Unternehmensgruppe einschlägig sein könnten.


Wir empfehlen ferner die zeitnahe Beantragung der Zustimmung der Wettbewerbsbehörde vor Abschluss des Erwerbs. Ab Antragstellung beträgt die Bearbeitungsfrist zehn Kalendertage, die um weitere 10 bis 20 Kalendertage verlängert werden kann und in der Regel auch verlängert wird. Die Erstellung einer Checkliste hinsichtlich der erforderlichen Dokumente sollte vorsorglich erstellt werden. Sofern eine Finanzierung des Projekts durch eine internationale Bank erwogen wird, ist zu berücksichtigen, dass diese in der Regel eine Zustimmung der Wettbewerbsbehörde für erforderlich erachten, um Rechtssicherheit beim Deal zu bewirken.


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1 Ausnahmetatbestände werden hier mangels Praxisbezugs nicht behandelt

 

 

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