Aktionärsbindungsverträge in der Schweiz

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von Andras Bedoe und Armin Gilg
 
Die gesetzlichen Bestimmungen zur Aktiengesellschaft werden oft als das Kernstück des schweizerischen Gesellschaftsrechts bezeichnet. Viele Unternehmer wählen sogar für ihre kleineren Unternehmen die AG, obwohl die schweizerische Rechtsordnung ebenfalls die Gesellschaftsform einer GmbH anbietet. Auch wenn dieser Trend allmählich sinkt, stellen Aktiengesellschaften immer noch die häufigste Gesellschaftsart für Unternehmen in der Schweiz dar. Dies steht möglicherweise noch in Zusammenhang mit jener Zeit, als das GmbH-Recht noch nicht so detailliert geregelt war. Derzeit wählt ein Gründer die rein kapitalbezogene Aktiengesellschaft hauptsächlich wegen der Anonymität für die Aktionäre, die grundsätzlich garantiert ist. Im Vergleich zur AG werden die Gesellschafter einer GmbH im Handelsregister eingetragen.
 
Die zukünftigen Gesellschafter einer AG müssen allerdings beachten, dass das Schweizer Gesellschaftsrecht keinen Spielraum für eine Regelung der Innenverhältnisse einer AG (d.h. unter den Aktionären) bietet. Die Aktionäre stehen per Gesetz in keinem Rechtsverhältnis zueinander, sondern es besteht lediglich eine Rechtsbeziehung zur Gesellschaft. Die Pflichten gegenüber der Gesellschaft sind aber ebenso beschränkt, weil der Aktionär durch die Statuten nicht verpflichtet werden kann, mehr zu leisten als den Ausgabebetrag für die Aktien einzubezahlen.
 
Wie bereits erwähnt, wurde bzw. wird auch heute noch die AG als Gesellschaftsform für Familienunternehmen gewählt. Gerade diese de facto personenbezogenen AGs funktionieren aber auf einer ganz anderen Basis als die Großgesellschaft, für welche diese Gesellschaftsform eigentlich gedacht ist. Bei Familien-AGs bestehen eben gerade die Verhältnisse unter den Aktionären und/oder sind die Regelung dieser Verhältnisse oder die Einführung einer Treupflicht erwünscht. Deswegen hat die schweizerische Rechtspraxis als Lösung zur Erfüllung der Zwecke einer kleineren AG den sog. Aktionärsbindungsvertrag entwickelt.
 
Der Aktionärsbindungsvertrag ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, jedoch laut Rechtsprechung und herrschender Lehre zulässig. Auf diese Art können die Aktionäre eine Stimmenvereinbarung, ein Konkurrenzverbot oder sogar eine Nachschußpflicht usw. vereinbaren. Der Vertrag hat aber keine statutarischen Auswirkungen und ist nur unter den Beteiligten wirksam. Der Aktionär verletzt dadurch „nur” seine Vertragspflicht und wird daraus gegenüber seinen Vertragspartnern möglicherweise schadensersatzpflichtig. Deshalb enthält ein Aktionärsbindungsvertrag oft verschiedene Konventionalstrafen für Vertragsverletzung. Möglich ist auch z.B. eine Aktienverpfändung zur Deckung der Konventionalstrafe. Wenn sich ein Aktionär entgegen den Pflichten aus dem Aktionärsbindungsvertrag verhält, so wird er den anderen Vertragspartnern gegenüber zwar allenfalls schadensersatzpflichtig, für die AG selbst bleibt sein Verhalten aber grundsätzlich gültig. Die Folgen seines Verhaltens können nicht aufgrund eines Aktionärsbindungsvertrages angefochten werden.
 
Da gemäß der herrschenden Lehre auf das Verhältnis zwischen den Vertragsparteien eines Aktionärsbindungsvertrages die gesetzlichen Bestimmungen über die einfache Gesellschaft anwendbar sind, muss immer abgeklärt werden, ob eine vertragliche Regelung überwiegend als schuldrechtliche oder als gesellschaftsrechtliche Abmachung aufzufassen ist.
 
Das GmbH-Recht bietet im Vergleich zum AG-Recht  die Möglichkeit, grundsätzlich alle Verhältnisse unter den Gesellschafter direkt in den Statuten zu regeln. Sofern sich die Investoren und Gründer aus verschiedenen Gründen jedoch für eine Aktiengesellschaft entscheiden, bietet der Aktionärsbindungsvertrag ein geeignetes Instrument für die Regelung der inneren Verhältnisse. Ein gut formulierter Aktionärsbindungsvertrag kann zukünftige Kollisionen oder Probleme – nicht nur in einem Familienunternehmen eliminieren. 
 
zuletzt aktualisiert am 25.08.2014 

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