Besonderheiten bei Beendigung eines Vertriebsvertrags

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zuletzt aktualisiert am 29. November 2017

   

Die Beendigung von Vertriebsverträgen birgt Fallstricke, die es bereits vor dem Ausspruch einer Kündigung oder dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu beachten gilt. Taktische Fehler ziehen oft lange und kostspielige Rechtsstreitigkeiten nach sich, die sich bei Beachtung einiger Grundregeln vermeiden lassen. Das gilt im gleichen Maße für den Handelsvertreter- als auch für den Vertragshändlervertrag.

 
    
 
Der Beginn einer Vertriebsbeziehung ist regelmäßig von Freude, teilweise gar Euphorie geprägt. Die Partner haben ein gemeinsames Ziel vor Augen: Die Steigerung des Absatzes der Vertragsprodukte zum gegen­seitigen Nutzen. Oftmals werden aber nur die kommerziellen Konditionen der Zusammenarbeit geregelt; der Möglichkeit, dass die Zusammenarbeit scheitert, misst man keine oder nur eine untergeordnete Beachtung bei.
 
Verläuft die Zusammenarbeit aber nicht so erfolgreich wie bei Aufnahme der gemeinsamen Tätigkeit ange­dacht, oder entwickelt sich das Geschäft erheblich positiver als zu Beginn erwartet, wird der Sinn einer weiteren Zusammenarbeit insgesamt oder die vereinbarten Konditionen schnell etwas genauer unter die Lupe genommen. Das ist der Zeitpunkt, an dem eine oder beide Parteien eine möglichst rasche und günstige Beendigung des Vertriebsvertrages wünschen.
 

Kündigung oder Aufhebungsvertrag

Grundsätzlich ist jeder Vertrag kündbar. Idealerweise haben die Parteien bereits bei Vertragsschluss die Möglichkeiten der Beendigung des Vertrages bedacht und ihre Modalitäten geregelt. Ist das nicht der Fall, kann die Beendigung entweder jederzeit einvernehmlich erfolgen oder aber unter Beachtung der vertrag­lichen oder gesetzlichen Regelungen. Sie sehen beim Handelsvertretervertrag je nach Dauer des Bestehens Kündigungs­fristen von 1 bis zu 6 Monaten vor. Eine gesetzliche Regelung über die Dauer von Kündigungsfristen bei Vertragshändlerverträgen besteht dagegen nicht. Haben die Parteien im Vertrag auch keine anderweitigen Anhaltspunkte dafür gesetzt, auf welche Zeitdauer ihre Zusammenarbeit ausgelegt sein sollte, hilft auch eine ergänzende Vertragsauslegung, wie sie das deutsche Recht kennt, nicht weiter. Hier hat eine Betrachtung des jeweiligen Einzelfalles zu erfolgen. Dabei kann auch auf Branchenusancen abgestellt werden. Als grobe Richtung mag z.B. bei Autohäusern die Annahme einer Kündigungsfrist von 1 Jahr zum Monatsende gelten.
 

Außerordentliche Kündigung

Die Einhaltung einer Kündigungsfrist entfällt regelmäßig bei außerordentlichen Kündigungen. Aber keine Regel ohne Ausnahme: Selbst bei außerordentlichen Kündigungen kann eine Auslauffrist zu beachten sein.
 
Die Aussicht der Vermeidung oder Abkürzung einer ordentlichen Kündigungsfrist gibt dennoch oftmals den Ausschlag für die Entscheidung zum Ausspruch einer außerordentlichen Beendigung des Vertragsver­hältnisses. Ein weiterer verbreiteter Grund zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung besteht beim Handels­vertretervertrag. Hier lässt nämlich eine berechtigte außerordentliche Kündigung regelmäßig den Handels­vertreterausgleichsanspruch entfallen.
 
Doch beim Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung ist Vorsicht geboten. Denn wenn die Kündigung unberechtigt erfolgt ist, kann zum einen ein Schadensersatzanspruch des Gekündigten entstehen oder diesem kommt ein eigenes Recht zur Aussprache einer außerordentlichen Kündigung zu. Auch dann besteht ein Schadensersatzanspruch des zu Unrecht Gekündigten.
 
Außerordentlich gekündigt werden kann grundsätzlich jedes Vertragsverhältnis dann, wenn der kündigen­den Partei unter Beachtung der berechtigten Interessen der anderen Partei ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zugemutet werden kann. Sowohl beim Handelsvertreter als auch beim Vertragshändler werden von der Rechtsprechung an die Zulässigkeit der Kündigung hohe Anforderungen gestellt. Das wird beim Handels­vertreter mit dem Schutz des Handelsvertreters, beim Vertragshändler mit dessen Schutzbedürf­tigkeit aufgrund einzugehender Investitionen begründet. Um den Handelsvertreter zu schützen, kann z.B. dessen Ausgleichs­anspruch im Voraus nicht ausgeschlossen werden. Diese Regelung ist auch im Rahmen des Abschlusses eines Aufhebungsvertrages zu beachten.
 

Besonderheiten der Beendigung beim Handelsvertretervertrag

Der Handelsvertreter hat zwar ein Zurückbehaltungsrecht an Warenmustern, er muss sie aber nicht übernehmen oder abkaufen, wie vielmals und fälschlich angenommen wird. Ist er nicht zur Herausgabe in der Lage, kann allerdings ein Schadensersatzanspruch gegen den Handelsvertreter entstehen.
 
Ist keine abweichende Vereinbarung getroffen, hat der Handelsvertreter nur dann einen Anspruch auf die Gewährung von Provisionen, wenn er nachweisen kann, dass seine Tätigkeit überwiegend die Ursache für das Zustandekommen des Geschäfts gesetzt hat und das Geschäft in zeitlicher Nähe zum Beendigungs­zeitpunkt zustande gekommen ist, oder aber wenn der Kunde des vom Handelsvertreter repräsentierten Unternehmens vor Beendigung des Vertragsverhältnisses eine Bestellung ausgelöst hat.
 

Besonderheiten der Beendigung des Vertragshändlervertrages

Dann, wenn der Vertragshändler vergleichbar mit einem Handelsvertreter in die Absatzorganisation des Herstellers eingegliedert ist, besteht das Risiko, dass der Hersteller ebenfalls vergleichbar mit einem Handelsvertreter einen Ausgleichsanspruch zu bezahlen hat. Dabei wird insbesondere die Frage unter­sucht, ob der Hersteller ohne weiteres den Kundenstamm des Handelsvertreters übernehmen kann. Das wird z.B. immer dann der Fall sein, wenn der Vertragshändler zur regelmäßigen Offenlegung seiner Kundendaten verpflichtet ist.
 
Ein Investitionsersatzanspruch kann unabhängig vom Bestehen des Ausgleichsanspruches von der Recht­sprechung dann angenommen werden, wenn der Vertragshändler aufgrund der Vereinbarungen im Vertrags­händlervertrag so hohe Investitionen zu tätigen hatte, dass sie sich aufgrund der Beendigung des Vertrags­verhältnisses nicht mehr amortisieren konnten. Ob das der Fall ist, muss anhand einer Einzelfall­betrachtung bewertet werden. Bei Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung ist dieses Risiko dringend zu beachten. Ähnlich verhält es sich mit der Frage, ob der Hersteller nach Ausspruch einer Kündigung verpflichtet ist, den noch beim Vertragshändler vorhandenen Warenbestand zurückzunehmen. Das ist sicherlich der Fall, wenn der Vertragshändler den Vertrag berechtigt außerordentlich gekündigt hat. Dass allerdings keine Verpflichtung zur Rücknahme von Waren zu erfolgen hat, die infolge einer Fehleinschätzung des Vertragshändlers bezogen worden sind, liegt auf der Hand. Der Anspruch dient nämlich nur dem Ausgleich von unbilligen Folgen der Beendigung des Vertriebsvertrages.
 

Checkliste Beendigung Vertriebsvertrag

  • Bestehen vertragliche Regelungen zur Beendigung und Abwicklung des Vertriebsvertrages?
  • Ist ein weiteres Festhalten am Vertrag tatsächlich und objektiv unzumutbar?
  • Könnte ein Ausgleichsanspruch oder Investitionsersatzanspruch bestehen?

Kontakt

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Frank J. Bernardi

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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