Verschärfung der EU-Sanktionen – bald ein europaweit einheitlicher Straftatbestand?

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veröffentlicht am 1. Juni 2023 | Lesedauer ca. 2 Minuten

  

Die Europäische Kommission unterbreitet den Vorschlag, Verstöße gegen EU-Sanktio­nen strafrechtlich zu ahnden. Genau genommen handelt es sich um einen Vorschlag zur Harmonisierung von Straftatbeständen innerhalb von Mitgliedsstaaten. Im Rahmen eines Video-Podcasts widmen wir uns den sanktionsrechtlichen Themen und Auswir­kungen. Bei unserer Diskussion geht es darum, dass unterschiedliche Definitionen und Strafen bei Verstoß gegen restriktive Maßnahmen eine einheitliche Umsetzung der EU-Sanktions­politik behindern. Das birgt das Risiko, dass sich Kriminelle für ihre Aktivitä­ten voraussichtlich die Mitgliedstaaten mit dem geringsten Strafverfolgungs­risiko oder der geringstmöglichen Strafe aussuchen.

  

Deutsche Staatsanwaltschaften haben bereits in eine Vielzahl von Ermittlungsverfahren wegen Sanktionsver­stößen eingeleitet. So kann z.B. auf die Meldung der Tagesschau vom 23. September 2022 verwiesen werden. Deutschland­weit gibt es wohl eine Vielzahl weiterer Ermittlungsverfahren. Vor allem deutschen Unternehmen muss bewusst sein, dass das deutsche Außenwirtschaftsstrafrecht bereits eines der schärfsten in Europa ist, das deutsche Bundesamt für Ausfuhrkontrolle (BAFA) über weitreichende Ermittlungsbefugnisse verfügt und von diesen allem Anschein nach auch bereits – wie die obige Meldung der Tagesschau nahelegt – gebraucht macht.

 

Der Vorschlag der EU-Kommission, EU-weit einheitliche strafrechtliche „Standards“ zu schaffen, soll die abschre­ckende Wirkung von Verstößen gegen EU-Sanktionen erhöhen. Das ist konsequent, wenngleich ggf. in kompetenz­rechtlicher Hinsicht problematisch.

 

Ausländische Unternehmen dürfen zudem nicht vergessen, dass die sog. secondary sanctions bereits jetzt auch Tochterunternehmen im Ausland betreffen bzw. betreffen können. Es gelten bereits gegenwärtig umfangreiche Organisations- und Überwachungspflichten, die die Geschäftsleitung von Ober- bzw. Muttergesellschaften in der EU gegenüber ihren im Ausland befindlichen Tochtergesellschaften oder Niederlassungen ausüben muss.

 

Neben der über allem schwebenden strafrechtlichen Haftung ist v.a. an Vermögensschäden zu denken, die infolge des Wegfalls von Vertragspartnern, Vertriebsmöglichkeiten oder der Zuverlässigkeit als Ausführer (Genehmigungs­kriterium für das BAFA) eintreten können.

 

Der EU-Kommission geht es bei Ihrem Vorschlag hierbei nicht nur um die Durchsetzung von personen- und güterbe­zogenen Sanktionen. Auch das Bereitstellungsverbot von Dienstleistungen ist eine sanktionsrechtliche Maßnahme, die faktisch die Erbringung von Beratungsleistungen (Rechtsberatungs-, Steuerberatungs- und Buchhaltungs­leistungen) durch europäische Berater gegenüber in Russland niedergelassenen Personenfast ausnahmslos verbietet.

 

Schließlich können – auch und gerade im vorgenannten Kontext – Vermögensschäden infolge Reputationsverlusts verheerend sein, vor allem auch dann, wenn ein ausländischer Berater engagiert wird, der unter Verletzung der Sanktionen weiterhin russische Unternehmen betreut. Dann gilt fast immer das Prinzip „Mitgefangen, mitgehangen“.

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