Erweiterung EU-Liste nicht kooperativer Steuergebiete: Folgen für Russlandgeschäfte

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veröffentlicht am 22. Februar 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Durch Beschluss der EU-Mitgliedsstaaten wurden am 14. Februar 2023 vier neue Gebiete zur Liste nicht-kooperativer Jurisdiktionen hinzugefügt. Hiervon betroffen sind neben Russland die Britischen Jungferninseln, Costa Rica und die Marshallinseln. Mit der Auf­nahme auf die Liste sind für Geschäftsbeziehungen zu diesen Staaten eine ver­schärfte Hinzurechnungsbesteuerung, erweiterte Quellensteuerpflichten, ein Di­vi­den­den­freistellungs- und Betriebsausgabenabzugsverbot, gesteigerte Mit­wir­kungs- und DAC 6-Anzeigepflichten zu beachten.



 

EU-Liste und steuerliche Maßnahmenpakete

Gemeinsam mit den vier aufgezählten neu hinzugekommenen Gebieten umfasst die Liste des Rats der Europäi­schen Union über nicht kooperative Länder und Gebiete (EU-Liste oder „Schwarze Liste“) nun mehr 16 Steuer­hoheitsgebiete:
  • Amerikanisch-Samoa
  • Anguilla
  • Bahamas
  • Britische Jungferninseln
  • Costa Rica
  • Fidschi
  • Guam
  • Marshallinseln
  • Palau
  • Panama
  • Russland
  • Samoa
  • Trinidad und Tobago
  • Turks- und Caicosinseln
  • Amerikanische Jungferninseln
  • Vanuatu
 
Die Schwarze Liste wird regelmäßig aktualisiert und umfasst solche Gebiete, die keinen hinreichenden In­for­ma­tions­aus­tausch in Steuersachen ermöglichen, unfairen Steuerwettbewerb betreiben oder nicht die Min­dest­stan­dards des BEPS-Projekts der OECD/G20 erfüllen. Mit der Aufnahme in die Liste sind die EU-Staaten angehalten, steuerliche Gegenmaßnahmen zu ergreifen und so Einfluss auf die Steuerpolitik der Gebiete zu nehmen. 
 
In Deutschland sind diese Gegenmaßnahmen im Steueroasen-Abwehrgesetz (StAbwG) und in der Steueroa­sen-Abwehrverordnung (StAbwV) geregelt. Standen diese Vorschriften bislang eher nicht im Fokus der Steu­er­pflich­ti­gen, da die Liste zumeist „Exotenländer“ enthält, dürften sie insbesondere durch die Aufnahme Russlands zu Relevanz kommen.
 

Kernmaßnahmen des StAbwG

Mit der Aufnahme von Staaten auf die Schwarze Liste ist das StAbwG noch nicht automatisch auf diese an­wend­bar. Zunächst muss die StAbwV geändert werden, auf die das StAbwG Bezug nimmt. Wird die StAbwV bis Ende 2023 angepasst, greifen die ersten Abwehrmaßnahmen grundsätzlich ab dem 1. Januar 2024. Im Einzel­nen sieht das StAbwG folgende Abwehrmaßnahmen vor (inklusive möglicher erster Anwendungszeit­punkte für neu aufgenommene Gebiete):
  • Abzugsverbot für Aufwendungen, die aus Geschäftsvorgängen zu den betroffenen Gebieten resultieren (§ 8 StAbwG; frühestens anwendbar ab 1. Januar 2027)
  • verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung unabhängig vom Vorliegen passiver Einkünfte iSd § 8 Abs. 1 AStG, die von einer im betroffenen Gebiet ansässigen Gesellschaft erzielt werden und dort einer niedrigen Besteue­rung unterliegen (§ 9 StAbwG, frühestens anwendbar ab 1. Januar 2024)
  • 15-prozentige Quellensteuer auch auf Einkünfte aus Dienstleistungen und Handel (§ 10 StAbwG, frühestens anwendbar ab 1. Januar 2024)
  • Gewinnausschüttungen und Anteilsveräußerungen unterliegen nicht § 8b KStG und sind daher voll steuer­pflichtig (§ 11 StAbwG, frühestens anwendbar ab 1. Januar 2026)
 
Der Anwendungsbereich des StAbwG ist damit weit gefasst und betrifft sämtliche Geschäftsbeziehungen oder Beteiligungsverhältnisse mit Bezug zu einem nicht-kooperativen Gebiet (§ 7 StAbwG). Auch sog. „Dealings“ iSd § 1 Abs. 4 AO zwischen Stammhaus und Betriebsstätte sind betroffen. Ziel des Gesetzes ist nicht nur das „Hochschleusen“ der im Ausland erzielten Gewinne auf das inländische Steuerniveau. Vielmehr werden wirt­schaft­liche Beziehungen zu diesen Gebieten insgesamt unattraktiv gemacht, wobei die Gefahr einer Dop­pel­be­steu­er­ung von Einkünften vom Gesetzgeber in Kauf genommen wird.
 

Begleitmaßnahmen und DAC 6-Anzeigepflichten

Wer vom StAbwG betroffen ist, dem werden auch umfangreiche Mitwirkungspflichten im Steuerverfahren auferlegt (§ 12 StAbwG). Für die relevanten Geschäftsvorfälle hat der Steuerpflichtige zahlreiche Auf­zeich­nungs­pflich­ten zu erfüllen und Verträge und Vereinbarungen vorzuhalten.
 
Weiter ist zu beachten, dass Transaktionen, bei denen der Zahlungsempfänger in einem Gebiet der Schwarzen Liste ansässig ist, unter das Kennzeichen C2 der DAC 6-Meldepflichten fällt. Unabhängig vom wirtschaftlichen Gehalt der Transaktion ist diese künftig als grenzüberschreitende Steuergestaltung stets dem Bundeszentral­amt für Steuern mitzuteilen.
 

Fazit

Insbesondere Steuerpflichtige, die (noch) Geschäftsbeziehungen zu Russland unterhalten oder dort investiert haben, sollten dringend die Auswirkungen der Aufnahme Russlands auf die Schwarze Liste überprüfen. Mögli­cher­weise lassen sich auf Grund der Anwendungsregelungen noch rechtzeitig Maßnahmen ergreifen, bevor das harte Regime des StAbwG greift.
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