Den Bestand der Nachfolgeregelung in der letztwilligen Verfügung sichern

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veröffentlicht am 15. November 2017


Mit letztwilligen Verfügungen werden Vermögensgegenstände des Nachlasses an die Bedachten aufgeteilt. Häufig wird ein vorhandenes Unternehmen dem oder den Abkömmlingen zugordnet und das Privatvermögen zur Absicherung im Alter dem Ehegatten und etwaigen weichenden Abkömmlingen.

 

    

Interesse am Bestand der Nachfolgeregelung

Die häufig erheblichen Wertunterschiede zwischen dem zugewendeten Unternehmensvermögen einerseits und dem Privatvermögen andererseits finden ihre innerliche Rechtfertigung darin, dass das unternehme­rische Vermögen mit erheblichen Risiken belastet ist. Ein darüber hinausgehender Ausgleich gefährdet häufig das Unternehmen.

  

Letztwillige Verfügungen und Nachfolgeregelungen werden bei Erblassern, die deutsche Staatsangehörige sind, ihren Wohnsitz in Deutschland haben und deren Vermögen sich in Deutschland befindet i.d.R. nach deutschem Erbrecht geplant und strukturiert. Befinden sich Teile des Vermögens im Ausland sollte das berücksichtigt werden.

 

Risiken für den Bestand der Nachfolgeregelung

Es gibt verschiedene Gründe, die Nachlassregelung zu unterlaufen. Das betrifft u.a. die Nachlassregelung selbst oder auch erhebliche Wertunterschiede in der Nachlasszuordnung. Gezielt wird dabei auf eine andere Nachlassverteilung oder einen weitergehenden Wertausgleich.

  

Das kann über die Anwendung eines anderen Erbstatuts, über Pflichtteils- oder Zugewinnausgleichs­ansprüche oder über die Anfechtung einer letztwilligen Verfügung versucht werden.

 

Empfehlungen zur Sicherung der Nachlassregelung

1. Rechtswahl des deutschen Erbstatuts

In denjenigen europäischen Staaten, in denen die EU-Erbrechtsverordnung (Europäische Erbrechtsver­ordnung) gilt, bestimmt sich seit dem 17. August 2015 das zur Anwendung kommende Erbrecht nach dem Recht des Staates, in dem der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die bisherige Anknüpfung in Deutschland an die Staatsangehörigkeit spielt keine Rolle mehr.

  

Der deutsche Erblasser, der die Verwaltung seines in Deutschland belegenen Vermögens von der Côte d´Azur aus vornimmt, gerät in die Gefahr, dass bei seinem Tod das französische Erbrecht zur Anwendung kommt.

  

Das französische Recht kennt kein Pflichtteilsrecht wie das deutsche Erbrecht sondern ein Noterbrecht. Die Noterben, vergleichbar den deutschen Pflichtteilsberechtigten, werden unmittelbar am Nachlass dinglich beteiligt. Das könnte dazu führen, dass Personen an Vermögenswerten beteiligt werden, an denen sie nicht beteiligt sein sollen. Die Nachlassregelung würde unterlaufen werden.

 

Resümee

Der deutsche Erblasser sollte in seiner letztwilligen Verfügung das deutsche Erbrecht als sein Heimatrecht wählen. Nach dem Recht hat er meist seine Nachlassregelung gestaltet. Eine solche Rechtswahl ermöglicht die EU-Erbrechtsverordnung. Wird der gewöhnliche Aufenthalt allerdings in Drittstaaten begründet, die der EU-Erbrechtsverordnung nicht unterliegen, ist zu prüfen, ob sie die Rechtswahl akzeptieren.

  

2. Pflichtteilsverzicht

Pflichtteilsansprüche: Wer ist wann pflichtteilsberechtigt?

Nach deutschem Erbrecht sind der Ehegatte und die Kinder eines Erblassers pflichtteilsberechtigt; bei einem Erblasser, der ohne Kinder verstirbt, auch dessen Eltern.
 

Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils des Pflichtteilsberechtigten und richtet sich auf Auszahlung in Geld. Bemessungsrundlage ist der Verkehrswert des Nachlasses.

  

Werden in einer Nachfolgeregelung Vermögensgegenstände mit erheblichen Wertunterschieden verschie­denen Personen zugewiesen, was bei Unternehmen leicht der Fall sein kann, kann die Nachfolgeregelung durch Pflichtteilsansprüche bedroht sein.

  

Entsprechendes gilt bei früheren Schenkungen, bei denen die Anrechnung auf Erb- und Pflichtteil nicht geregelt wurde. Werden die früher Beschenkten in der Nachfolgeregelung nicht mehr bedacht, könnten sie Pflichtteilsansprüche geltend machen.

  

Pflichtteilsverzicht

Der Erblasser kann mit seinen pflichtteilsberechtigten Angehörigen mittels einer notariellen Vereinbarung einen Pflichtteilsverzicht schließen.

  

Im generellen Pflichtteilsverzicht verzichtet der Pflichtteilsberechtigte auf jegliche Pflichtteilsansprüche beim Tod des Erblassers. Beim beschränkten Pflichtteilsverzicht verzichtet er nur auf Pflichtteilsansprüche bzgl. bestimmter Vermögenswerte, wie z.B. Unternehmen, Betriebsvermögen etc., die ggf. den erheblichen Wertunterschied ausmachen.

  

Der Verzicht kann entgeltlich oder unentgeltlich abgegeben werden.

 

Resümee

Ist eine Nachfolgeregelung mit dem Risiko der Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen belastet, sollte ein Pflichtteilsverzicht vereinbart werden. Ein beschränkter Pflichtteilsverzicht ist bezogen auf Unternehmen/Betriebsvermögen i.d.R. ohne weiteres erreichbar. Um eine spätere Anfechtung zu vermeiden, sollte er stets unabhängig vom Vermögen und den Einkünften der Beteiligten und unabhängig von der gegenwärtigen und künftigen Vermögens- und Einkommensentwicklung der Beteiligten abgeben werden.

 

3. Gefahr der Ausschlagung der Erbenstellung/von Vermächtnissen

Der gesetzliche Güterstand in Deutschland ist die Zugewinngemeinschaft. Bei Eingehen der Ehe wird die Rechtszuordnung des Vermögens nicht berührt, jeder bleibt Eigentümer seines Vermögens. Endet der Güterstand zu Lebezeiten, z.B. infolge von Scheidung, ist der Vermögenszuwachs während der Ehezeit auszugleichen. Bei jedem Ehegatten ist das Anfangs- und Endvermögen zu ermitteln. Derjenige Ehegatte, der den höheren Vermögenszuwachs zu verzeichnen hat, hat ihn nach Inflationsbereinigung hälftig auszugleichen.

  

Endet die Ehe durch Tod, erfolgt der Zugewinnausgleich dadurch, dass die Erbquote des Ehegatten um ¼ pauschal erhöht wird. Bei einer Ehe mit Kindern wird die Erbquote des Ehegatten von ¼ um ein weiteres ¼ und damit auf eine Erbquote von ½ erhöht. Entsprechend erhöht sich die Pflichtteilsquote des Ehegatten von 1/8 auf ¼. Nur für erbschaftsteuerliche Zwecke ist in einer Schattenrechnung der rechnerische Zugewinn zu ermitteln. Der ist erbschaftsteuerfrei.

  

Ist der Ehegatte in der letztwilligen Verfügung weder als Erbe noch als Vermächtnisnehmer eingesetzt, kann er den rechnerischen Zugewinn und den Pflichtteilsanspruch vom nicht erhöhten gesetzlichen Erbteil geltend machen.

  

Selbst wenn der Ehegatte in der letztwilligen Verfügung als Erbe oder Vermächtnisnehmer eingesetzt ist, steht ihm die Möglichkeit zu, die Erb-/Vermächtniseinsetzung auszuschlagen und den rechnerischen Zugewinn und den Pflichtteil auf die nicht erhöhte Erbquote (kleiner Pflichtteil) zu verlangen.

 

Resümee

Soll vermieden werden, dass ein Ehegatte bei Scheidung oder Tod den rechnerischen Zugewinn geltend macht, kann durch Ehevertrag der Güterstand der Gütertrennung vereinbart werden, ein güterrechtlicher Ausgleich findet nicht statt.

  

Erbschaftsteuerlich optimaler ist ein Ehevertrag in Form der modifizierten Zugewinngemeinschaft. So könnte etwa bestimmt werden, dass bei Scheidung ein Zugewinnausgleich nicht stattfindet und dass bei Beendigung des Güterstands durch Tod, ein Zugewinnausgleich hinsichtlich vorhandener Unternehmen / Betriebs­vermögen nicht stattfindet. Der Ehegatte müsste ferner im Fall des Todes auf einen rechnerischen Zugewinnausgleich verzichten.

  

Ergänzend sollte mit dem Ehepartner ein beschränkter Pflichtteilsverzicht vereinbart werden, mit dem die einvernehmlich vereinbarte Nachfolgeregelung abgesichert wird, damit die nicht unterlaufen werden kann.

 

4. Anfechtung

Die Anfechtung letztwilliger Verfügungen ist auch bei wechselbezüglichen Verfügungen in gemein­schaftlichen Ehegattentestamenten oder bei vertragsgemäßen Verfügungen in Erbverträgen möglich. Der Erblasser muss einem Irrtum unterliegen. Das kann entweder ein Inhaltsirrtum (Irrtum über den Inhalt seiner Erklärung), ein Erklärungsirrtum (er wollte eine Erklärung des Inhalts nicht abgeben) oder ein Motivirrtum (irrige Annahme des Eintritts/Nichteintritts eines Umstandes, z.B. Beziehung zum Bedachten ohne tiefgreifende Störung) sein.

  

Anfechtungsberechtigt ist derjenige, dem die Aufhebung der letztwilligen Verfügung zugutekommt.

Ein wichtiger Anfechtungsgrund ist die Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten. So können vertrags­mäßige Verfügungen bei Erbverträgen oder wechselbezügliche Verfügungen bei gemeinschaftlichen Ehegattentestamenten angefochten werden, wenn der längstlebende Ehegatte wieder heiratet, weil damit ein neuer Pflichtteilsberechtigter hinzugekommen ist.  

 

Resümee

Bei gemeinschaftlichen Ehegattentestamenten und Erbverträgen sollten die Ehegatten auf die Anfechtung wegen Übergehens eines Pflichtteilsberechtigten verzichten.

 

Letztwillige Verfügung, gemeinschaftliches Ehegattentestament/Erbvertrag

Eine letztwillige Verfügung kann jederzeit widerrufen werden. Insbesondere Ehegatten haben jedoch ein besonderes Interesse, dass eine abgesprochene Nachfolgeregelung Bestand hat. Das ist bei wechselbe­züglichen oder vertragsgemäßen letztwilligen Verfügungen der Fall.

 

Wechselbezügliche Verfügungen im gemeinschaftlichen Ehegattentestament

Wechselbezügliche Verfügungen im gemeinschaftlichen Ehegattentestament sind letztwillige Verfügungen (Erbeinsetzung, Vermächtnisse und Auflagen), die ein Ehepartner trifft, weil der andere Ehepartner ebenfalls eine bestimmte letztwillige Verfügung trifft. So ist z.B. die gegenseitige Erbeinsetzung der Ehegatten eine solche wechselbezügliche Verfügung.

  

Wechselbezügliche Verfügungen binden die Ehepartner. Sie können grundsätzlich einseitig keine abweich­enden letztwilligen Verfügungen vornehmen.
 

Zu Lebzeiten können sie jedoch einvernehmlich die wechselbezügliche Verfügung abändern.

  

Eine einseitige Abänderung zu Lebzeiten des anderen Ehepartners ist dadurch möglich, dass gegenüber einem Notar erklärt wird, dass man sich nicht mehr an die wechselbezügliche Verfügung gebunden sieht. Durch die entsprechende Mitteilung des Notars an den anderen Ehepartner entfällt das Testament insgesamt.

  

Nach dem Tod eines Ehegatten können die wechselbezüglichen Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament nicht mehr geändert werden. Es bleibt allenfalls eine etwa mögliche Anfechtung des gemeinschaftlichen Testaments.

 

Da ein gemeinschaftliches Ehegattentestament auch einseitige letztwillige Verfügungen beinhalten kann, ist zu empfehlen, die wechselbezüglichen Verfügungen ausdrücklich im Testament zu benennen.

 

Erbvertrag

Ein Erbvertrag kann mit allen Personen, nicht nur mit Ehegatten,  geschlossen werden.

  

Ein Erbvertrag muss mind. eine letztwillige Verfügung (Erbeinsetzung, Vermächtnisse und Auflagen) enthalten, die einen der Beteiligten bindet (vertragsmäßige Verfügung).
 

Die Verfügungen können zwischen den Vertragspartnern nur einvernehmlich aufgehoben werden. Nach dem Tod eines Vertragsbeteiligten können vertragsmäßige Verfügungen nicht mehr geändert werden. Es bleibt allenfalls eine etwa mögliche Anfechtung des Erbvertrags.

 

Resümee

Die Bindungswirkung einer vertragsmäßigen Verfügung im Erbvertrag ist größer als bei einer wechselbe­züglichen Verfügung im gemeinschaftlichen Ehegattentestament. Denn eine einseitige Loslösung zu Lebzeiten durch Erklärung gegenüber dem Notar ist nicht möglich.

  

Bei vertragsmäßigen und wechselbezüglichen Verfügungen können im gewissen Umfang Änderungsvor­behalte (Öffnungsvorbehalt) vereinbart werden, etwa dass ein Vermögensgegenstand nicht allen Kindern, sondern nur einzelnen befähigten Kindern zugewiesen werden kann. Solche Öffnungsklauseln sollten stets erwogen werden.

  

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Friedrich Acker

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