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veröffentlicht am 15. November 2017
Das alles darf kein Tabu sein; darüber muss man nachdenken. Die besonders enge wechselseitige Beziehung zwischen Unternehmen und Familie, die Chancen einer starken Familie, aber auch die Bedrohung des Unternehmens durch familiäre Konflikte zeigen sich besonders deutlich und besonders intensiv bei der Unternehmensnachfolge. Die Verbindung der womöglich schon über Generationen bewährten unternehmerischen Gene, die Überzeugung von den guten Genen, mit der Ratio der kaufmännischen Unternehmensführung kann eine große Chance sein für den Generationswechsel.
Die wesentlichen Herausforderungen sind die gleichen wie bei der letzten Generationennachfolge, die also schon der Senior in der damals anderen Rolle kennenlernen durfte – und sie werden wohl auch auf Dauer die gleichen bleiben. Manche Herausforderungen sind aber durch gesellschaftliche Entwicklungen seit der letzten Generationennachfolge doch in mancherlei Hinsicht besonders geprägt.
Der Unternehmer muss sich überhaupt einmal mit dem Thema seiner eigenen Nachfolge befassen. Er muss sie planen. Der Unternehmer erstellt Businesspläne, jährliche Budgets (GuV, Bilanz, Liquidität, Investitionen, Personalplanung) – Nachfolgeplanung ist mindestens genauso wichtig.
Der Übergeber, die Senior-Generation, kann ihr eigenes unternehmerisches Lebenswerk durch die erfolgreiche Nachfolge vollenden. ABER: Die misslungene Nachfolge kann dazu führen, dass ein bisher erfolgreiches Unternehmen vernichtet wird.
Wenn die Aufgabe an einen Headhunter übertragen werden würde, würde sie wie folgt oder ähnlich lauten: „Für mein Unternehmen brauche ich den perfekten Chef, bestens ausgebildet, sozial hochkompetent und emotional intelligent, empathisch, starke Führungspersönlichkeit, visionär, hervorragender Techniker oder Kaufmann, international ausgebildet, mehrsprachig, dem Wettbewerb haushoch überlegen. Zur Auswahl stelle ich Ihnen: meinen Sohn und meine Tochter.” Das ist eine schwierige Aufgabe für jeden Personalberater!
Eine erfreuliche gesellschaftliche Entwicklung ist, dass Frauen heute (fast) genauso als Nachfolgerinnen in Frage kommen wie Männer. Sie sind vollwertige Alternativen nicht nur für „typische Frauenressorts” (Personal, Marketing), sondern auch für die Nr. 1-Position. Das ist eine sehr begrüßenswerte aktuelle Entwicklung: Dadurch verdoppelt sich der Pool der möglichen Nachfolger!
Die Fähigkeit der eigenen Kinder zur Nachfolge abzuschätzen, ist oft sehr schwierig. Zu beurteilen sind neben den formalen auch die menschlichen Qualifikationen. Eltern sind oft nicht subjektiv, z.T. zu optimistisch, z.T. zu skeptisch. Deshalb ist es wichtig, die Situation mit den engsten Vertrauten, die eine etwas objektivere Perspektive einnehmen können, zu besprechen. Keinesfalls aber sollte die Auswahl des Nachfolgers im weiteren Kreis des Unternehmens thematisiert werden, da sonst die Gefahr der Beschädigung besteht. Denn wenn schon der Senior daran zweifelt ….
Für die Vorbereitung auf die Unternehmensnachfolge gibt es kein Patentrezept. Manche befürworten eine Vorbereitung im eigenen Unternehmen. Viele meinen, dass der potenzielle Unternehmensnachfolger erst einmal woanders Erfahrungen sammeln sollte. Es gibt viele Argumente in die eine oder andere Richtung. Manche haben Angst, dass es dem Nachfolger woanders dann doch so gut gefällt, dass er dort bleibt. Die Angst sollte nicht bestehen. Stattdessen ist ein gesundes Selbstbewusstsein für das eigene Unternehmen gefragt.
Ideal ist es, wenn für eine gewisse Übergangszeit der Senior und der Junior gleichzeitig im Unternehmen tätig sein können. Das funktioniert selbstverständlich nur bei einer gut geplanten Nachfolge. Viele sagen, die Übergangszeit sollte möglichst kurz sein. Allerdings meine ich, dass bei größeren Unternehmen auch eine lange Zeit, in der beide im Unternehmen sind, gut lösbar ist. Wichtig dabei ist, dass der Junior ein eigenes, herausforderndes Aufgabenfeld hat, in dem er sich entfalten kann. Wichtig ist es auch, Klarheit über die Rollen zu schaffen, die Dauer der Übergangszeit, ggf. auch zeitlich gestaffelt, im Vorhinein im Zuge der Nachfolgeplanung festzulegen und die Disziplin aufzubringen, sich an diese Vereinbarungen zu halten.
Sie dürfen die Entscheidung des Unternehmers nicht bestimmen, sondern müssen bewältigt werden.
Das Erbschaftsteuergesetz gewährt eine Verschonung für Betriebsvermögen und Gesellschaftsanteile, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Die Regelungen sind im Vergleich zu früher zwar komplizierter geworden, jedoch kann bei einer vorausschauenden Planung die Verschonung für Betriebsvermögen weiterhin erreicht werden.
Ein wesentlicher Aspekt ist, dass sog. Verwaltungsvermögen im Unternehmen zum Übertragungsstichtag schädlich sein kann. Denn der Nettowert des Verwaltungsvermögens abzüglich eines sog. Schmutzzuschlags unterliegt der definitiven Erbschaftsbesteuerung. Zum Verwaltungsvermögen zählen z.B. an Dritte vermietete Grundstücke, Kunstgegenstände, Wertpapiere oder schädliche Finanzmittel.
Für Großerwerbe im Wert von mehr als 26 Mio. Euro schmilzt die Verschonung ratierlich ab bzw. muss der Erwerber sein verfügbares Vermögen zu 50 Prozent einsetzen, um die Erbschaftsteuer zu bezahlen; der Rest der Steuer wird ihm erlassen. Durch eine Vielzahl von gesetzlichen Fristen soll Gestaltungsmissbrauch verhindert werden. Allerdings besteht die Gefahr, dass die Fristen und sonstigen Begünstigungsvoraussetzungen des Erbschaftsteuergesetzes die Nachfolgeplanung beeinflussen. Die Nachfolgeplanung darf sich aber nicht ausschließlich an steuerlichen Kriterien ausrichten, auch wenn die drohende Erbschaftsteuer mehr denn je eine Bedrohung für das Unternehmen und künftige Investitionen sein kann.
Selbstverständlich sollte jeder Unternehmer ein Testament haben und für den Erbfall gerüstet sein. Wichtig dabei ist, dass das Testament mit dem Gesellschaftsvertrag abgestimmt ist. Doch nicht nur für den Erbfall ist Vorsorge zu treffen. Auch für den Fall der Handlungsunfähigkeit z.B. bei einem schweren Unfall oder einer Krankheit sollten Unternehmer durch Vollmachten, insbesondere auch eine Vorsorgevollmacht sicherstellen, dass die Aktivitäten des Unternehmens oder des sonstigen Vermögens nicht stillstehen oder gar durch einen vom Gericht bestellten (fremden) Betreuer bestimmt werden.
Eine gelungene Nachfolge ist oftmals das Resultat aus Schenkungen zu Lebzeiten und darauf aufbauend die Gestaltung des Nachfolgekonzepts für den Todesfall. Das ist nach wie vor in den meisten Fällen der Königsweg. Denn auf diese Weise gelingt es, die Steuerbelastung beim Übergang des Lebenswerks zu minimieren und sonstige unliebsame Vermögensabflüsse und Erbstreitigkeiten zu vermeiden.
Prof. Dr. Christian Rödl, LL.M. (Columbia University, New York)
Rechtsanwalt, Steuerberater
Geschäftsführender Partner
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