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zuletzt aktualisiert am 4. Mai 2021 | Lesedauer ca. 3 Minuten
Die Vereinbarung der Durchführung eines Schiedsverfahrens kann – richtig eingesetzt – ein Mittel zur schnellen Streitbeilegung sein. Dafür muss aber besonderes Augenmerk auf die Gestaltung der Schiedsklausel geworfen werden.
Schiedsurteile können in der Vielzahl der Länder vollstreckt werden, in denen sich deutsche Mittelständler geschäftlich bewegen. Grund dafür ist das New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche. Danach können Schiedsgerichtsurteile in über 150 Mitgliedstaaten von Afghanistan bis Zimbabwe vollstreckt werden.
Die Vollstreckung von Urteilen eines europäischen Mitgliedstaates innerhalb der EU stellt kein Problem dar. Nicht nur im nationalen, auch im internationalen Umfeld genießen deutsches Recht und die deutsche Zivilprozessordnung einen guten Ruf. Für viele Mittelständler ist es daher gar keine Frage, dass sie nur dann, wenn sie sich im Umfeld außereuropäischer internationaler Vertragsgestaltung befinden, eine Schiedsklausel verwenden und im Übrigen auf die staatliche Gerichtsbarkeit vertrauen. Als Argument dafür wird zum einen die Vertrautheit mit den gerichtlichen Abläufen, zum anderen die Angemessenheit der Kosten genannt. Denn schaut man nur über die Grenze nach Österreich, stellt man schnell fest, dass die deutsche Gerichtsbarkeit recht kostengünstig ist.
Schiedsverfahren werden oftmals als komplex und kostenintensiv angesehen. Komplex deswegen, weil es scheinbar eine Vielzahl von unbekannten Fallstricken gibt, und teuer, weil die anfallenden Honorare oftmals hoch ausfallen. Bei genauer Betrachtung ist festzustellen, dass das nicht unbedingt richtig ist. Vergleicht man die Kosten eines Schiedsverfahrens, wie auch dessen Dauer, muss man sich vor Augen führen, dass es nur in einer schiedsgerichtlichen Instanz geführt wird. Die Kosten und Dauer gilt es gegenüber zu stellen. Dann sieht die Rechnung oftmals ganz anders aus. Zu vergleichen sind daher die Kosten eines in 2 oder 3 Instanzen geführten Rechtsstreits mit denen eines Schiedsverfahrens.
Auch die Dauer eines Schiedsverfahrens muss mit der Dauer eines über mehrere Instanzen geführten Verfahrens abgewogen werden. Beide Punkte stehen zudem in Wechselwirkung zueinander: viele institutionell geführte Schiedsverfahren, etwa solche nach den Regeln der Internationalen Handelskammer (ICC) oder nach den Stockholmer Regeln (SCC) werden oftmals mit sehr kurzen Fristen und Reaktionszeiten geführt, was zu erhöhtem Personalbedarf bei der Abwicklung des Verfahrens und daher – auf den ersten Blick – hohen Kosten führen kann. Doch gerade hierin kann auch ein Vorteil liegen, denn eine schnell gelöste Auseinandersetzung lässt allen Beteiligten auch schnell die Möglichkeit, sich nach Abschluss des Streits wieder dem Tagesgeschäft zuzuwenden. Der Vorteil darf nicht zu gering bewertet werden, denn regelmäßig unterschätzen die Parteien den enormen Aufwand, den die Führung eines Prozesses auch für sie bedeutet. Denn Prozesse werden über den Sachvortrag gewonnen und der kann nur in Zusammenarbeit mit den Mandanten ermittelt werden.
Ordentliche Richter werden vom Gesetz bestimmt. Ordentliche Gerichte sind staatliche Institutionen und Urteile sind staatliche Hoheitsakte. Das ist der Grund, warum die Hoheitsakte nur dann im außereuropäischen Ausland vollstreckt werden können, wenn ein Staatsvertrag das vorsieht.
Schiedsgerichte sind – abweichend von staatlichen Gerichten – keine bereits eingerichteten Institutionen. Zwar spricht man von institutioneller Schiedsgerichtsbarkeit in Abgrenzung zur ad-hoc Schiedsgerichtsbarkeit, allerdings ist hiermit nur gemeint, dass die jeweiligen Institutionen das Schiedsverfahren administrieren und dass sie bereits eigene Schiedsordnungen, also Regeln, vorgeben, nach denen die Parteien das Schiedsverfahren führen. Doch die Institutionen halten weder bereits ein fertig konstituiertes Schiedsgericht vor, noch sind ihre Regeln zwingend einzuhalten. Dort wird üblicherweise lediglich eine Liste möglicher Schiedsrichter vorgehalten und ein Schiedsgericht wird regelmäßig nach seiner Konstituierung im ersten Schritt mit den Parteien die Verfahrensregen festlegen.
Der große Vorteil der Schiedsgerichtsbarkeit ist eben die Flexibilität. Denn der Grund für die weltweite Anerkennung der Schiedsgerichtsbarkeit liegt darin, dass die jeweiligen Vertragsparteien sich die Regeln und Mechanismen frei geben können, nach denen sie Streitigkeiten zwischen sich verhandelt und entschieden haben wollen. Das ist Ausfluss des Grundsatzes der Vertragsfreiheit.
Das bedeutet, dass sie frei entscheiden können, wer ihr Schiedsrichter sein soll. Genau hier liegt ein entscheidender Vorteil der Schiedsgerichtbarkeit. Schiedsrichter werden nicht für eine bestimmte Vielzahl von Fällen von einem Gesetzgeber vorgegeben, sondern für das jeweilige zu führende Verfahren von den Parteien selbst. Freie Richterwahl umfasst nicht nur, dass man sich nicht an vorgegebene Schiedsrichter halten und sich auf einzelne Personen einigen kann oder muss. Die freie Richterwahl bedeutet auch, dass die Parteien Qualifikationen vereinbaren können, die für sie künftig tätige Schiedsrichter erfüllen müssen. Denn staatliche Richter sind i.d.R. „nur” Juristen. Sie müssen sich bei der Beurteilung von Sachfragen auf die Sachkompetenz von Sachverständigen verlassen. Eine Schiedsklausel kann das Problem lösen, indem sie z.B. verlangt, dass der zu bestellende Schiedsrichter nicht nur Rechtsanwalt, sondern auch Wirtschaftsprüfer sein muss. Dann hat der Entscheider des Streits zum einen höhere Sachkompetenz. Zum anderen können sich die Parteien die Kosten eines Sachverständigen sparen. Durch solch eine Klausel können sogar die Kosten eines Schiedsverfahrens erheblich sinken.
Die Führung eines Schiedsverfahrens kann sich auch im nationalen Bereich anbieten. Neben den oftmals zitierten Vorteilen der kürzeren Dauer kann eine mit Bedacht formulierte Schiedsklausel nicht nur Sachkompetenz absichern, sondern als Nebeneffekt noch erhebliche Kosten einsparen.
Litigation & Arbitration
Frank J. Bernardi
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
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