Neues aus der Welt der EVB-IT: Länderübersicht und EVB-IT Cloud

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veröffentlicht am 19. April 2022 | Lesedauer: ca. 3 Minuten

von Johannes Marco Holz, Freya Schwering und Roman Kindl

 

Am 1. März 2022 hat der Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik die „Ergänzenden Vertragsbedingungen für die Beschaffung von Cloud-Dienstleistungen“ (EVB-IT Cloud) auf www.cio.bund.de veröffentlicht, auf die sich das Bundesminis­te­rium des Inneren und für Heimat (BMI) und der Digitalverband Bitkom verständigt haben.

 

 

 

Warum die EVB-IT Cloud notwendig wurden

Die EVB-IT Cloud sind das elfte und jüngste der auf diesem Weg zu Stande gekommenen Vertragsmuster. Deren Ziel: Bei der Beschaffung von IT-Leistungen durch die öffentliche Hand die haushaltsrechtliche Vorgabe umzusetzen, beim Abschluss von Verträgen nach einheitlichen Richtlinien zu verfahren. Um dies zu erreichen, werden Vertragsmuster benötigt, die im Grundsatz für Auftraggeber wie Auftragnehmer gleichermaßen akzep­tabel sind. Angesichts der Geschwindigkeit, mit der sich auf den Märkten für IT-Leistungen Umwälzungen vollziehen und dort Innovationen Einzug halten, ein schwieriges Unterfangen.
 
BMI und Bitkom begegnen dem von zwei Seiten. Zum einen überarbeiten sie gelegentlich bereits bestehende Vertragsmuster, wie zuletzt die EVB-IT Dienstleistung im Jahr 2018. Zum andern legen sie neue Vertragsmuster auf, wenn mit den bisherigen ein Bedarf nicht gedeckt werden kann – wie für den Bezug von Cloud-Dienstleis­tungen.
 
Die EVB-IT gingen bislang vom Leitbild der Bereitstellung von IT-Leistungen innerhalb der Liegenschaften des Auftraggebers aus (On-Premises). Dieser Ansatz hat weiterhin Bedeutung, insbesondere für den Hochrisiko­bereich – also dort, wo Leistungsstörungen typischerweise unmittelbar zum Tod von Menschen oder zu Groß­schadenslagen führen (vgl. Ziffer 3.2 der EVB-IT Cloud AGB). Ebenso können besondere Anforderungen an IT-Sicherheit und Datenschutz es verlangen, IT-Leistungen weiterhin On-Premises zu beziehen.
 
Ausgehend vom Leitbild einer Bereitstellung von IT-Leistungen in der Cloud bieten sich jedoch auch Chancen. So lässt sich allem voran der Umfang der bezogenen IT-Leistungen kurzfristig anpassen (Skalierbarkeit). Sieht sich ein Auftraggeber etwa einer unerwarteten Aufgabenausweitung gegenüber, die es erfordert, IT-Kapazitäten schnell aufzustocken, stoßen On-Premises-Lösungen an ihre Grenzen. Solche Szenarien sind spätestens seit der Corona-Pandemie für jeden Auftraggeber denkbar. Im gleichen Zuge wurde mobiles Arbeiten (Home Office) für viele Auftraggeber ein Thema, das mit Cloud-Dienstleistungen schon konzeptionell einfacher umzusetzen ist. Die Liste lässt sich fortführen.
 
Wollten Auftraggeber mit den bisherigen EVB-IT den Bezug von Cloud-Dienstleistungen abbilden, standen sie vor hohen, wenn nicht gar unüberwindbaren Hürden. In jedem Fall hätten sie verschiedene EVB-IT in einer Weise kombinieren müssen, die nicht vorgesehen war und damit die maßgebliche Zielsetzung der Vertrags­muster, nämlich Standardisierung, unterlaufen. Die EVB-IT Cloud sollen derartige Klimmzüge überflüssig machen.
 

Öffnung für Auftragnehmer-AGB möglich

Bemerkenswert: Die EVB-IT Cloud ermöglichen die vorrangige Einbeziehung einzelner Klauseln aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Auftragnehmers. Hintergrund dürfte die Marktmacht einiger Anbieter wie z.B. Amazon (AWS) und Microsoft (Azure) sein, ohne deren Einsatz als Unterauftragnehmer nur wenige Unternehmen das von den Auftraggebern geforderte hohe Leistungsniveau erreichen. Diese Markt­macht hat auch zu einer weitgehenden Standardisierung von Cloud-Leistungen beigetragen, da sich viele Anbieter mit ihren Konditionen an den Marktführern orientieren, selbst wenn sie diese nicht an ihrer Leistungserbringung beteiligen.
 
Zwar mag sich mit der Öffnung für auftragnehmerseitige AGB die Zahl der in Frage kommenden Auftragnehmer erhöhen, jedoch leidet im gleichen Maß die Vergleichbarkeit der jeweiligen Angebote. Umso schwieriger wird es für die Auftraggeber, treffsicher das wirtschaftlichste Angebot auszuwählen und ihre Entscheidung im Falle einer Nachprüfung oder gegenüber ihrer Aufsichtsbehörde stichhaltig zu begründen. Der Schritt zur Öffnung für auftragnehmerseitige AGB seitens der Auftraggeber will demnach wohl überlegt sein.
 

Kriterienkatalog bietet gewisse Flexibilität

Sollten sich Auftraggeber gegen eine Einbeziehung auftragnehmerseitiger AGB entscheiden, sieht der „Krite­rienkatalog für Cloudleistungen“ noch an einigen Stellen die Möglichkeit vor, von den Vorgaben der EVB-IT Cloud AGB abzuweichen.
 
Reicht das nicht aus, kann es für das konkrete Beschaffungsvorhaben sinnvoll sein, die EVB-IT Cloud nur mit weitergehenden Anpassungen zum Gegenstand eines Vergabeverfahrens zu machen. Der Landesrechnungshof Schleswig-Holstein bringt das auf den Punkt: „Standards sind kein Garant für qualitativ hochwertige Verträge, sondern können nur die Bausteine dazu liefern.“
 
Manch ein Auftraggeber hat dafür jedoch nur begrenzten Spielraum: Im Bund und in der Mehrzahl der Länder sind die EVB-IT durch entsprechende haushaltsrechtliche Verwaltungsvorschriften für die Beschaffung von IT-Leistungen grundsätzlich verbindlich, zahlreichen Kommunen sind sie zur Anwendung empfohlen. Eine schema­tische Übersicht finden Sie als Download zu diesem Beitrag.
 

Bewährung in der Praxis steht noch aus

Die EVB-IT Cloud müssen sich in der Praxis erst noch bewähren: 18 Monate nach ihrer Veröffentlichung plant die Arbeitsgruppe EVB-IT eine Überprüfung des Vertragswerks. Im Zuge dessen stehen auch Anpassungen der EVB-IT Cloud im Raum.

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Johannes Marco Holz, LL.M.

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Informationstechnologierecht, Datenschutzbeauftragter (GDDcert.EU), Master of Laws Rechtsinformatik (Universität Passau)

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