Litauen setzt konsequent auf Blockheizkraftwerke (BHKW) – Chancen für Bauunternehmen und Erzeuger

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Ziel der litauischen Energiepolitik war es, den Anteil Erneuerbarer Energien am Gesamtverbrauch bis zum Jahr 2020 auf mindestens 23 Prozent zu steigern. Dieses Ausbauziel wurde bereits im Jahr 2014 erreicht, seitdem wird eine Erhöhung der Ausbauziele diskutiert. Stand dabei in den vergangenen Jahren vor allem ein weiterer Ausbau der Windenergie (onshore und offshore) zur Debatte, waren es in der jüngsten Vergangenheit vor allem volumenreiche Ausschreibungen grundlastfähiger BHKW, die Schlagzeilen machten. Ein Ende dieses Trends ist nicht abzusehen.

 

​Ausgangssituation

Die Abschaltung des größten Kernkraftwerkes der Region im Jahr 2009 machte Litauen quasi über Nacht vom Energieexporteur zum Energieimporteur. Hierdurch entstand eine große Abhängigkeit von russischem Gas, die insbesondere bei Ausbruch der Ukrainekrise die Sorgen um die litauische Energiesicherheit wachsen ließ. Neben der Senkung der CO2-Emissionen, die sich die westeuropäischen Staaten vom Einsatz der Erneuerbaren Energien versprechen, steht daher die Unabhängigkeit von Energieimporten aus Russland besonders im Fokus der litauischen Energiepolitik.

 

Die Förderung der Erneuerbaren Energien erfolgt in Litauen mithilfe eines breiten Fächers von Instrumenten. Die litauischen Förderinstrumente sind durch einen Wettbewerb zwischen den einzelnen Erzeugungsarten sowie eine Förderungsdeckelung über eine Quotenregelung gekennzeichnet. Im Erneuerbare-Energien-Gesetz sind die Ziele für den Ausbau einzelner Arten von Erneuerbaren Energien (Wind, Solar, Biomasse und Wasser) bis zum Jahr 2020 verankert:

 

  • Windenergie: mindestens 500 MW,
  • Solarenergie: mindestens 10 MW (ausgenommen Kleinkraftwerke mit einer installierten Leistung von bis zu 30 kW),
  • Biomasse: mindestens 105 MW,
  • Wasserkraft: mindestens 141 MW.

 

Mittelfristig ist jedoch bereits eine Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und damit eine Erhöhung der Quoten absehbar. Zudem kann auch freies Leistungskontingent entstehen, wenn eine Anlage, die bereits eine Förderung erhalten hat, nicht innerhalb des in der Erzeugungsgenehmigung festgelegten Zeitraums fertiggestellt wird und der Anlagenprojektbetreiber aufgrund dessen die Erzeugungsgenehmigung inklusive der garantierten Einspeisevergütung wieder verliert. Aber auch der Erwerb von Projektgesellschaften mit bereits garantierten Einspeisevergütungen ist hochattraktiv.

 

BHKW auf dem Vormarsch

Nach wie vor stellt Windkraft den größten Anteil an den Erneuerbaren Energien in Litauen. Auch weiterhin wird die Windkraft eine wesentliche Säule der litauischen Erneuerbaren Energieerzeugung bleiben – derzeit ist die geplante Erhöhung der installierten Windkraftleistung (onshore) von 500 MW auf 750 MW im Gespräch. Auch die Offshore-Erzeugung wird diskutiert.

 

Im Windschatten dieser Debatte bildet sich jedoch ein neues Standbein heraus. In den vergangenen Monaten sorgten mehrere umfangreiche Ausschreibungen für Blockheizkraftwerke international für Aufsehen.

 

Insbesondere auf kommunaler Ebene besteht in Litauen ein hoher Erneuerungsbedarf bei bestehenden Kraftwerken. Hier spielt vor allem die Biomasse ihre Vorteile aus. Diese ist sowohl in Form von Phytomasse (Pflanzen) als auch in Form von Zoomasse (tierische Materialien) in großem Umfang in Form von Bioabfällen oder Exkrementen vorhanden. Biomasseheizkraftwerke in Kombination mit einer Kraft-Wärme-Kopplung sind in Litauen besonders attraktiv, weil auch viele ländliche Gemeinden, trotz einer allgemein schlechten Infrastruktur, über ein gut ausgebautes Fernwärmenetz verfügen. Dies bietet Chancen für Anbieter effizienter und innovativer Technologien zur Energieproduktion auf erneuerbarer Basis.

 

Deutsches Know-how gefragt

Am 12. Juli 2016 erfolgten nach einjähriger Ausschreibung die Zuschläge für den Bau eines BHKW in der litauischen Hauptstadt Vilnius. Für die Anlage ist dabei eine Leistung von 227 MWth und 88 MWe geplant.

 

Sie soll jeweils aus zwei Blockheizkraftwerken – eines soll mit Abfall und das andere mit Biomasse betrieben werden – bestehen und pro Jahr 1,627 TWh Wärme und 0,817 TWh Strom produzieren. Mit einem Investitionsvolumen von rund 190 Millionen Euro handelte es sich um die größte Ausschreibung seit der Unabhängigkeit des Landes. Ein Konsortium, bestehend aus der deutschen Steinmüller Babcock Environment, dem polnischen Unternehmen Budimex und der in Litauen ansässigen UAB Kauno wird den Bau der mit Abfall betriebenen Anlage mit einem Auftragsvolumen von 149,65 Millionen Euro übernehmen.

 

Ein ähnliches Projekt entsteht derzeit in Kaunas, der zweitgrößten Stadt Litauens, und soll bis Ende 2019 fertig gestellt werden. Die Leistung des Kraftwerks soll ca. 24 MWe sowie ca. 70 MWth betragen. Es soll etwa 200.000 Tonnen Nutz- und Industrieabfälle pro Jahr verbrennen und damit ca. 40 Prozent des  Wärmeenergiebedarfs der Stadt Kaunas decken.

 

Den Zuschlag für den Bau des Abfallverbrennungskessels erhielt die deutsche Baumgarte Boiler Systems. Das Gesamtvolumen des Projekts beträgt ca. 150 Millionen Euro.

 

Staatliche Beihilfe genehmigt – weitere Projekte werden wahrscheinlicher

Finanziert wird das Projekt in Vilnius von der Europäischen Investitionsbank über den Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) und durch eine Beihilfe Litauens in Höhe von 150 Millionen Euro.

 

In diesem Zusammenhang stand die Beihilfe auf dem Prüfstand der Europäischen Kommission – letztlich erfolgte die Genehmigung. Gemäß den EU-Beihilfevorschriften können Mitgliedstaaten unter bestimmten Voraussetzungen Beihilfen für hocheffiziente KWK-Anlagen gewähren. Im Zuge des Projekts in Vilnius stellte die Kommission fest, dass das Projekt die Energieeffizienz verbessert und zu Energieeinsparungen in einer Größenordnung von 40 Prozent führen dürfte. Folglich ist die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, dass die staatliche Beihilfe keine unzulässigen Wettbewerbsverzerrungen verursachen würde und mit den Rechtsvorschriften der EU vereinbar ist.

 

Die Genehmigung der Beihilfe dürfte zum Ergebnis führen, dass es in naher Zukunft noch weitere BHKW-Ausschreibungen dieser Größenordnung in Litauen geben wird.

 

Erwerb bestehender BHKW-Anlagen – deutsche Unternehmen als Erzeuger

Ebenfalls im vergangenen Jahr sorgte zudem der Kauf dreier BHKW durch Danpower Baltic UAB, ein Joint Venture des Wärmeversorgungs- und Contractingunternehmens Danpower GmbH mit der litauischen Geco Investicijos UAB, für Aufsehen.

 

Die Gesamterzeugungskapazität der erworbenen Kesselanlagen beträgt 120,8 MWth. Zwei der Heizwerke speisen in Vilnius insgesamt ca. 300 GWh Wärme pro Jahr in das Netz des kommunalen Fernwärme-Netzbetreibers Vilniaus Energija ein. Das dritte Heizwerk befindet sich in Kaunas, und speist ca. 200 GWh Wärme pro Jahr in das Netz des ebenfalls kommunalen Fernwärme-Netzbetreibers Kauno Energija ein.

Danpower Baltic UAB wurde als Käufer im Rahmen der Transaktion durch ein multidisziplinäres M&A-Team von Rödl & Partner Litauen beraten und vertreten.

 

Ziel war der Erwerb der bereits bestehenden Projektgesellschaften und dabei insbesondere der Erwerb bereits erteilter Einspeisegenehmigungen mit garantierten Einspeisevergütungen. Aufgrund seiner noch immer hohen Abhängigkeit vom Gasimport und weltweit sinkenden Gaspreisen hatte Litauen in der jüngeren Vergangenheit sinkende Energiepreise zu verzeichnen. Durch garantierte Einspeisevergütungen stellen bereits bestehende Erzeugungsanlagen daher ein lukratives Erwerbsziel mit sicherer Rendite dar.

 

Fazit

Der Bedarf an günstiger Energieversorgung in Litauen ist insbesondere im ländlichen Bereich groß. Nachdem der Ausbau der Windenergie in den vergangenen Jahren vorangetrieben wurde, erfährt nun die Erzeugung durch BHKW-Anlagen als grundlastfähige Technologie einen enormen Schub. Ausschreibungen mit großen Volumina sind auch in den kommenden Jahren zu erwarten. Daneben bieten sich für Unternehmen Chancen durch den Erwerb bestehender Anlagen. Garantierte Einspeisevergütungen versprechen dabei eine gesicherte Rendite. Vor allem deutsche Unternehmen haben auf diesem Feld in der jüngsten Vergangenheit positive Erfahrungen gemacht. 

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