Digitalisierung in Malaysia

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veröffentlicht am 24. August 2022 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Interview mit Markus Schlüter


Digitalisierung ist ein branchen- und gesellschaftsübergreifendes Thema. Wie schätzen Sie die aktuelle Lage in Malaysia ein? Welche Branchen sind bereits auf der Erfolgsspur, welche hinken hinterher?

Malaysias Digitalisierungsagenda, einschließlich der Implementierung von 5G, steht im Mittelpunkt des Haushalts 2022. Die Regierung priorisiert im Rahmen ihrer MyDigital-Initiative die Bemühungen zur Stärkung der Digitalisierung u.a. aufgrund der Erfahrungen während der Covid-19-Pandemie, bei der viele Händler auf Online-Dienste umgestiegen sind. Im Januar 2022 verzeichnete Malaysias Statistikamt (Department of Statistics, DOSM) 29,55 Mio. Internetnutzer (oder 89,6 Prozent Internetdurchdringungsrate). Diese Zahl ist höher als in vielen anderen südostasiatischen Ländern und untermauert die Annahme, dass der digitale Konsum inzwischen weitgehend im malaysischen Alltag integriert ist. Mehr als 65 Prozent der malaysischen Verbraucher haben sich aufgrund der Vorteile, die der elektronische Handel bietet, für das Online-Shopping als primären Einkaufskanal entschieden. Nach Einschätzung von DOSM trägt die digitale Wirtschaft, einschließ­lich des elektronischen Handels und der Informationstechnologie, etwa 289 Milliarden RM oder mehr als 19,1 Prozent zum BIP bei. Eines der Regierungsziele für die digitale Wirtschaft Malaysias ist es, diesen Anteil bis 2025 auf 22,6 Prozent des BIP zu erhöhen.


Wo sehen Sie Potenziale für deutschen oder europäischen Unternehmen in Malaysia?

Die malaysische Regierung hat die Chancen erkannt, welche die digitale Wirtschaft als neuer Wachstumsmotor für die Wirtschaft bietet. Durch die Nutzung des Internets, von Smartphones, Big Data, dem Internet der Dinge, künstlicher Intelligenz und anderen Technologien will Malaysia seine Produktivität steigern, Innovationen vorantreiben und die Lebensbedingungen der Bevölkerung verbessern. Digitale Technologien sollen die wirtschaftliche Integration fördern, indem sie bestehenden Unternehmern ermöglichen, neue Märkte zu bedienen, Kosten zu senken und effizienter und wettbewerbsfähiger zu werden. Potenziale ergeben sich damit branchenübergreifend von diversen Dienstleistungssektoren bis hin zu Produktionsprozessen. Unternehmer sollten hierbei spezifische Investitionslizensierungserfordernisse beachten, die je nach Geschäftsfeld die Genehmigung unterschiedlicher Behörden erfordern können.


Digitalisierung ruft auch immer Fragen zu Themen wie Cybersicherheit, Datenschutz, oder das Schaffen neuer Regeln und Standards für die digitale Wirtschaft auf den Plan. Wie sind Ihre Erfahrungen in Malaysia gibt es bereits Gesetze oder Vorschriften, die diese Themen speziell regulieren und Sicherheiten für Unternehmen schaffen?

Die Förderung des digitalen Unternehmertums ist ein wichtiger Schritt auf Malaysias Weg, das Wirtschafts­wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen anzukurbeln. Die Regierung hat verschiedene Initiativen ergriffen, aber es gibt einige Hindernisse. Zum einen bestehen weiterhin Engpässe bei Arbeitskräften und Kapital. Das malaysische Bildungssystem und die Ausbildungsprogramme für Arbeitskräfte bereiten die Arbeitnehmer noch nicht zielgenau für die digitale Wirtschaft vor. Anhaltende Inkonsistenzen zwischen dem Schutz von Daten und ihrer rechtmäßigen Nutzung für kommerzielle Zwecke führen zu rechtlicher Unsicherheit; perspektivisch dürfte dies jedoch durch die aktuelle Einführung eines neuen Datenschutzgesetzes besser adressiert werden. Generell ist auch ein noch immer eher schwieriger Zugang zu staatlichen Daten festzu­stellen und die Verwaltung stellt zum Teil zögerlich auf digitale Verfahren um. Malaysia gehört zu den ersten Schwellenländern, die die indirekte Besteuerung auf importierte digitale Dienstleistungen von gebietsfremden Anbietern ausweiten, um ein Gleichgewicht zwischen dem Wachstum der digitalen Wirtschaft und der Sicherung der Einnahmen des öffentlichen Sektors zu schaffen.


Inwieweit hat die Corona-Pandemie die Entwicklung seit ihrem Beginn verändert?

Digitalisierungstendenzen wurden in Malaysia durch Corona nur partiell beeinträchtigt; stärkere Auswirkungen durch die Pandemie waren in den traditionellen Industriezweigen zu verzeichnen. Laut DOSM wächst die digitale Wirtschaft exponentiell, auch wenn die malaysische Wirtschaft im weiteren Sinne weiterhin von der Covid-19-Pandemie beeinträchtigt wird. Die Covid-19-Pandemie hat mithin die Bedeutung der digitalen Transformation für die Beschleunigung der kurzfristigen wirtschaftlichen Erholung und die Stärkung der langfristigen wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit verdeutlicht. Technologien halfen somit auch Unternehmen in Malaysia, die schwerwiegenden wirtschaftlichen Auswirkungen von Covid-19 dadurch zu bewältigen, digital mit Kunden in Kontakt zu treten, den Geschäftsbetrieb wiederaufzunehmen und logistische Engpässe zu beseitigen.


Smart Cities und Smart Economies – sind dies Trends oder Pilotprojekte in Malaysia und wenn ja, welche Möglichkeiten bieten sich für deutsche Technologien oder Wissenstransfers?

Ja, der Trend zu Smart Cities ist in Malaysia sichtbar. Das Smart City Framework Malaysia (MSCF) ist ein Rahmenwerk auf nationaler Ebene, das als Leitfaden und Referenz für lokale Behörden als Stadtverwalter, Landesregierungen, Bundesministerien und -abteilungen, Akteure aus der Industrie, Wissenschaftler und andere Interessengruppen bei der Planung und Entwicklung von Smart Cities in Malaysia dient. In Malaysia wird Smart City definiert als „Stadt, die Internet- und Kommunikationstechnologie sowie Innovation einsetzt, um städtische Probleme zu lösen, einschließlich der Verbesserung der Lebensqualität, der Förderung des Wirtschaftswachstums, der Entwicklung einer nachhaltigen und sicheren Umwelt und der Förderung effizienter städtischer Managementpraktiken“. Derzeit nehmen an dem Programm Kuala Lumpur, Kota Kinabalu (Sabah), Kuching (Sarawak) und Johor Baharu (Johor) teil, eine Ausweitung auf andere Städte ist geplant.

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