Korruption im Gesundheitswesen

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Korruptionsskandale können sowohl für die Akteure wie auch für das Unternehmen im Gesundheitswesen existenzgefährdend sein, nicht zuletzt auch durch die erhöhte Wahrnehmung in der Öffentlichkeit. Um dem entgegen zu wirken, ist ein funktionierendes Compliance Management System unabdinglich. Die einzusetzenden wirksamen Anti-Korruptionsmaßnahmen beruhen dabei auf bestimmten Prinzipien.

Bedeutung Korruption und Compliance im Gesundheitswesen

Unternehmen der Gesundheitswirtschaft sind häufig – zumindest in der allgemeinen Wahrnehmung „öffentliche” Unternehmen und stehen vermehrt im Fokus des medialen Interesses. Seit 2009 ist für Unternehmen der öffentlichen Hand auch der Public Corporate Governance Kodex zu beachten. Auch die Diakonische Konferenz hat bereits 2005 einen Corporate Governance Kodex (DGK) für die Diakonie beschlossen und den Mitgliedern des Diakonischen Werkes der EKD seine verbindliche Übernahme als Selbstverpflichtung empfohlen. Im Februar 2014 ist die dritte, völlig überarbeitete Arbeitshilfe 182 (Soziale Einrichtungen in katholischer Trägerschaft und Aufsicht) des Verbands der Diözesen Deutschlands und der Deutschen Bischofskonferenz erschienen. Demnach wird auch katholischen Rechtsträgern von sozialen Diensten und Einrichtungen empfohlen, im Rahmen einer Selbstverpflichtung die Regelungen des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG), des Transparenz- und Publizitätsgesetzes (TransPuG) sowie des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) zu übernehmen.
 
Umso schädlicher sind Korruptionsskandale, die nicht nur finanzielle Risiken darstellen, sondern auch nachhaltig die Reputation der Betroffenen untergraben. Denn Korruption, sowohl im Gesundheitswesen als auch im wirtschaftlichen Verkehr, beeinträchtigt den Wettbewerb, verteuert medizinische Leistungen und untergräbt das Vertrauen der Leistungsabnehmer in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen, was gerade hinsichtlich der wichtigen ökonomischen Bedeutung der Gesundheitswirtschaft eine erhöhte Brisanz verleiht. Eine strafrechtliche Abwehr der korruptiven Praktiken ist nach aktueller Rechtsprechung nur unzureichend möglich. Die von der Politik geforderte strafrechtliche Verschärfung hat in Form des Entwurfs des § 299a StGB eine konkrete Gestalt angenommen. Im Gegenzug steigen die Anforderungen und die Komplexität an Compliance und ein angemessenes Compliance Management System zur Korruptionsabwehr.
 

Korruptionsdelikte, Adressatenkreis und Folgen

Das Strafgesetzbuch enthält mehrere unterschiedliche Korruptionsvorschriften, anhand derer unzulässige Kooperationsmodelle zu beurteilen sind und je nach Täter das Anstellungsverhältnis zum Tragen kommt. Falsche Abrechnungen ärztlicher Leistungen werden nach § 263 StGB geahndet, während sich §§ 299 bzw. 299a StGB z.B. mit Fortbildungssponsoring und Gewährung von Preisnachlässen befasst. Vorteilsannahme und Bestechlichkeit sind wiederum in §§ 331 ff. StGB verankert. Darunter fallen zahlreiche Delikte, wie die Annahme von Bargeld und Geschenken, Einladungen zu sportlichen oder kulturellen Veranstaltungen, Bezahlung von Kongressreisen oder Oberarzttagungen und Finanzierung von Zulassungsstudien. Der mögliche Adressatenkreis kann sich hierbei nicht nur auf Mittäter beschränken, sondern schlägt oftmals ungeahnte Wellen. Auch ein Geschäftsführer kann sich damit selbst wegen Betrugs durch Unterlassen strafbar machen, wenn er von dem Abrechnungsbetrug oder einem anderen Korruptionstatbestand eines angestellten Arztes erfährt und nicht dagegen einschreitet. Neben strafrechtlichen Aspekten sind somit auch Sanktionen wegen einer ordnungswidrigen Verletzung von Aufsichtspflichten gemäß § 130 OWiG möglich, die unter Umständen mit einer fehlenden oder nicht funktionierenden Compliance-Organisation einhergehen. Unternehmen im Gesundheitswesen müssen daher bei Non-Compliance ihrer Mitarbeiter mit harten Sanktionen und Vermögensabschöpfungen rechnen. Heutzutage kann eine Unternehmensgeldbuße, bei einer vorsätzlichen Straftat bis zu zehn Millionen Euro betragen, bei Fahrlässigkeit bis zu fünf Millionen Euro. Krankenhäuser können aus dem Krankenhausplan herausgenommen werden, somit sind die Garantie auf wirtschaftliche Sicherheit und ein Anspruch auf Förderung hinfällig, was erhebliche wirtschaftliche Konsequenzen mit sich bringt. In besonders schweren Fällen kann die Justiz ein Berufsverbot für den jeweiligen Täter, das für Ärzte eine existenzbedrohende Sanktionsmöglichkeit darstellt, oder sogar Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren verhängen.
 

Compliance-Management vs. Korruption

Zwar ist das Bewusstsein der Krankenhäuser für Compliance-Verstöße und die Wichtigkeit eines funktionierenden Compliance Management Systems (CMS) zur Abwehr von diesen Risiken gestiegen, jedoch haben viele Kliniken entsprechende Kontrollsysteme noch nicht oder nur sehr ungenügend eingeführt. Ein Compliance Management System umfasst alle Maßnahmen, die das regelkonforme und ordnungsgemäße Verhalten der in einem Unternehmen tätigen Organe, Organmitglieder und Mitarbeiter im Hinblick auf gesetzliche, vertragliche und unternehmenseigene Regelungen sicherstellen sollen. Selbst ein halbherzig eingerichtetes, aber nicht nachhaltiges CMS zur Korruptionsprävention kann nach aktueller Rechtsprechung an sich schon eine Pflichtverletzung der Unternehmensleitung bedeuten. Sollte sich die Geschäftsführung trotz erkannter Risiken eines Rechtsverstoßes gleichwohl gegen die Ergreifung geeigneter Maßnahmen zur Vermeidung dieser entscheiden, geht sie bewusst das Risiko haftungsrechtlicher Folgen ein.
 
Maßnahmen zur Prävention von Korruption im Rahmen eines wirksamen Compliance Management Systems können nicht isoliert gesehen werden. Die Instrumente zur Abwehr von Korruptionsrisiken müssen unternehmensspezifisch und ganzheitlich betrachtet werden. Im Grunde folgen die einzusetzenden Antikorruptionsinstrumente vier grundlegenden übergeordneten Prinzipien: Das Transparenz- und Genehmigungsprinzip, das zur Offenlegung aller Zuwendungen verpflichtet, das Trennungsprinzip, das die inhaltliche Unabhängigkeit von Zuwendungen sichert, das Äquivalenzprinzip, das ein angemessenes Verhältnis von Leistung und Gegenleistung gewährleistet und das Dokumentationsprinzip, das eine nachhaltige Transparenz der Leistungsbeziehungen sicherstellt.
 

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Aufgrund unerwünschter und skandalisierungstauglicher Ereignisse des Tatbestands der Korruption wäre es ebenfalls fahrlässig, ein strafrechtliches Krisenmanagement außer Acht zu lassen, sollten die installierten Präventionsmaßnahmen scheitern. In der öffentlichen Wahrnehmung kommt es dabei auf die ersten Tage hinsichtlich des Krisenmanagements besonders an. Hierfür müssen klare Prozesse, Ansprechpartner und geeignete Erhebungsmethoden (z.B. „whistleblower”-Hotlines) definiert und geschaffen werden.
 

Ausblick:

Im Hintergrund des weiter stattfindenden Verdrängungswettbewerbes im Gesundheitswesen trotz steigender prognostizierter Umsätze ist die Prävention von Korruption durch ein funktionierendes Compliance Management System unabdinglich, nicht nur um Haftungsrisiken auszuschließen, sondern auch gerade zur Verhinderung von wirtschaftlichem Schaden und dem damit einhergehenden Effizienz- und Vertrauensverlust. Die Bedeutung eines Compliance Management Systems soll künftig noch steigen. Gerade auch, weil korruptionsrelevante Tatbestände verstärkt in der Öffentlichkeit diskutiert und kritisch bewertet werden. Der Entwurf des § 299a StGB ist hierbei ein Schritt in die richtige Richtung, um eine weitere Lücke zu schließen. Nichtsdestotrotz ergeben sich durch diese strafrechtliche Ergänzung weitere Problemfälle, in Form von möglichen Missbrauchsanfälligkeiten (insbesondere Strafantragsrecht der Krankenkassen), Bestimmtheitsdefiziten oder Gleichheitsdefiziten durch ungerechtfertigte Privilegierung anderer Angehöriger freier Berufe.

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Norman Lenger-Bauchowitz, LL.M.

Mediator & Rechtsanwalt, Wirtschaftsmediator, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachberater für Restrukturierung & Unternehmensplanung (DStV e.V.)

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