Rechte und Pflichten von Arbeitgebern im Kontext von Betriebsrats­schulungen

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veröffentlicht am 15. Februar 2024 | Lesedauer ca. 5 Minuten

  

„Die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten trägt der Arbeitgeber“. Mit diesen Worten statuiert § 40 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG),  dass der Arbeitgeber ausnamslos alle, durch die Tätigkeit des Betriebsrates entste­henden, Kosten zu tragen hat. ist Darüber hinaus ist der Arbeitgeber ebenfalls ver­pflich­tet, dem Betriebsrat die erforderlichen Räume, Sachmittel, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Personal für das Betriebsratsbüro zur Verfügung zu stellen (§ 40 Abs. 2 BetrVG). Diese im Grundsatz eindeutige Kostenverteilung ist zunächst wenig erklärungsbedürftig und findet ihre Grenzen lediglich darin, dass der Arbeitgeber nur solche Kosten tragen muss, die tatsächlich erforderlich und verhält­nismäßig sind. 



„Die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten trägt der Arbeitgeber“. Mit diesen Worten statuiert § 40 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG),  dass der Arbeitgeber ausnamslos alle, durch die Tätigkeit des Betriebsrates entstehenden, Kosten zu tragen hat. ist Darüber hinaus ist der Arbeitgeber ebenfalls verpflichtet, dem Betriebsrat die erforderlichen Räume, Sachmittel, Informations- und Kommunikati­ons­technik sowie Personal für das Betriebsratsbüro zur Verfügung zu stellen (§ 40 Abs. 2 BetrVG). Diese im Grundsatz eindeutige Kostenverteilung ist zunächst wenig erklärungsbedürftig und findet ihre Grenzen lediglich darin, dass der Arbeitgeber nur solche Kosten tragen muss, die tatsächlich erforderlich und verhält­nismäßig sind.
 

Schulungskosen als „durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten“

Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Rechtsprechung die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers in vielerlei Entscheidungen ausgelegt und konkretisiert. Vereinfacht dargestellt, hat ein Arbeitgeber zwar im Grundsatz alle Kosten zu tragen. Konkret hat das BAG bereits mehrfach etschieden, dass die Kosten, die anlässlich der Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung gemäß § 37 Abs. 7 BetrVG entstanden sind, ebenfalls zu den nach Maßgabe des § 40 BetrVG zu tragenen Kosten gehören (BAG, Beschluss vom 17. November 2021 – 7 ABR 27/20).
 
Die Schulungskosten müssen jedoch notwendig sein und hinsichtlich deren Umfang und Höhe sogleich dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. So ist die Vermittlung von Kenntnissen nämlich dann – aber auch nur dann – erforderlich, wenn diese unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse in Betrieb und Betriebs­rat notwendig sind, damit der Betriebsrat seine gegenwärtigen oder in naher Zukunft anstehenden Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen kann (§ 37 Abs. 6 BetrVG).

Kostentragung für Grundlagenschulungen als Regelfall

In die Praxis Übertragen bedeutet dies, dass bei erstmals gewählten Betriebsratsmitgliedern die Schulungsbe­dürftigkeit, also auch die Erforderlichkeit, beispielsweise immer dann nicht näher dargelegt werden muss, wenn Grundkenntnisse im Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht oder im Bereich der Arbeits­sicherheit und Unfallverhütung vermittelt werden (BAG, Beschluss vom 17. November 2021 – 7 ABR 27/20). Hintergrund ist, dass die Vermittlung von Grundwissen das Betriebsratsmitglied erst in die Lage versetzen soll, seine sich aus der Amtsstellung ergebenden Rechte und Pflichten ordnungsgemäß wahrzunehmen (BAG, Beschluss vom 17. November 2021 – 7 ABR 27/20).
 

Einzelfallprüfung für „Sonderschulungen“

Für andere Schulungsveranstaltungen, also solche, die keine Grundlagenkenntnisse vermitteln, muss ein aktueller, betriebsbezogener Anlass für die Annahme bestehen, dass die in der Schulungsveranstaltung zu erwerbenden besonderen Kenntnisse derzeit oder in naher Zukunft von dem zu schulenden Betriebsratsmi­tglied benötigt werden, damit der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte sach- und fachgerecht ausüben kann (BAG, Beschluss vom 17. November 2021 – 7 ABR 27/20).
 

Auswahl zwischen Gleichwertigen Schulungen obliegt grundsätzlich Betriebsrat

Bei der Entscheidung über die Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme steht dem Betriebsrat ein Beurteilungs­spielraum zu (BAG, Beschluss vom 20. August 2014 – 7 ABR 64/12). Insbesondere sei der Betriebsrat nicht gehalten, eine umfassende Marktanalyse vorzunehmen. Die Auswahl des Anbieters sei an den praktischen Bedürfnissen der Betriebsratsarbeit auszurichten. Auswahl entscheidend sei die Dauer der Veranstaltung, die behandelten Themen, die örtliche Lage der Schulungsveranstaltung und die Anzahl der zu entsendenden Betriebsratsmitglieder. Bei einer erheblichen Preisdifferenz zwischen den Schulungsangeboten auf nicht darauf abgestellt werden, dass der Referent aus früheren Veranstaltungen bekannt sei, während bei einem anderen Anbieter der Referent namentlich noch nicht bekannt sei. Auch ließe sich aus einer relativ geringfügig längeren Gesamtdauer der Fortbildung kein Rückschluss auf die Qualität der Schulung vor nehmen. Dabei ist nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts ein übermäßiger Zeitaufwand als Verstoß gegen den Grundsatz der Verhält­nismäßigkeit anzusehen. Bei einer unverhältnismäßigen Kostenbelastung ist der Arbeitgeber nur zum Ersatz eines Teiles der Kosten verpflichtet.

Bei der Erstattungsfähigkeit von Reise-, Übernachtung- und Verpflegungskosten des Betriebsratsmitgliedes ist auf den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit in § 2 Abs. 1 BetrVG zu achten. Der Betriebsrat wird dadurch verpflichtet, die Kosten seiner Tätigkeit auf das notwendige Maß zu beschränken. So ist beispielsweise für die Anreise zu Schulungsveranstaltungen das kostengünstigste zumutbare Verkehrsmittel in Anspruch zu nehmen. Besteht im Betrieb eine Reisekostenrichtlinie, so ist diese zu berücksichtigen.
 

Ermessen auch hinsichtlich der Wahl einer Präsenzschulung

Der zuvor benannte Beurteilungsspielraum soll – worüber sich aus der Perspektive der Autoren streiten lässt – sogar so weit gehen, dass ausschließlich der Betriebsrat entschieden darf, ob er – anstatt die identische Schulung mit demselben Inhalt als Webinar zu besuchen – lieber eine Schulung in Präsenz aufsucht und so höhere Kosten für die Anreise und Übernachtung verursacht (BAG, Beschluss vom 7. Februar 2024 – 7 ABR 8/23).
 
In dem nun aktuell entschidenen Sachverhalt hatte der Arbeitgeber die Anreisekosten zu einer mehrtägigen betriebsverfassungsrechtlichen Grundlagenschulung nämlich nicht getragen und lediglich die Seminargebühr beglichen. Er hatte demnach gar nicht Kosten der Schulung selbst verweigert, sondern mit guten Gründen lediglich auf die identische Schulung als Webinar verwiesen. Darauf ließ sich das BAG jedoch nicht ein.

Pflicht zur Vermeidung ausufernder Kosten

All das zuvor gesagte entbindet den Betriebsrat dennoch nicht von der Obliegenheit, im Streitfall darzulegen, weshalb das zu der Schulung entsandte Betriebsratsmitglied die dort vermittelten Kenntnisse braucht, damit das Gremium des Betriebsrats seine gesetzlichen Aufgaben sach- und fachgerecht wahrnehmen kann (BAG, Beschluss vom 20. August 2014 – 7 ABR 64/12).

Insoweit ist insbesondere festzuhalten, dass die Rechtsprechung die Auswahl des Betriebsrates bei gleichwer­tigen Schulungen dahingehend eingegrenzt hat, dass lediglich die Schulung zu wählen sei, die die geringsten Kosten verursachen würde (so beispielsweise LAG Hessen, Beschluss vom 11. März 2019 – 16 TaBV 201/18). Dabei sind neben den Seminarkosten auch die Reise- und Übernachtungskosten mit einzubeziehen.
 
Überdies dürfen Arbeitgeber die Kostentragung für solche Kosten ablehnen, die der Tätigkeit als Betriebsrat tatsächlich gar nicht fürderlich. Konkret ist sogar eine Grundschulung exemplarisch ausnahmsweise nicht erforderlich, wenn die Schulung erst kurz vor dem Ende der Amtszeit des Betriebsrats stattfindet und der Betriebsrat zum Zeitpunkt seiner Beschlussfassung absehen kann, dass das erstmals gewählte Mitglied die in der Schulungsveranstaltung vermittelten Grundkenntnisse bis zum Ende der Amtszeit nicht mehr einsetzen kann (BAG, Beschluss vom 17. November 2010 − 7 ABR 113/09).
 

Handlungsoptionen in der Praxis

In der Praxis führt die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes im Ergebnis dazu, dass Arbeitgeber die Kosten für Grundlagenschulungen im Grundsatz und sogar ohne Vorlage einer dezidierten Begründung des Betriebsrates tragen müssen. Dies gilt sogar dann, wenn kosteneffizienrere Alternativen offenkundig sind. Für „Sonderschulungen“ gilt dies allerdings nicht, Hier sind Arbeitgeber dringend gehalten, die Notwendigkeit der vom Betriebsrat begehrten Schulungen zu prüfen und im Zweifelsfall Rat einzuholen. Um Friktionen in der Praxis zu vermeiden, kann es ebenfalls ratsam sein, wenn der Arbeigeber den Betriebsrat von sich aus auf etwaige, aus seiner Perspektive sinnvollen, Schulungen hinweist. So stärkt er nicht nur das Vertrauen in die gemeinschaftliche Zusammenarbeit, sondern wird – hoffentlich – seinerseits proaktiv in die Auswahl der Schulungen einbezogen.
 

Fazit

Aufgrund dieser sich immer weiter entwickelnden Rechtsprechung ist den Arbeitgebern dringend angeraten, die Entscheidungen des Betriebsrates hinsichtlich der Auswahl von Schulungen großzügig zu betrachten. Der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit darf nicht überstrapaziert werden. Vielmehr sollte es auf dem Arbeitgeber daran gelegen sein, mit gut ausgebildeten, fachlich versierten Betriebsräten vertrauensvoll zusammenzuarbeiten.
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