Bundesgerichtshof zur (Un-)Wirksamkeit einer Vertragsstrafenklausel im Einheitspreisvertrag

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​​veröffentlicht am 15. April ​2024


„2.1 Der Auftragnehmer hat bei Überschreitung ... der Frist für die Vollendung als Vertragsstrafe für jeden Werktag des Verzugs zu zahlen:
[...]
0,2 v.H. der im Auftragsschreiben genannten Auftragssumme ohne Umsatzsteuer;
[...]
2.2 Die Vertragsstrafe wird auf insgesamt 5 v. H. der im Auftragsschreiben genannten Auftragssumme (ohne Umsatzsteuer) begrenzt.”
Diese Klausel aus einem Einheitspreisvertrag war Gegenstand einer AGB-rechtlichen Überprüfung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 15.2.2024, Az. VII ZR 42/22). Das Ergebnis: Sie ist unwirksam!
 

Die wichtigsten Inhalte im Überblick:

  • ​Die Auslegung des Begriffs der „im Auftragsschreiben genannten Auftragssumme (ohne Umsatzsteuer)” in Ziffer 2.1, 2.2 der Klausel führt nach dem eindeutigen Wortlaut dazu, dass sich die Höhe der Vertragsstrafe nach der vor der Ausführung des Auftrags vereinbarten Netto-Auftragssumme richtet.
  •  Ausgehend von diesem Klauselverständnis ist die Bestimmung über die Vertragsstrafe für die Überschreitung der Frist für die Vollendung bei Verwendung in einem Einheitspreisvertrag gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
  • Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist eine formularmäßige Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Letzteres ist der Fall, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen.
  • Nach der Rechtsprechung des BGH benachteiligt eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers enthaltene Vertragsstrafenklausel den Auftragnehmer unangemessen, wenn sie eine Höchstgrenze von mehr als 5 % der Auftragssumme bei Überschreiten des Fertigstellungstermins vorsieht.
  • Bei einem Einheitspreisvertrag, wie er hier geschlossen wurde, kann die Anknüpfung der Vertragsstrafe an die vor Auftragsdurchführung vereinbarte (Netto-)Auftragssumme im Falle einer – aus unterschiedlichen Gründen (etwa durch Verringerung der tatsächlich ausgeführten gegenüber den bei Vertragsschluss zugrunde gelegten Mengen) nicht bloß theoretisch denkbaren – nachträglichen Absenkung des Auftragsvolumens dazu führen, dass die vom Auftragnehmer zu erbringende Strafzahlung die Grenze von 5 % seines Vergütungsanspruchs – unter Umständen erheblich – übersteigt.
  • Die damit verbundene, den Auftragnehmer im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligende und damit zur Unwirksamkeit der Klausel führende Privilegierung des Auftraggebers wird innerhalb der Regelung nicht anderweit, etwa durch einen dem gegenüberstehenden Vorteil für den Auftragnehmer, ausgeglichen. Die Klausel enthält insbesondere auch keine Vorkehrungen (beispielsweise durch einen Vorbehalt oder in anderer geeigneter Weise), durch die der Gefahr einer Überschreitung der für die Vertragsstrafe maßgeblichen Grenze angemessen Rechnung getragen wird.


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Dr. Julia Müller

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Vergaberecht

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