BGH zum Umfang ersparter Aufwendungen nach freier Kündigung

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​veröffentlicht am 15. September 2023

 

Der Besteller eines Werkvertrags kann bis zur Vollendung des Werkes jederzeit den Vertrag kündigen. Tut er dies, so ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen. Der Unternehmer muss sich jedoch unter anderem dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart. Der Bundesgerichtshof äußert sich in seiner Entscheidung vom 1.8.2023 (Az.: X ZR 118/22) zum Umfang der in Abzug zu bringenden ersparten Aufwendungen.

 

Die wichtigsten Inhalte im Überblick:

 

  • Erspart im Sinne von § 648 Satz 2 BGB sind diejenigen Aufwendungen, die der Unternehmer ohne die Kündigung gehabt hätte und die er infolge der Kündigung nicht mehr tätigen muss.
  • Der Wortlaut des Gesetzes differenziert nicht danach, ob der Unternehmer die in Rede stehenden Aufwendungen in seine Preiskalkulation einbezogen und ob er die Kalkulation gegenüber dem Besteller offengelegt hat. Eine solche Differenzierung ist auch nach dem Sinn und Zweck des § 648 Satz 2 BGB nicht geboten.
  • Die Regelung in § 648 Satz 2 BGB dient vielmehr dazu, einen ausgewogenen Ausgleich der widerstreitenden Interessen im Falle einer Kündigung ohne besonderen Grund zu gewährleisten. Zu diesem Interessenausgleich gehört es, den Unternehmer vor Nachteilen aufgrund der Kündigung zu bewahren. Umgekehrt erschiene es inkonsequent, wenn der Unternehmer aufgrund der Kündigung einen Vorteil erlangen könnte, der ihm bei Erfüllung des Vertrags gar nicht entstanden wäre.
  • Vor diesem Hintergrund muss sich der Unternehmer Aufwendungen, die ihm bei Erfüllung des Vertrags entstanden wären, aufgrund der Kündigung aber nicht angefallen sind, anrechnen lassen. Dies gilt unabhängig davon, ob und in welcher Weise er sie in seine Preiskalkulation einbezogen hatte.
  • Denn Aufwendungen, die bei Erbringung der Leistung anfallen, führen auch dann zu einer Vermögenseinbuße des Unternehmers, wenn sie nicht in die Kalkulation eingeflossen sind. Unabhängig von der konkreten Kalkulationsweise steht dem Unternehmer bei Erfüllung des Vertrags nur die vereinbarte Vergütung zu. Der hieraus erzielbare Gewinn wird durch die tatsächlich anfallenden Aufwendungen bestimmt. Ob und inwieweit diese in die Kalkulation eingeflossen sind, hat hierauf keinen Einfluss. Wenn der Unternehmer nach der Kündigung die gesamte vereinbarte Vergütung behalten dürfte, obwohl er Aufwendungen erspart hat, stünde er mithin besser als bei Durchführung des Vertrags. Dies widerspricht der Zielsetzung von § 648 Abs. 2 BGB.

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Dr. Julia Müller

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Vergaberecht

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