Steuerpolitischer Coup – Der Bundesrat als Vorreiter bei der ATAD-Umsetzung

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veröffentlicht am 30. September 2020 | Lesedauer ca. 2 Minuten

 

 

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Die Überraschung ist gelungen: eine Niedrigsteuergrenze von 15 Prozent bei der Hinzurechnungsbesteuerung, keine Verschärfungen in §§ 1, 1a AStG, nur geringfügige Änderungen bei der Wegzugsbesteuerung – der Bundesrat könnte sich mit diesen Vorschlägen zur 1:1-Umsetzung der ATAD als Vorreiter in einer festgefahrenen Diskussion erweisen, wenn er den Empfehlungen seines Finanzausschusses zustimmt.

   

 

  

In den am 28. September 2020 veröffentlichten Empfehlungen seines Finanzausschusses für eine Stellung­nahme des Bundesrats zum Regierungsentwurf des Jahressteuergesetzes 2020 (BR-Drucksache 503/1/20) finden sich umfangreiche Vorschläge zur Umsetzung der ATAD bzgl. der Hinzurechnungsbesteuerung, der Zu- und Wegzugsbesteuerung und zur Behandlung bei Besteuerungsinkongruenzen. Der Hintergrund für die Vor­schläge ist die festgefahrene Diskussion zwischen den Bundesministerien für Finanzen und Wirtschaft über das WIE der Umsetzung der Vorgaben der ATAD-Richtlinien der EU in deutsches Recht, die zu einer erheblichen Überschreitung von Umsetzungsfristen und großer Rechtsunsicherheit für die Wirtschaft geführt hat. Aus dem BMF ist seit Anfang 2019 mittlerweile der 3. Gesetzentwurf vom 24. März 2020 bekannt; die Hürde eines Kabinettsbeschlusses konnten die darin enthaltenen weit überschießenden Regelungen aber bis heute nicht nehmen und derzeit steht eine regierungsinterne Lösung nicht in Aussicht.

 

In diese Patt-Situation bricht der Finanzausschuss des Bundesrats ein mit seinem Vorschlag einer vorge­zogenen 1:1-Umsetzung der ATAD im Jahressteuergesetz (JStG) 2020, solange eine Einigung auf eine weitere Reform des Außensteuergesetzes nicht möglich ist. Ziel ist es, zumindest ab 2021 EU-konforme Rechtsgrund­lagen in Deutschland bzgl. der Hinzurechnungsbesteuerung, der Wertverknüpfung beim Zuzug und der Behandlung von Besteuerungsinkongruenzen bei hybriden Gestaltungen zu schaffen und so Deutschland vor EU-Sanktionsmaßnahmen zu bewahren.

 

Die vorgeschlagenen Regelungen finden sich zusammengefasst unter Fz. 19 der Empfehlungen des Finanz­ausschusses. Im Grundsatz stützt sich der Finanzausschuss auf die im Referentenentwurf vom 24. März 2020 enthaltenen Regelungen, soweit sie für eine 1:1-Umsetzung geeignet sind.

 

Nachstehend eine Übersicht über die Highlights der Vorschläge des Finanzausschusses:
 

Hinzurechnungsbesteuerung (§§ 7 – 14 AStG)

  • Der Niedrigsteuersatz in § 8 Abs. 5 AStG für die Steuerbelastung von Einkünften im Ausland, ab dem die Hinzurechnungsbesteuerung greift, wird auf 15 Prozent festgelegt. Dabei orientiert man sich an der Mindest­vorgabe der ATAD, wonach die Niedrigbesteuerungsgrenze die Hälfte der inländischen Steuerbelastung betragen muss. Für Deutschland wird dabei von einer durchschnittlichen Belastung mit KSt und GewSt von 30 Prozent ausgegangen.
     

Gewinnkorrekturen bei nahestehenden Personen (§ 1 AStG)

  • Die vom BMF angestrebten gesetzlichen Festlegungen und Verschärfungen sind im Vorschlag des Finanzausschusses ausgeklammert, insb. bzgl. der Übertragung immaterieller Werte  (§ 1 Abs. 3c AStG-E), der Gestaltung von Finanzierungsbeziehungen (§ 1a AStG-E neu) und zu Preisanpassungsklauseln (§ 1b AStG-E neu).
     

Besteuerung des Vermögenszuwachses (§ 6 AStG)

  • § 6 AStG bleibt nach dem Vorschlag des Finanzausschusses völlig unangetastet. Es bleibt also insbesondere bei der nachgelagerten Besteuerung stiller Reserven in Anteilen nach § 17 EStG bei einem Wegzug eines EU-/EWR-Bürgers in einen anderen EU-/EWR-Staat.

 

Die Anwendungsvorschrift für die Neuregelungen des AStG bleibt gegenüber dem letzten Referentenentwurf unverändert, d.h. Anwendung grds. ab 2021. Verschärfungen, aber auch Erleichterungen gegenüber den bisherigen Regelungen sollen also keine rückwirkende Anwendung für den Besteuerungszeitraum 2020 finden.

 

Das alles klingt in den Ohren betroffener Steuerpflichtiger nicht schlecht. Es bleibt aber abzuwarten, ob sich die Empfehlungen des Finanzausschusses durchsetzen werden. Am 9. Oktober 2020 muss zunächst das Plenum des Bundesrats die Stellungnahme zum JStG 2020 beschließen. Schon einige Male musste man erleben, dass allzu wirtschaftsfreundliche steuerpolitische Ansätze aus dem Finanzausschuss vom Bundesrat nicht umgesetzt wurden. Danach muss sich die Bundesregierung äußern, ob sie sich die Änderungsvorschläge des Bundesrates zu eigen macht. Dabei wird es zum Schwur kommen, ob die dringend erwartete Umsetzung der ATAD in dieser moderaten Form im JStG 2020 eine Chance hat oder die Blockade in der Bundesregierung weitergeht. Und auch der Bundestag wird in den Beratungen, die bis Weihnachten abgeschlossen sein sollen, zumindest in den Details noch mitzureden haben.

 

Fazit

Es kommt Bewegung in die festgefahrene Diskussion zur Umsetzung der ATAD und der Reform der Hinzu­rechnungsbesteuerung, aber es bleibt spannend, denn dazu ist die letzte Messe noch lange nicht gelesen.

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