Singapur: Die Drehscheibe Südostasiens

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zuletzt aktualisiert am 11. Dezember 2019 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Singapur, das Dreh- und Angelkreuz in ASEAN, gilt als wettbewerbsfähigster und wirtschaftsfreundlichster Staat der Welt. Doch wie hat der kleine Stadtstaat diesen bemerkenswerten Rang erreichen können? Es sind ein paar herausragende Kriterien zu nennen, die Singapur als Standort besonders attraktiv machen: eine langfristige, stabile politische Agenda mit einer zukunftsorientierten Wirtschaftspolitik, Innovationsoffenheit, ein klares Bekenntnis zum Multilateralismus, ein erstklassiges Infrastruktur-, Verwaltungs- und Rechtssystem sowie eine geographisch einmalige Lage an zentralen Handelsrouten.



ASEAN ist als Investitionsstandort in aller Munde – Wie schätzen Sie die aktuelle Lage in Singapur ein?

Singapur versteht sich als Drehkreuz in der Asien-Pazifik-Region und hängt daher stark vom globalen Wirtschaftsklima ab. Der Stadtstaat nimmt die Funktion eines Frühwarnsystems ein. Globale wirtschaftliche Entwicklungen sind oftmals unmittelbar in den Wirtschaftszahlen Singapurs ablesbar. So führte u.a. der Handelskonflikt zwischen China und den USA zu stark gesenkten Exportzahlen. Der IMF senkte seine Wachstumsprognose 2019 für Singapur von 2,3 Prozent auf 0,5 Prozent. Für 2020 wird ein Wachstum von nur 1 Prozent prognostiziert.

Den globalen wirtschaftlichen Entwicklungen setzt Singapur eine langfristige politische Agenda mit einer zukunftsorientierten Wirtschaftspolitik entgegen. Die politische Stabilität, die Innovationsoffenheit und das Bekenntnis zu Multilateralismus sprechen künftig für Investitionen in den Stadtstaat. Die aktuellen Entwicklungen in Hongkong dürften den südostasiatischen Standort als Hub für die Region vor dem Hintergrund der politischen Stabilität und Unabhängigkeit stärken.


Werfen wir einen Blick auf die Chancen – Welche Branchen profitieren aktuell und welche Trends zeichnen sich bereits für die kommenden Jahre ab?

Im „Global Competitiveness Index” des Weltwirtschaftsforums für das Jahr 2019 belegt Singapur nun den 1. Platz der wettbewerbsfähigsten Staaten der Welt vor den USA. Das bestätigt die Beständigkeit des sehr guten Investitionsumfelds. Das stabile politische System, die hervorragende Infrastruktur, eine exzellente Anbindung an den Welthandel sowie das vielfach ausgezeichnete Bildungssystem stellen die Grundlage des Investitions­klimas dar. Im regionalen Kontext grenzt sich Singapur von seinen Nachbarstaaten im Hinblick auf Rechts­staatlichkeit – und in dem Zusammenhang mit einer strengen Korruptions- und Antigeldwäsche-Bekämpfung – deutlich ab. Im Jahr 2018 belegte Singapur Rang 3 von 180 Staaten des weltweiten Korruptionswahr¬nehmungsindex von „Transparency International”.

Folgende Bereiche gelten als Schlüsselbranchen und werden von der Regierung besonders gefördert:

  • Hochtechnologieindustrie (u.a. Feinmechanik, Elektronik, Halbleiter- und Robotertechnik),
  • Gesundheitswesen (u.a. Medizintechnik und Pharmaindustrie),
  • Stadtplanung und -entwicklung (u.a. Umwelt- und Wassertechnologien; Verkehrsmittel und -planung),
  • Logistik und Luft-/Raumfahrttechnik,
  • Regionale und globale Finanzdienstleistungen (u.a. Finanztechnologien) sowie
  • Forschung, Entwicklung und Bildung.


Nach der aktuellen Entwicklung gehen wir außerdem davon aus, dass sich die IT-Dienstleistungen / Technologienbranche (u.a. Cybersicherheit, Datencenter), die sog. Lifestyle-Branche sowie die Thematik um Erneuerbare Energien künftig weiter etablieren und großes Potenzial bieten werden.


Wie entwickeln sich die Aussichten für deutsche Unternehmen vor dem Hintergrund der bereits abgeschlossenen bzw. zur Zeit in Verhandlung stehenden bi- und multilateralen Freihandelsabkommen?

Am 21. November 2019 ist das EU-Singapur Freihandelsabkommen in Kraft getreten und dürfte sich positiv auf die wirtschaftliche Lage europäischer Unternehmen in Singapur auswirken. Aus zollrechtlicher Perspektive kann etwa die sog. ASEAN Kumulierung, mit der Lieferketten in Südostasien anerkannt werden, interessante Chancen für europäische Unternehmen in der Region bieten.

Viele kleinere und mittlere europäische Unternehmen haben jedoch Schwierigkeiten mit der Beurteilung und Nutzung der verschiedenen Freihandelsabkommen in der südostasiatischen Region, etwa im Hinblick auf die Herkunftsregelungen oder Übergangsfristen. Regionale Lieferketten sollten auf Basis bestehender Freihandelsabkommen unter Berücksichtigung von potenziellen politischen Entwicklungen analysiert und angepasst werden.


Das Thema Datenschutz ist in Europa sehr hoch aufgehängt – Wo steht Singapur im Hinblick auf die Implementierung und Umsetzung der GDPR?

Singapur hat als eines der ersten Länder der Region bereits 2014 ein Datenschutzgesetz („Personal Data Protection Act” – PDPA) eingeführt. Es orientierte sich in Grundzügen an der damaligen Europäischen Datenschutzrichtlinie. Die Singapur Datenschutzkommission hat ihre Aktivitäten in den letzten Jahren stark ausgeweitet und so zu einer erhöhten Sensibilisierung für Datenschutz beigetragen. Anfang 2019 wurde die „Data Protection Trust Mark Certification” eingeführt, mit der Unternehmen für die Einhaltung von Datenschutz ausgezeichnet werden. Die Tendenz geht daher auch in Singapur, ganz nach dem Vorbild der GDPR, von „Compliance” zu „Accountability”. Ebenfalls in Hinblick auf GDPR wird eine Novellierung des PDPA in 2020 erwartet. So soll unter anderem der Anwendungsbereich des PDPA ausgeweitet und eine Meldepflicht bei Datenschutzverletzungen eingeführt werden. Geldbußen, die von der Datenschutzkommission in Singapur verhängt werden können, bewegen sich verglichen mit denen gemäß der GDPR in einem deutlich geringerem Rahmen.


Wie wird sich aus Ihrer Sicht Singapur weiterentwickeln? Können Sie uns einen kurzen Ausblick auf das Jahr 2020 geben?

Singapur befindet sich seit Jahren auf einem hohen Entwicklungsniveau und wird den positiven Trend tenden­ziell auch künftig fortführen. Die singapurische Regierung ist v.a. darum bemüht, die aktuelle Wettbewerbs­fähigkeit des Stadtstaates nicht nur zu erhalten, sondern etwa durch gezielte Förderprogramme weiter auszubauen. Auch 2019 förderte die singapurische Regierung wieder finanziell in großem Umfang die Digitalisierung kleinerer und mittelständischer Unternehmen. Mit dem Fokus auf das Thema „Industrie 4.0” geht das Ziel einher, das Land in den kommenden Jahren zum Vorreiter im Bereich „Smart and Green Megacities” zu machen. Aktivitäten im Bereich Forschung und Entwicklung werden 2020 weiter zunehmen, und Singapur wird sich als Testlabor der Region für neue Technologien behaupten. Big Data, Datamining und Data-Analytics werden eine nicht unbedeutende Rolle spielen. Darüber hinaus etabliert sich Singapur zunehmend als Standort für Start-ups insbesondere im Fintech Bereich.


Fazit

Künftig wird Singapur weiterhin für traditionelle Industrien als erster Anker und wichtiger Hub in der ASEAN-Region interessant bleiben. Auch wenn sich das Wirtschaftswachstum Singapurs insg. voraussichtlich etwas verlangsamen wird, so werden die politische Stabilität, ein attraktives Steuerumfeld und der pro-aktive, wirtschaftsfreundliche Kurs der Regierung 2020 auch weiterhin neue Investitionen nach Singapur bringen.

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