Der „strafbewehrte” Auslandseinsatz

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​veröffentlicht am 29. Dezember 2017

 

Für viele Unternehmen gehört der internationale Mitarbeitereinsatz mittlerweile zur nahezu alltäglichen Praxis. Dabei hat meist die steuerlich optimale Gestaltung für das Unternehmen und den Mitarbeiter oberste Priorität. Bei genauerer Untersuchung wird einem gewissenhaften Unternehmer aber sehr schnell klar werden, welche weiteren Aspekte mit einem solchen Auslandseinsatz verbunden sind.
 

An dieser Stelle werden dann Steuerberater und Rechtsanwälte zurate gezogen. Dabei ist einem Unternehmer meist gar nicht bewusst, welche strafrechtlichen Sanktionen oder ordungswidrigkeitsrechtliche Folgen  eintreten können, wenn entsprechende Vorschriften auch unwissentlich nicht beachtet werden. Für den Unternehmer ist bei ordnungsgemäßer Beratung zwar erkennbar, dass missbräuchliche Gestaltungen Konsequenzen haben; die Reichweite einschlägiger Vorschriften ist jedoch oftmals nicht bekannt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht nur deutsche, sondern auch ausländische Sanktionsvorschriften zur Anwendung kommen können.
 
Nachfolgend sei exemplarisch der Fall eines ukrainischen Unternehmers, der Mitarbeiter im Rahmen eines Werkvertrags bei seinem deutschen Kunden in Deutschland einsetzen will (sog. „Inbound-Fall“), vor dem Hintergrund drohender Sanktionen nach deutschem Recht beleuchtet. 
  

 

Illegale Ausländerbeschäftigung

Dem deutschen Kunden (Auftraggeber) droht in dem Fall, dass er Werkleistungen in erheblichem Umfang durch den ukrainischen Auftragnehmer ausführen lässt, ein Bußgeld von bis zu 500.000 Euro, wenn er nicht freizügigkeitsberechtigte Staatsangehörige beschäftigt, die zudem nicht im Besitz eines zur Ausübung einer Beschäftigung berechtigenden Aufenthaltstitels sind.

 
Aber auch der ukrainische Unternehmer, der nicht freizügigkeitsberechtigte Staatsangehörige beschäftigt, die nicht im Besitz eines zur Ausübung einer Beschäftigung berechtigenden Aufenthaltstitels sind, muss mit einem Bußgeld von bis zu 500.000 Euro rechnen. Erschwerend kann eine Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren oder eine Geldstrafe die Folge sein, wenn der ukrainische Unternehmer sie zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer beschäftigt. Der ausländische Sitz des Unternehmens schützt hier nicht vor der Strafe.
  

Illegale Arbeitnehmerüberlassung

Verbirgt sich hinter dem „verkappten” Werkvertrag eigentlich eine Arbeitnehmerüberlassung, für die das ukrainische Unternehmen auch bei Antragstellung keine Erlaubnis bekommen hätte, so wird ein solcher Verleih von Arbeitnehmern ohne Erlaubnis nach dem deutschen Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) mit einer Geldbuße von bis zu 30.000 Euro sanktioniert.

 

Hat der Verleiher durch diese Tat einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt, kann er mit einbezogen werden, was die Höhe des Bußgeldrahmens von 30.000 Euro noch deutlich erhöhen kann. Kommt hier noch ein weiterer erschwerender Aspekt hinzu, z.B. dass die ohne Erlaubnis verliehenen Arbeitnehmer Ausländer ohne erforderlichen Aufenthaltstitel gewesen sind, droht dem Verleiher sogar eine Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder eine Geldstrafe. In besonders schweren Fällen droht eine Gefängnisstrafe mit erhöhtem Strafrahmen von 6 Monaten bis zu 5 Jahren.

 

Auch der Entleiher (deutscher Kunde) muss mit der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe rechnen. Es begeht nämlich derjenige, der ohne Erlaubnis einen Arbeitnehmer entleiht, eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von bis zu 30.000 Euro geahndet werden kann. Im Falle des Einsatzes von ausländischen Arbeitnehmern, die die Tätigkeit nicht hätten erbringen dürfen, kann die Geldbuße sogar bis zu 500.000 Euro betragen – und das auch dann, wenn die Erlaubnis der Bundesagentur für Arbeit vorgelegen hat.

 

Eine Straftat begeht der Entleiher dann – auch mit Erlaubnis der Bundesagentur für Arbeit, wenn er mehr als 5 ausländische Arbeitnehmer beschäftigt, die die Tätigkeit nicht hätten erbringen dürfen oder zu ungünstigen Arbeitsbedingungen beschäftigt werden.

 

Arbeitnehmerentsendung

Das Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) dient dem Schutz der deutschen Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit durch Schaffung und Durchsetzung angemessener Mindestarbeitsbedingungen für grenzüberschreitend entsandte und regelmäßig im Inland beschäftigte Arbeitnehmer.
 
Dabei haben sowohl inländische Arbeitgeber als auch ausländische Arbeitgeber die vorgeschriebenen Arbeitsbedingungen zu gewähren. Das Gesetz folgt dem sog. Arbeitsortsprinzip, d.h. der Arbeitgeber muss seinen Arbeitnehmern für die Zeit der Entsendung die am jeweiligen Arbeitsort in Deutschland maßgeblichen Arbeitsbedingungen gewähren.
 
Werden diese Arbeitsbedingungen nicht gewährt bzw. bestehende Anzeige- und/oder Dokumentationspflichten, wie z.B. die Arbeitszeitdokumentation nicht (rechtzeitig/vollumfänglich) befolgt, so sieht das AEntG je nach Art des Verstoßes Geldbußen von bis zu 500.000 Euro vor. Dieses Gesetz regelt ferner, dass auch der Unternehmer, der Werk- oder Dienstleistungen in erheblichem Umfang von einem anderen Unternehmer ausführen lässt, von dem er weiß oder auch fahrlässig nicht weiß, dass er bestimmte Arbeitsbedingungen nicht einhält, mit einer Geldbuße bis zu einer Höhe von 500.000 Euro belegt werden kann.
 
Zu diesen Arbeitsbedingungen zählt auch der Mindestlohn, der aktuell nach dem Mindestlohngesetz (MiLOG) mindestens 8,84 Euro pro Stunde beträgt. Je nach Branche, in der die Arbeitnehmer tätig werden, kann der Mindestlohn aber auch deutlich höher sein. Ein solcher höherer Mindestlohn kann sich insbesondere aus einem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag ergeben.Das MiLoG enthält ebenfalls Sanktionsvorschriften: Je nach Verstoß können Geldbußen bis zu 500.000 Euro realisiert werden. Außerdem können Arbeitgeber von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden, was je nach Branche existenzgefährdend sein kann.
 
Des Weiteren besteht bei der Entsendung eines Arbeitnehmers für den Arbeitgeber die Gefahr, dass die ausländische Finanzverwaltung durch die Tätigkeit des Entsandten die Begründung einer Betriebsstätte annimmt und somit die durch den Mitarbeiter im Ausland erwirtschafteten Gewinne zur Steuerpflicht des Unternehmens im Ausland führen. Die unerkannte Begründung einer Betriebsstätte führt in der Praxis häufig zur Hinterziehung von Steuern. Daher ist vor Beginn des Auslandseinsatzes eine mögliche Betriebsstättenthematik umfassend zu untersuchen.

 

Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

Eine Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren oder eine Geldstrafe sieht der Gesetzgeber für denjenigen Arbeitgeber vor, der der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung vorenthält. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein Arbeitsentgelt tatsächlich gezahlt worden ist oder nicht. Entscheidend ist vielmehr, ob der Anspruch auf Arbeitsentgelt entstanden ist und daraus eine Beitragspflicht resultiert. Stets parallel mit dem Tatbestand des Vorenthalten und Veruntreuens von Arbeitsentgelt geht die Hinterziehung von Lohnsteuer einher, bei der, je nach der Höhe der hinterzogenen Summe, ebenfalls Geld- oder sogar Freiheitsstrafen drohen. 
    

Fazit

Die oben beschriebenen Sanktionen stellen nur einen kleinen Ausschnitt der existierenden Sanktionsvorschriften im deutschen Recht dar und sind keinesfalls als abschließend zu betrachten. In grenzüberschreitenden Sachverhalten können ausländische Sanktionsvorschriften hinzutreten, der Umfang der ausländischen Sanktionsvorschriften kann den der inländischen weitaus überschreiten. Vor diesem Hintergrund ist eine vollumfängliche und interdisziplinäre Betrachtung und Beratung der internationalen Mitarbeitereinsätze von großer Bedeutung. Letztendlich ist auch im Hinblick auf die zunehmende und fokussierte Prüfung der zuständigen Behörden eine ganzheitliche Beratung zu empfehlen.
   

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