Die Nullserie ist kein Prototyp: Welche Aufwendungen können als Forschungsfreibetrag abgezogen werden?

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​​​​​​​​​Im September erließ das Oberste Verwaltungsgericht das Urteil Nr. 5 Afs 263/2023, in dem beurteilt wurde, welche F&E-Kosten, die in den einzelnen Auftragsetappen anfallen, als Forschungsfreibetrag abgezogen werden können. Dabei wurde insbesondere beurteilt, ob Aufwendungen, die bei der Herstellung der so genannten „Nullserie“ bzw. der Überprüfungsserie, als Forschungsfreibetrag abgezogen werden können. 


Tomáš Jirásek, Rödl & Partner Prag

Die jeweilige Gesellschaft entwickelte bei einem F&E-Auftrag eine Maschine, die sie anschließend in kleineren Stückzahlen erzeugte und an Großabnehmer überließ bzw. an Händler zu Vorführzwecken verkaufte. Die Entwicklung der Maschine war bei der Herstellung der Nullserie bereits abgeschlossen (der Gesellschaft lag vor der Herstellung der Nullserie u.a. eine Konformitätserklärung vor). Bei der Herstellung der Nullserie wurden lediglich kleinere Mängel beseitigt, für die keine weitere experimentelle Entwicklung erforderlich war. 

Nach der Auslegung der Gerichte endet die Forschung und Entwicklung mit Herstellung eines Prototyps. Dieser Auslegung entspricht auch die Reihenfolge der taxativen Aufzählung von F&E-Kosten im § 34b Abs. 1 Buchst. a) des Einkommensteuergesetzes (nachfolgend nur „EStG“). Im Schreiben des Finanzministeriums MF-17 ist ein Prototyp wie folgt definiert: „erstes Modell, das alle technischen und leistungsbezogenen Merkmale eines neuen Produkts oder einer Produktgruppe enthält, oder die ersten hergestellten Stücke eines neuen Produkts, wenn das Hauptziel der Herstellung darin besteht, die vorgeschlagene Lösung zu überprüfen oder zu verbessern; entscheidend sind die beendigte Modifizierung des Prototyps und der erfolgreiche Abschluss von Prüfungen.“  

Nach Ansicht des Obersten Verwaltungsgerichtes hat die Gesellschaft jedoch nicht nachgewiesen, dass die Nullserie die Merkmale eines Prototyps erfüllte - im Gegenteil, die Nullserie gehörte nach Beurteilung des Obersten Verwaltungsgerichtes nicht mehr zum Forschungs- und Entwicklungsauftrag. Damit die Aufwendungen für die Herstellung der Nullserie als Forschungsfreibetrag abgezogen werden können, müsste es sich um „eine F&E-Nachprüfung“ handeln, bei der die Schwierigkeiten, die bei der Herstellung der Nullserie festgestellt wurden und eine neue F&E erfordern, behoben werden. Diese F&E ist auch im FRASCATI-Handbuch der OECD definiert. 

Die Gesellschaft hat jedoch nicht nachgewiesen, dass die Nullserie als F&E, bzw. als F&E-Nachprüfung gilt. Sie hat die Behebung von Mängeln auch nicht dokumentiert. Im Kontrollbericht über die Überprüfung der Nullserie wurde darüber hinaus bestätigt, dass alle wichtigen Produktparameter in Ordnung waren. Aus der schriftlichen Kommunikation mit den Händlern, an die das Nullserienprodukt zu Testzwecken mit einem Preisnachlass verkauft wurde, ergab sich auch nicht, dass sie ein Feedback geben sollten, der Erfahrungsaustausch erfolgte nur mündlich. Die Händler sollten die Funktionalität und die Merkmale des Produkts prüfen. 
 
Bei der Prüfung der Nullserie wurden einige Mängel festgestellt (z.B. bei der Lackierung des Produkts oder der Verklebung von Aufklebern), die behoben werden konnten. Dies bedeute nach Ansicht des Obersten Verwaltungsgerichtes jedoch nicht, dass es sich um Forschung und Entwicklung nach EStG handelte. Es fehlte unter anderem an Neuheit, Forschungsunsicherheit und technischer Unsicherheit. Der Gesetzgeber wollte steuerlich nicht alle Tätigkeiten begünstigen, die zu einer Verbesserung der Qualität des Endprodukts führen. Das Oberste Verwaltungsgericht bestätigte daher die Auffassung des Finanzamtes und des Amtsgerichts, nach der die Gewährung eines Forschungsfreibetrags unzulässig ist.

In diesem Urteil bestätigte das Oberste Verwaltungsgericht unter anderem, dass das FRASCATI-Handbuch und das Schreiben D-288 (nunmehr MF-17) bei der Verwaltungspraxis zu beachten sind. Es gibt keinen Grund, sie zu ignorieren, sofern sie gegen gesetzliche Vorschriften nicht verstoßen. 

Daraus lässt sich schließen, dass nicht alle F&E-Kosten als Forschungsfreibetrag abgezogen werden können. Sind die Steuerpflichtigen überzeugt, dass die F&E-Kosten abziehbar sind, muss ihre Einbeziehung in den F&E-Auftrag durch Begleitunterlagen nachgewiesen werden, die über den Ablauf und die Beurteilung der jeweiligen F&E-Aufträge informieren.

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Mgr. Ing. Tomáš Jirásek

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